„Verpisst euch von der Straße!“: Herforder Ersthelfer nach schwerem Unfall bepöbelt

Herford. Stinkefinger, üble Beschimpfungen, gefährliche Überholmanöver, Handyfotos aus heruntergekurbelten Autoscheiben: Was ein Ersthelfer am Rande eines schweren Crashs in Herford an der Unfallstelle erlebt hat, treibt den 36-Jährigen auch Tage später noch auf die Palme.

&bdquo;Das war schon harter Tobak, was da abgelaufen. So viel Aggressivität und Respektlosigkeit ist mir selten untergekommen. Und ich habe schon so einiges erlebt“, sagt Patrick A. (richtiger Name der Redaktion bekannt) im Gespräch mit der NW. Denn der Herforder ist alles andere als zartbesaitet. Schließlich ist er Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr, weiß, wie es auf manchen Einsätzen zugehen kann.

Aber von Anfang an. Am Montag, 10. März, ereignet sich gegen 14.30 Uhr auf der Bielefelder Straße (B61) in Fahrtrichtung Herford ein heftiger Unfall. Kurz vor dem dortigen Postzentrum verliert ein Porsche-Fahrer (77) plötzlich die Kontrolle über seinen Wagen – laut Polizei wegen eines medizinischen Notfalls.

Autofahrer überholen Unfallstelle auf B61 riskant Das Auto kommt nach rechts von der Fahrbahn, touchiert nach Angaben einer Polizeisprecherin ein Verkehrsschild, rutscht in den Graben, kracht gegen einen Baum. Der Senior am Steuer wird verletzt. Bevor Rettungsdienst und Co. anrücken, stoppen einige Verkehrsteilnehmer ihre Autos, kommen dem Verunglückten zu Hilfe.

Auch Patrick A. hält an. Er berichtet: &bdquo;Ich war auf dem Nachhauseweg von der Arbeit. Schon von Weitem hatte ich gesehen, dass auf der Strecke was passiert sein muss. Der Verkehr stockte. Mein Wagen stand erst kurze Zeit, dann überholten die ersten Autofahrer schon von hinten. Die Fahrzeuge im Gegenverkehr mussten teils auf den Radweg ausweichen.“

Als der 36-Jährige schließlich auf der Höhe der Unfallstelle ankommt, sieht er, was passiert ist. Der Freiwillige Feuerwehrmann zögert keinen Augenblick. Er weiß: Ein Mensch braucht Hilfe. Immerhin hätten einige andere Autofahrer das auch erkannt und ebenfalls angehalten. Laut Patrick A. sind es am Ende fünf Personen, die sich um den Verunglückten kümmern.

Autofahrer machen Handyfotos vom Unfall in Herford Der Herforder erzählt: &bdquo;Kaum war ich aber ausgestiegen, ging schon das Gehupe los, Motoren heulten auf. Andere Verkehrsteilnehmer sind in teils flottem Tempo an der Autoschlange und der Unfallstelle vorbeigefahren. Einige haben uns den Mittelfinger gezeigt, andere die Scheibenwischer-Geste gemacht – das volle Programm. Einer hat uns angepöbelt und Verpisst euch von der Straße geschrien.“

Und das ist noch nicht alles: &bdquo;Einige sind zwar langsam gefahren, haben dafür ihre Smartphones herausgeholt, Bilder vom Unfall gemacht. Das war für uns Helfer echt unangenehm – und dass man sich von den Leuten dann noch so anmachen lassen muss, ist echt unmöglich. Als dann die ersten Einsatzfahrzeuge eingetroffen sind, hat sich die Situation dann entspannt“, so der Ersthelfer. Er betont aber auch: &bdquo;Es gab natürlich Autofahrer, die helfen wollten, beispielsweise gefragt haben, ob der Rettungsdienst schon alarmiert ist. Und ich bin wirklich froh, dass auch andere ausgestiegen sind und Zivilcourage gezeigt haben.“

Letztlich bleibt die B61 für die Dauer der Unfallaufnahme durch die Polizei und die Bergungsarbeiten des völlig demolierten Porsche kurzzeitig gesperrt, ehe der Verkehr wieder rollen kann. Patrick A. berichtet den Beamten laut eigener Aussage zwar auch kurz vom unmöglichen Verhalten so mancher Verkehrsteilnehmer: &bdquo;Aber ich hatte mir ja auch keine Kennzeichen gemerkt.“

Im Video: So geht Erste Hilfe am Unfallort Herforder Polizei lobt Einsatz von Ersthelfern Vonseiten der Ordnungshüter gibt’s Lob in Richtung des 36-Jährigen und der weiteren Ersthelfer: &bdquo;Es ist vorbildlich, dass sie eingeschritten sind, sich um den Verletzten gekümmert haben“, sagt Hendrik Drawe, Pressesprecher der Herforder Kreispolizei. Das Verhalten so manch anderer Verkehrsteilnehmer findet der erfahrene Beamte aber auch unter aller Kanone. &bdquo;Pöbeleien und Drängeleien sind in solch einer Situation unmöglich“, so Drawe.

Er klärt auf: &bdquo;Wird man bei solchem einem Verhalten erwischt, kann das schnell den Bestand einer Ordnungswidrigkeit erfüllen.“ Als Beispiele nennt der Behördensprecher das Betätigen der Hupe oder Lichthupe, unnötig starkes Beschleunigen oder Abbremsen. &bdquo;Wenn es in einer solchen Situation aber sogar zu einer Nötigung kommt oder sich jemand einer unterlassenen Hilfeleistung verdächtig macht, wären das schon Straftaten“, erläutert Hendrik Drawe.

Für Patrick A. steht trotz der unschönen Erfahrungen an der B61 fest: &bdquo;Komme ich an einer Unfallstelle vorbei, helfe ich dann natürlich selbstverständlich wieder!“

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