Bielefelderin ringt mit Bethel um ihr Recht auf eine akzeptable Wohnung

Bielefeld. Sechs Wochen ohne Wasser bedeutet auch sechs Wochen ohne Wohnung: So lange schon vagabundiert Annette Wasser durch die temporären Domizile bei Freunden und Familie. Ihre eigentliche Adresse lautet Bethesdaweg 14. Dort bewohnt sie seit zehn Jahren ein kleines Appartement in Bethels siebenstöckigen Personalwohnheim mit dem wohlklingenden Namen &bdquo;Weitblick“.

Das Hochhaus aus den späten 60ern des vergangenen Jahrhunderts befindet sich seit über einem Jahr in der Kernsanierung. Von den ursprünglich fast 100 Mietenden, verteilt auf knapp 100 Appartements, seien noch zehn bis fünfzehn im Haus, sagt Wasser. Von der Zahl geht auch Dimitrije Babic aus, der als Generalübernehmer im Auftrag der Stiftung Bethel das Mammutprojekt stemmt. Die investiere mehr als 6,5 Millionen Euro in die Sanierung, hatte Johann Vollmer bereits im Februar mitgeteilt, Pressesprecher von Europas größtem Diakonie-Konzern.

In dem Artikel vom Winter hatte die Redaktion erstmals vom Disput zwischen Annette Wasser und den Verantwortlichen der Bethelschen Wohnungswirtschaft berichtet: Der Vermieter wollte Wasser umquartieren, ihr Appartement in einen Technikraum verwandeln und ihr eine neue Bleibe im renovierten Haus anbieten – zu deutlich höheren Konditionen. Tatsächlich zahlte sie wie die restliche Hausgemeinschaft eine Miete von rund 8 Euro kalt pro Quadratmeter, die sich damit am unteren Ende der Skala des Mietspiegels bewegt. Die Warmmieten inklusive Strom würden zu den niedrigsten in der Stadt zählen, hatte Vollmer erklärt. Der 70er-Jahre-Wohnheim-Charme mit gusseisernen Heizkörpern und einfach verglasten Fenstern sowie Gemeinschaftsküchen samt Münzwaschsalon im Keller soll einer Art modernem Boardinghouse-Ambiente weichen.

&bdquo;WDR Lokalzeit“ berichtet über Mieterdisput bei Kernsanierung Fußbodenheizung, barrierefreie Dusche, eine Küchenzeile von Häcker, Boxspringbett bei Bedarf, dicke Dämmschicht ums Haus und Dreifachverglasung – schöne neue Wohnwelt für den &bdquo;Weitblick“. Der kam den Verantwortlichen im Umgang mit Annette Wasser wohl etwas abhanden, denn nach dem Disput vom Februar, der auch in der Lokalzeit des WDR-Fernsehens lief, wurde es eher schlimmer statt besser. Das angebotene Alternativappartement sei so nicht akzeptabel gewesen, berichtete Wasser. Der Mieterbund teilte ihre Ansicht, wies in diversen Schreiben darauf hin und forderte eine Alternative für die umstrittene Alternative. Die kam aber nicht.

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Theoretisch hätten die verbliebenen Altmieter temporär in die bereits fertiggestellten Appartements im siebten Stock ziehen sollen, um Platz zu machen für die Renovierungsarbeiten. Das werde in den nächsten Wochen auch geschehen, erklärte Babic bei einer Führung durch die neuen Räume. Bloß im Mai, als Annette Wasser plötzlich auf dem Trockenen saß, waren die neuen Zimmer noch nicht so weit. Trotzdem fand Babic ein passables altes, das auch Wasser für die Dauer der Arbeiten zusagte. Die Arbeiter reparierten den Wandschrank und alles schien gut, bis zu Wassers nächstem Besuch – auf einer neuen Baustelle: In einer konzertierten Aktion hatten die Arbeiter schnell noch die Fenster samt Balkontür getauscht.

Umzugsunternehmen ohne Wissen der Mieterin bestellt Anschließend allerdings Besen und Kehrblech vergessen: &bdquo;Ich habe stundenlang nur geputzt, damit ich endlich umziehen kann, doch die scharfen Kanten an den zerschlagenen Fliesen im Bad waren mir zu gefährlich“, sagte sie am Montag beim nächsten Termin im neuen alten Appartement. Für das sie mittlerweile einen eigenen Schlüssel besitzt. Als sie noch keinen besaß, habe die Wohnungswirtschaft zweimal einen Umzug mit einer externen Firma veranlasst, den sie in beiden Fällen wieder habe absagen müssen, erzählt Wasser – da sie ja über keinen Schlüssel verfügte.

Im dritten Anlauf hätte es jetzt klappen können, wenn der für Montag vereinbarte Termin mit dem Fliesenleger erfolgreich verlaufen wäre. Statt des Handwerkers fuhr jedoch Generalübernehmer Babic auf seiner Lieblingsbaustelle vor, besprach sich mit Annette Wasser und beide vereinbarten einen neuen Termin für Mittwoch.

Und am bisher heißesten Tag des Jahres widmete sich der nicht minder heiß begehrte Handwerker den Löchern in den Wänden. Setzte die Fensterbank ein, entschärfte die Kacheln und verputzte von morgens bis zum Nachmittag alles rund um die Fenster. &bdquo;Schon allein der Anblick der heilen Wände tut so gut“, sagte Wasser. Und wenn am Montag dann alles durchgetrocknet ist, kann sie nach sechs Wochen zurückkehren in eine eigene kleine Wohnung im vertrauten Haus &bdquo;Weitblick“.

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