Kinder spielen vor Bielefelder Schule mit Igel Fußball: Tier jetzt bei Herforder Igelhilfe

Herford/Bielefeld. Es gibt Geschichten, die lassen einen fassungslos zurück. Eine solche erzählen die Ehrenamtlichen der Igelhilfe Herford. Kinder haben mit einem jungen Tier vor einer Grundschule Fußball gespielt. Erwachsene sollen daneben gestanden haben - ohne einzugreifen. Die kleine Joy, wie die Helferinnen des Vereins das Tier getauft haben, hätte Anfang März Hilfe gebraucht. &bdquo;Stattdessen hat sie den Rest bekommen“, sagt Verena Falk.

Der Vorfall ist am 5. März an einer Bielefelder Schule passiert. Eine Frau, die von ihrem Fenster aus die Fußballspielenden Kinder beobachtet hat, hat sofort reagiert, als sie erkannte, dass sie nicht gegen einen Ball, sondern gegen ein Lebewesen treten. Die Frau hat das kranke und verletzte Igelmädchen gerettet und über das Notfalltelefon die Igelhilfe Herford kontaktiert.

&bdquo;Anfangs war sie nur eine Kugel, sie hat sich nicht geöffnet“, beschreibt Angela Krieger die damalige Situation. Die Helferinnen haben Joy mit Schmerzmitteln versorgt, &bdquo;von Prellungen mussten wir ja ausgehen“. Das Tier wog nur 278 Gramm, das Doppelte hätte es sein müssen, und hatte zudem einen hartnäckigen Hautpilz. &bdquo;Deswegen war es wohl tagaktiv“, sagt Falk.

Durch Tritte das Schlüsselbein gebrochen Joy ist seitdem ein Intensivpflegefall. Tanja Groundwater hat die zeitaufwendige und liebevolle Einzelpflege übernommen. Anfangs fütterte sie den Igel viermal am Tag. &bdquo;Es ist ein großer Aufwand, aber der ist es Wert“, sagt sie.

Ob Joy jemals wieder ausgewildert werden kann, können die drei Frauen zu diesem Zeitpunkt noch nicht mit Gewissheit sagen. Denn bei der Untersuchung beim Tierarzt stellte sich heraus, dass durch die Tritte der Kinder das Schlüsselbein gebrochen und verschoben wurde. Die Behandlung ist langwierig, am Mittwoch, 24. April, ist Joy operiert worden.

Der Tierarzt hat den Knochen gerade gerückt und fixiert. Jetzt müsse abgewartet werden, ob Joy ihr Vorderbein wieder vollumfänglich nutzen kann. Das sei unerlässlich für Igel, um nach Futter zu graben. &bdquo;Wenn es ein bleibender Schaden ist, können wir sie nicht auswildern“, sagt Krieger. Und da ein Igel ein Wildtier ist, kann es auch nicht im Käfig leben. &bdquo;Dann bleibt nur noch die Euthanasie.“

Bleibt ein Schaden, ist Auswildern ausgeschlossen Neben der Genesung des Tieres hat Falk die eigentliche Situation vor der Schule nicht losgelassen. Unfassbar sei es, dass Erwachsene in solch einem Fall nicht eingreifen und die Kinder über ihr inakzeptables Verhalten aufklären. Also suchte sie das Gespräch mit der Schulleitung und bat darum, den Fund des Igels zu thematisieren und den Fall bei den Schülern anzusprechen. &bdquo;Das wurde abgewiegelt“, sagt sie enttäuscht. Die Reaktion der Schulleitung war abweisend . &bdquo;Das hätte ich nicht erwartet.“

Die engagierten Frauen berichten davon, dass solch ein Umgang mit Lebewesen leider kein Einzelfall sei. &bdquo;In unseren bundesweiten Foren wird das thematisiert.“ Und auch in Herford sei der mangelnde Respekt gegenüber Tieren am Beispiel der Stadttauben zu sehen. &bdquo;Da rennen Kinder kreischend mit Stöcken hinter den Tieren her. Wenn man es anspricht, wird man von den Eltern angeblafft“, erzählt Krieger. &bdquo;Die Gleichgültigkeit vieler Menschen ist unfassbar.“

Die Igelhilfe Herford berichtet von extrem steigenden Zahlen bei den Fundtieren. Bis Ende März haben sie in Herford schon 113 Tiere versorgt. Einen Monat später sind es bereits 161. Zum Vergleich: 2023 waren es im ersten Quartal 34 Tiere, 2022 versorgten sie 74 und 2021 päppelten sie 39 Tiere auf. Der warme Winter und die wenigen Laufkäfer und Insekten, von denen sich Igel ernähren, seien die Gründe.

Auffangstation in der Herforder Innenstadt Die Tiere würden zu früh aus ihrem Winterschlaf aufwachen, weil sie sich im Vorfeld zu wenig Speck anfressen könnten. Doch vor allem der Mensch wird ihnen immer gefährlicher. Gartengeräte wie selbst fahrende Rasenmäher können sie schlimm verletzen, auch bleiben Tiere in Zäunen hängen, da es nur noch selten Durchschlupfmöglichkeiten gebe.

23 Igel päppeln die Helferinnen derzeit in der Auffangstation an der Credenstraße auf. 16 weitere Tiere versorgt die Station in Minden, kurz vor der Eröffnung steht eine Pflegestelle in Porta Westfalica. Wer sich über die Arbeit informieren möchte oder wissen mag, wie den Tieren im eigenen Garten am besten geholfen werden kann, findet Informationen auf der Homepage www.igelhilfe-herford.de

Das Notfalltelefon für hilfebedürftige und verletzte Tiere ist erreichbar unter Tel. 0151 21386210.

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