Kreis Herford. Die Igelhelfer aus Herford und Porta Westfalica brauchen Unterstützung: Allein 2024 haben die Ehrenamtler mehr als 1103 der stacheligen Tiere stationär aufgenommen – mehr als je zuvor. Viele waren verletzt, krank, unterernährt. Und ein neuer Aufnahmerekord in diesem Jahr zeichnet sich jetzt schon ab.
Seit Januar haben die Mitglieder der Igelhilfe Herford-OWL 184 Igel betreut. „Das ist bereits mehr als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Und die Hochsaison kommt erst. Um das zu bewerkstelligen, brauchen wir deutlich mehr Helfer“, sagt Angela Krieger, Stationsleiterin der Igelhilfe in der Werrestadt.
Mit ihren Mitstreitern kümmert sie sich in den Räumen des Vereins an der Credenstraße derzeit im Schnitt um 30 Tiere, die maximale Aufnahmekapazität liege bei 48. Ein Großteil der geräumigen Boxen, in denen die stacheligen Gesellen liebevoll gepflegt und aufgepäppelt werden, ist somit bereits belegt. Einer der neuesten, tierischen Patienten ist Helma. „Sie wurde bei Gartenarbeiten verletzt“, erklärt Krieger. Trotz der klaffenden Wunde an ihrer linken Flanke – mutmaßlich durch einen Rasentrimmer verursacht – schleppte sich Helma in den Nachbarsgarten, wurde dort entdeckt und zu den Igelfreunden gebracht.
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Igel finden zu wenig Insekten als Nahrung

In einem Nachbarraum liegt die kleine Hanna in einem Brutkasten bei molligen 27 Grad. Sie bekommt extra Sauerstoff. „Hanna ist ein Jungtier vom letzten Jahr, war vor Kurzem in Bünde entdeckt worden, von sehr lieben Findern. Sie hat Lungenwürmer“, berichtet Krieger.
Und das sind nur zwei von vielen Igel-Schicksalen an der Herforder Credenstraße: „Wir hatten 2025 schon so einige verletzte Tiere, manche mit regelrecht abrasierten Stacheln.“ Andere Igel seien aus dem Winterschlaf, den sie von November bis Ende März halten, gerissen, ihre Nester von Gartenbesitzern beim Herrichten der Grünflächen zerstört worden: „Die irren dann herum, finden kaum Fressen.“
Denn auf dem Igel-Speiseplan stehen vor allem Insekten. Und die finden die kleinen nachtaktiven Säuger aktuell nur selten: „Denn nachts liegen die Temperaturen zumeist unter acht Grad – und dann bewegt sich kein Insekt.“ Und um satt zu werden brauche ein Igel zwischen 200 und 400 Krabbeltiere – pro Nacht.
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Viele Unfälle zwischen Igeln und Mährobotern
Generell gehe es den heimischen Igeln immer schlechter. „Und die, die zu uns kommen, sehen immer schlechter aus. Ihr Lebensraum wird immer kleiner, sie finden kaum noch Rückzugsgebiete. 80 Prozent ihrer Nahrungsquellen – also Insekten – sind in den vergangenen Jahren verschwunden. Wir empfehlen daher eine Zufütterung der Tiere.“
Diese dramatische Entwicklung würde auch die steigende Zahl der Tiere widerspiegeln, die bei der Igelhilfe abgegeben werden. Den eigentlichen Verein gibt’s seit 2020. Damals seien 330 Igel binnen zwölf Monaten aufgenommen worden. Seither habe es einen explosionsartigen Anstieg der Fälle gegeben. „2021 waren es 440, 2022 dann knapp 600, 2023 exakt 674 – und im vergangenen Jahr dann eben mehr als 1100, die zu unseren Stationen in Porta und Herford gebracht wurden“, zählt Angela Krieger auf.
Die Überlebensrate der aufgenommenen Igel aus 2024 – viele hätten wohl unliebsame Begegnungen mit Mährobotern gehabt, das Gros aber wahrscheinlich mit Kantenschneidern oder Motorsensen - habe bei rund 66 Prozent gelegen. Der Einzugsbereich des Vereins umfasse den Norden von OWL, teils kämen aber auch Tiere aus Diepholz oder sogar Hannover. Am meisten zu tun hätten die Igelhelfer ab Spätsommer, wenn zunehmende verwaiste Igelkinder auftauchen. „Allein im letzten September haben wir gut 250 Tiere aufgenommen.“
Das sollten Helfer bei der Igelhilfe mitbringen

Mit Blick auf die steigenden Fallzahlen komme der Verein jedoch so langsam an Kapazitätsgrenzen, was die personellen Ressourcen angehe. „Ich bin ja auch voll berufstätig. Das hier ist schon fast ein Fulltime-Job neben meiner eigenen Arbeit“, erklärt Krieger. 15 ehrenamtliche Helfer würden derzeit regelmäßig mit anpacken. „Und wir brauchen mindestens zwei Leute pro Tag, die sich kümmern. Schließlich gibt es ja auch immer wieder urlaubs- oder krankheitsbedingte Ausfälle.“
Daher suche der Verein nun händeringend nach weiterer Unterstützung. Auf ihren sozialen Kanälen auf Facebook und Instagram hat die Igelhilfe Herford-OWL bereits Aufrufe gestartet, um Freiwillige für die Standorte in Porta-Holzhausen und in der Werrestadt zu finden. Aber welche Aufgaben würden Interessierte überhaupt übernehmen? „Das Wiegen und Begutachten der kleinen Stacheltiere, die Reinigung ihrer Boxen, Wäsche- und Geschirrdienst“, zählt Angela Krieger auf. Wichtig: Mitunter strenge und intensive Gerüche von Igelkot und Co. sollten den Freiwilligen nichts ausmachen.
Idealerweise würden die Helfer pro Woche einen Tag ihrer Zeit – flexible Einsätze sind auch möglich – in die Igelhilfe stecken; gerne langfristig. „Dafür können sich die Helfer auf niedliche Igelmomente freuen, erleben das unbeschreibliche Gefühl, wenn ein einst kranker Igel gesund in die Freiheit entlassen wird“, sagt die Stationsleiterin. Wer Interesse hat, kann sich telefonisch unter 0151 21386210 über den Facebook-Messenger oder über die Instagram-Seite mit den Aktiven der Igelhilfe in Verbindung setzen.