Grausam misshandelt und getötet: Gütersloherin kämpft für aussortierte Jagdhunde

Gütersloh. Sie werden geschlagen, gequält oder getötet: Viele spanische Galgos (dt. Windhunde) erleiden in ihrem häufig kurzen Leben Unvorstellbares. Die Gütersloher Tierschützerin Candy Wittenberg will das nicht hinnehmen und kämpft für eine artgerechte Haltung sowie ein verschärftes Tierschutzgesetz.

Ihre Motivation ist die Geschichte ihrer eigenen Galgo-Hündin &bdquo;Hope“. Seit vielen Jahren fahre die Familie nach Spanien in den Sommerurlaub. An einem Nachmittag sehen Candy und Ehemann Tobias Wittenberg einen Galgo über den Strand rennen: &bdquo;Ich fing an, mich zu informieren, und stieß schnell auf die Lebenswirklichkeit der Tiere, die mich komplett aufgewühlt hat“, erzählt die 38-Jährige.

Die Hunderasse wird in Spanien traditionell zur Jagd eingesetzt. Nach maximal zwei Jagdsaisons werden Galgos, die den Erwartungen ihrer Halter nicht gerecht geworden sind, ausgesetzt oder getötet. Laut Candy Wittenberg ereile dieses Schicksal circa 100.000 Tiere pro Jahr: &bdquo;Für viele Züchter ist der Galgo ein Wegwerfprodukt. Die Hunde werden ab dem Tag ihrer Geburt aussortiert“, erzählt sie.

Grausame Jagdtradition ohne Konsequenzen Dabei werden die Tiere grausam misshandelt: &bdquo;Manchen werden die Beine gebrochen, nur um sie dann in einem Brunnen zu ertränken oder sie in einem Loch verhungern zu lassen, manche werden an Bäumen aufgeknüpft, manche an Autos. Viele Jäger wetten dabei noch um Geld. Es ist pervers, dass diese Praktiken in Spanien Tradition sind“, berichtet die 38-Jährige.

Das spanische Tierschutzgesetz würde laut Wittenberg zwar überarbeitet werden, sei jedoch bei Weitem nicht ausreichend: &bdquo;Seit Januar 2022 gelten Tiere in Spanien nicht mehr als Objekte, sondern werden juristisch als vollwertige Familienmitglieder behandelt“, erzählt sie. Doch Galgos werden als Jagdhunderasse als Diensthunde gewertet.

Sie fallen nicht unter das neue Tierschutzgesetz, das jegliche Misshandlung oder Vernachlässigung untersagt: &bdquo;Die Jagd ist ein wichtiges kulturelles Erbe in Spanien. Viele Jäger sehen in den Hunden aber nur ein Werkzeug statt eines fühlenden Lebewesens“, erklärt die Tierschützerin.

Worauf bei Adoption und Tierschutz zu achten ist Ihre Galga &bdquo;Hope“ (dt. Hoffnung) adoptierte die Tierschützerin während der Corona-Pandemie: &bdquo;Es war Liebe auf den ersten Blick. Ihr wurde damals die Hüfte gebrochen und sie war wirklich total verängstigt. Bis heute hat sie panische Angst vor kleinen Räumen und Männern“, so Candy Wittenberg. Hope ziehe häufig die Blicke auf sich: &bdquo;Wir werden immer wieder auf sie angesprochen. Viele Menschen zeigen großes Interesse, teilweise kommen auch Kommentare wie `hässliches Ding´. Die Hemmungslosigkeit mancher Leute schockiert mich immer wieder“, erzählt sie.

Wer selbst überlegt, einen Galgo aus dem Tierschutz zu adoptieren, sollte sich laut Wittenberg genau über die vermittelnde Institution informieren: &bdquo;Wichtig ist, dass eine Person zu einer sogenannten Vorkontrolle vorbeikommt“, so die 38-Jährige. Hier werde mit detailliertem Blick geschaut, ob Umfeld und Lebensumstände zu dem Tier passen.

&bdquo;Ein Gartenzaun sollte beispielsweise mindestens 180 Zentimeter hoch sein, um zu verhindern, dass der Galgo darüber springt. Auch sollte eine große Wiese in der Nähe sein, um den Hund einmal die Woche richtig laufen zu lassen, denn beim Rennen drehen sie richtig auf“, ergänzt sie. Den Charakter der Galgos beschreibt Wittenberg als &bdquo;total unkompliziert“. Die Rasse sei auch für kleinere Wohnungen gut geeignet: &bdquo;Man merkt sie kaum. Galgos sind wahnsinnig lieb, schmusig und extrem leise und bereichern besonders auch Familien mit Kindern “, sagt sie.

Mehr als Mode: Galgos brauchen Schutzkleidung Vielen Menschen sei laut der Tierschützerin die Notwendigkeit nicht bewusst, die Tiere anzuziehen. Dabei handle es sich nicht um kuriose Mode, sondern sei für die Gesundheit der Galgos unabdingbar: &bdquo;Sie haben durch ihr leistungsstarkes Herz eine erhöhte Körpertemperatur von 39 Grad, gleichzeitig fehlen ihnen aber Fettreserven und Unterfell, damit sie Geschwindigkeiten von bis zu 65 Kilometer die Stunde erreichen können“, erklärt Candy Wittenberg.

Bereits ab Temperaturen um die 16 Grad fangen die Hunde deshalb an zu zittern: &bdquo;Die Bewegung sorgt dann für weiteren Gewichtsverlust und ein geschwächtes Immunsystem. Nierenerkrankungen oder Blasenentzündungen sind bei den kleinen Aliens keine Seltenheit“, so die Gütersloherin.

Dieses Thema liege Wittenberg besonders am Herzen, weshalb sie selbst angefangen hat, Mäntel, Schlafanzüge und Halsbänder für die Windhunde zu fertigen: &bdquo;Hope kam damals mit einem lila Mantel bei uns an, vor dem sie jedoch panische Angst hatte. Zusammen mit meiner Schwester habe ich ihr dann kurzerhand selbst ein Mäntelchen genäht“, erinnert sich die 38-Jährige. In ihrem Onlineshop &bdquo;Miss Hope Galgo Store“ vertreibt sie seitdem selbst handgefertigten Produkte und näht Sonderaufträge nach Maß. Alle Einnahmen kämen dem Tierschutz zu Gute, gleichzeitig könne Wittenberg so weiter über das Schicksal vieler Galgos aufklären, erzählt sie.

Spontane Hilfsaktion im Spanien-Urlaub Auch in diesem Sommer ist die Familie wieder nach Spanien gereist - ein neues Galgo-Abenteuer inklusive: &bdquo;Wir wurden auf eine Weinsorte aufmerksam, die eine Galgo-Hilfsorganisation unterstützt. Wir haben dann geschaut, ob wir vielleicht spontan helfen oder spenden können, und sind dann direkt mit einem vollgepackten Auto hingefahren“, erinnert sich Candy Wittenberg.

Bei der Tierschutzorganisation &bdquo;SOS Galgos“ trafen sie auf Gleichgesinnte: &bdquo;Eigentlich wollten wir spontan nur Sachspenden vorbeibringen. Auf einmal waren wir jedoch mittendrin in Tierschutz- und Aufklärungsarbeit“, lacht die Gütersloherin. Tierheimleitung Anna Clements und ihr Team retten, pflegen und vermitteln die Tiere nicht nur, sondern bieten darüber hinaus vor Ort Schulungen und Ausbildungsangebote an.

Während einer Führung durch die Gehege bemerkte Candy Wittenberg dann einen kleinen Welpen - winzig, winselnd und mit gebrochenem Vorderbeinchen. Aus dem Urlaub sind deshalb nicht nur zwei, sondern drei Vierbeiner mit nach Hause gekommen: Das Ehepaar beschließt spontan, der 12-Wochen alten Galga Bella ein neues Zuhause zu geben: &bdquo;Wir haben sie am gleichen Tag noch abgeholt“, erzählt die Tierschützerin.

Gütersloherin möchte wieder vor Ort helfen

Candy Wittenberg fährt in diesem Monat wieder nach Spanien, um vor Ort mitzuhelfen: &bdquo;Häufig begegnen wir der Frage, warum Auslandstierschutz nötig sei, wenn doch auch die Tierheime hier vor Ort aus allen Nähten platzen. Viele Menschen vergessen jedoch, dass insbesondere in Spanien und Italien die Tiere besonders leiden und häufig einfach getötet werden“, sagt sie.

Viele spanische Hunde bekämen nie die Chance auf ein friedliches Leben: &bdquo;Man muss sich klar machen, dass die Bedingungen sehr schlecht und die finanziellen Ressourcen kaum vorhanden sind“, so die 38-Jährige. All das könne sich nur ändern, wenn sich mehr Menschen engagieren - egal ob vor Ort, durch Aufklärungsarbeit oder durch Spenden.

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