Firma in Gütersloh stand vor dem Aus – Millionen-Investment rettet viele Jobs

Gütersloh. Die Kündigungen, sie lagen bereits auf dem Tisch. Für die komplette Belegschaft. Ende Februar ging die bittere Post raus, jedem der knapp 100 Beschäftigten wurde darin beschieden, dass sein Arbeitsplatz Ende Mai verloren ist, dass die Firma aufgelöst, der Standort aufgegeben werde. In Branchenkreisen galt der Betrieb ohnehin als unsanierbar. Doch dann nahm sich Christian Pahls der Sache an.

Pahls, 47 Jahre, ist Chef der Foundry Alliance, ein Verbund mehrerer unabhängiger und unternehmergeführter Gießereien. Neun Betriebe firmierten unter diesem Schirm, Pahls prüfte, ob noch Platz für einen zehnten sei. Er erwies sich als Retter in der Not. Die Gießerei an der Brockhäger Straße, vor 77 Jahren gegründet und die mit Abstand größte Industriefirma in Blankenhagen: Sie besteht weiter. Ihre Öfen bleiben heiß.

Die Foundry Alliance hat sämtliche Vermögenswerte übernommen, hat die Arbeitsplätze erhalten. &bdquo;Dieser Betrieb hat Zukunft, ich glaube fest an ihn“, sagt CEO Pahls. Um seinen Vertrauensvorschuss zu unterstreichen, hat er bereits eine Million Euro in den Betrieb investiert. Bis Jahresende folge eine weitere Million. Am Freitag, dem letzten Tag vor den üblichen dreiwöchigen Werksferien, spendierte Pahls ein Sommerfest. Nahezu alle Mitarbeiter, inklusive ihrer Angehörigen, kamen. Sie feierten und stießen an. &bdquo;Es ist ein bisschen wie ein Wunder“, sagt Betriebsleiter Felix Schöne.

Investor hat Bedingungen für die Übernahme

Der 33-Jährige, ein Wirtschaftsingenieur und Maschinenbauer, ist seit 14 Jahren in der Gießerei tätig, er kam damals als dualer Student in den Betrieb. Auch Schöne hatte seine Kündigung schon in der Hand. Als sich dann plötzlich dieser Unternehmer aus dem fernen Bayern meldete, aus Stephanskirchen, hatte er es zunächst kaum glauben wollen.

Doch Pahls machte sich auf den Weg nach Gütersloh, ließ kurzfristig eine Mitarbeiterversammlung einberufen, machte ernst. &bdquo;Ich wollte wissen, wozu die Belegschaft bereit ist.“ Er fragte nach Zugeständnissen, nach Verzicht. &bdquo;Ich habe kein Geheimnis daraus gemacht, unter welchen Bedingungen ich einsteige“, so Pahls. Dann ließ er abstimmen. Alle Hände gingen hoch.

Pahls hat die Kostenstruktur überarbeitet, er hat die Gehälter gesenkt. &bdquo;Wir mussten wirtschaftlicher werden“, sagt er. Das erklärte – und deutlich ausgesprochene - Ziel war, mit 25 Prozent weniger Mitarbeitern den gleichen Output zu schaffen. Schon jetzt zeige sich, dass dieser Weg erfolgreich ist. &bdquo;Wir haben viele neue Kunden gewonnen, wir schreiben schwarze Zahlen.“ Damit auch die Mitarbeiter davon profitieren, hat er bereits zweimal Prämien ausgeschüttet. &bdquo;Diese Form von Flexibilität macht es uns einfacher. Wir können besser auf Schwankungen reagieren.“ Auch an seinen anderen Standorten verfährt Foundry so.

Turbulente Zeiten für Gütersloher Gießerei

Die Gütersloher Gießerei hat turbulente Zeiten hinter sich. Einst von Landmaschinen Claas gegründet, übernahm 2015 der Konkurrent Ergocast den Betrieb. Nach nur drei Jahren reichte Ergocast ihn weiter. Neuer Eigner war nun Procast, eine Beteiligungsgesellschaft mit mehreren Werken und ausgeprägtem Kapitalinteresse.

Es folgten leidensreiche Jahre der Konsolidierung, des Personalabbaus. Ende 2024 stellte Procast den Antrag auf Insolvenz in Eigenverwaltung. Begründung: Die deutsche Gießereibranche leide unter den hohen Energiekosten und der schwachen Konjunktur. Der Standort Gütersloh sei durch seine Kostenstruktur besonders belastet.

Viele neue Aufträge innerhalb kurzer Zeit

In Gütersloh ist es der Gießerei in kürzester Zeit gelungen, enorm viele Aufträge an Land zu ziehen. &bdquo;Die Kunden fliegen uns nur so zu“, sagt Betriebsleiter Schöne. Sie kämen aus dem Maschinenbau, aus der Landtechnik. Die Zahl der zu produzierenden Modelle sei auf eine Größenordnung gewachsen, die dreistellig sei. Um diesem Volumen Herr zu werden, fährt der Betrieb eine Sechs-Tage-Woche samt Überstunden. In den Zwei-Schichten-Betrieb ging man schon vor Wochen. Von den 95 Beschäftigten arbeiten rund 70 in Fertigung und Zerspanung, sechs im Modellbau, die anderen in der Verwaltung.

&bdquo;Was die Mitarbeiter leisten, ist toll“, sagt Pahls. Gerettet aus einer aussichtslos erscheinenden Lage, seien sie hoch motiviert, den Betrieb in eine erfolgreiche Zukunft zu führen. Pahls kündigte an, nächstes Jahr weitere zwei Millionen Euro zu investieren, auch um dem Investitionsstau aus den vorigen Jahren abzuhelfen.

Bei der Feier am Freitag wurde auf alle diese Nachrichten angestoßen. Und auf die Rückkehr zum alten Namen. Seit dem 1. Juli heißt der Betrieb wieder Christophorus-Hütte. Wie früher in den guten Zeiten.

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