Bad Oeynhausener Buchbetrüger: Zwei völlig unterschiedliche Urteile für zwei Angeklagte

Bad Oeynhausen. Menschen haben unterschiedliche Statussymbole: Reiche sammeln Autos, Uhren oder Schmuck. Bildungsbürger Bücher. Es gibt auch Schnittmengen. Buchliebhaber halten Bücher mitunter - materiell betrachtet - für eine gute Wertanlage. Und da wird es schwierig. Betrüger suchen nämlich gezielt solche Bibliophilen und Sammler auf, um ihnen vorgeblich seltene Nachdrucke alter Bücher zu verkaufen. Die Behauptung: Damit könnten die Sammler ihre Sammlung vervollständigen und den Wert steigern.

Diese Masche ist alt, aber offenbar erfolgreich. Es gibt sie in jüngeren Varianten. Einen besonderen Fall aus dieser Buchbetrügerszene hat das Amtsgericht Bad Oeynhausen verhandelt. In erster Instanz hat das Gericht über zwei angeklagte Buchverkäufer entschieden - mit sehr unterschiedlichem Ausgang für die beiden Angeklagten.

Die Staatsanwaltschaft Bielefeld hat Mitte Juli zwei Handelsvertreter aus Bad Oeynhausen wegen gewerbsmäßigen Betrugs angeklagt. Sie sollen bereits vor drei Jahren zwei Sammlern unter Vorspiegelung falscher Tatsachen nicht etwa Bücher, sondern Kreditverträge angedreht haben. Opfer dieser Masche wurde ein ehemaliger Betriebskantinenleiter aus Hannover und ein Maler- und Lackierer aus Bad Pyrmont. Der erste Geschädigte konnte den Kredit noch in letzter Minute rückabwickeln. Der zweite jedoch muss bis heute den für ihn viel zu teuren Kredit abstottern.

Buchsammlung sollte angeblich 120.000 Euro wert sein Bei den angeklagten Handelsvertretern handelt es sich um einen 26-jährigen Sportstudenten und einen 38-jährigen Arbeitslosen, beide aus Bad Oeynhausen. Weil die Geschädigten als Zeugen den Lehramtsstudenten aber nicht als Täter erkannten, sprach das Gericht den Studenten aus Mangel an Beweisen noch im ersten Prozesstermin frei. Es gebe zwar Indizien für die Täterschaft des 26-Jährigen, so der Richter, allerdings sei unklar, ob er wirklich bei den entscheidenden Gesprächen dabei gewesen sei.

Gegen den 38-jährigen Arbeitslosen setzte das Gericht den Strafprozess in einem zweiten Prozesstermin fort. Der Richter hörte unter anderem noch die Ehefrau des Geschädigten aus Bad Pyrmont als Zeugin. Die Ehepartner schilderten übereinstimmend, dass sie überraschend Besuch vom Angeklagten bekamen. Er habe sich sehr für die Buchsammlung interessiert und behauptet, einen Käufer im Saarland in der Hinterhand zu haben, der 120.000 Euro für die Sammlung ausgeben wolle.

Der Handelsvertreter, so schilderten es die Zeugen, wollte kein Buch verkaufen. Mit Hinweis auf die schwarzen Schafe in seinem Gewerbe wolle er dagegen den Verkauf vermitteln. Offenbar hatten sich bei dem Ehepaar bereits zahlreiche Buchverkäufer die Klinke in die Hand gegeben. Der Handelsvertreter habe aber von Kosten gesprochen, die vor dem Verkauf anfielen. So sollten die Sammler die Reinigung der Bücher, den Buchbinder und einen Notar vorab bezahlen. Außerdem sollte der Bad Pyrmonter noch ein weiteres Buch kaufen, um die Sammlung wertsteigernd zu vervollständigen und für den angeblichen Käufer aus dem Saarland noch attraktiver zu machen.

Bad Oeynhausener behauptet, Kreditvertrag sei fair Dass der Buchliebhaber aus Bad Pyrmont gerade nicht flüssig war, stellte keine Hürde dar. Die Firma des Handelsvertreters würde die Kosten vorstrecken, erzählten der Geschädigte und seine Ehefrau. Der Maler und Lackierer unterschrieb daraufhin ein Papier, das sich als Kreditvertrag entpuppte. Vom angeblichen Käufer aus dem Saarland hörte er dann aber nichts mehr. Auch nicht von dem Handelsvertreter aus Bad Oeynhausen. Seinen Schuldschein aber kaufte eine Inkassofirma und klagte erfolgreich beim Landgericht Hannover auf Rückzahlung des Kreditbetrags. Schaden: 15.000 Euro. Der zweite Geschädigte, der ehemalige Küchenchef einer Betriebskantine in Hannover, erlebte Ähnliches. Allerdings erkannte er seinen Fehler rechtzeitig.

Aus Sicht des Staatsanwalts ist die Schuld des 38-jährigen Bad Oeynhauseners damit erwiesen. Der Angeklagte habe beide Kunden &bdquo;reingelegt“. Er könne &bdquo;unheimlich gut reden und sich eloquent verkaufen. Er habe es geschafft, die Opfer mit der Aussicht auf den Verkauf &bdquo;gierig zu machen“. Er habe getäuscht, um sich zu bereichern, die Tat sei deshalb ein gewerbsmäßiger Betrug und im Fall des Küchenchefs ein versuchter Betrug. Der Angeklagte, so der Staatsanwalt, habe keine Vorstrafen, weshalb er eine Gesamtstrafe von zwölf Monaten Haft fordere, die drei Jahre zur Bewährung auszusetzen seien.

Der Verteidiger erkannte dagegen keinen Betrug. Stattdessen betonte er die Geschäftsfähigkeit der beiden Geschädigten - und ihre Gier. &bdquo;Wir haben es mit mündigen Bürgern zu tun.“ Die Geschädigten hätten bloß sechsseitige Kreditverträge zu lesen bekommen. Das Vertragswerk sei einfach und fair gestaltet. Ein Vertrag sei zudem anstandslos rückabgewickelt worden. Zum angeblichen Käufer aus dem Saarland sagte der Verteidiger nichts. Der Rechtsanwalt hielt aber einen Packen Papier hoch, den sein 16-jähriger Sohn wohl von seiner Bank geschickt bekommen hat. 32 Seiten Kleingedrucktes, weil sich die Geschäftsbedingungen geändert hatten: &bdquo;Das sind unübersichtliche Vertragsbedingungen“, sagte der Verteidiger und forderte auch für seinen Mandanten Freispruch.

Richter sieht für Buchbetrüger keinen Grund für Bewährung Der Angeklagte selbst betonte, wie penibel er mit Informationen zu den Kreditverträgen seiner Kunden umgegangen sei. Lange vor Auszahlung des Kredits hätten Banken unabhängig von ihm vollständige Unterlagen zu den Kunden geschickt. Er habe zudem keine Provision für den Vertrag erhalten, der Kreditvertrag sei nachträglich reduziert worden. &bdquo;Auch Kunden tragen Verantwortung.“

Der Richter folgte dagegen den Argumenten des Staatsanwalts. Der Angeklagte habe &bdquo;bewusst wahrheitswidrig“ dem Sammler einen Käufer vorgespielt. &bdquo;Das ist eine Täuschung.“ Die vorgeblichen Bedingungen seien Vertragszweck und eigentlich nicht mit dem Wert der Bücher zu saldieren. Die Geschädigten hätten zu keinem Zeitpunkt etwas kaufen wollen. Die Einkommensverhältnisse des Angeklagten seien &bdquo;intransparent“. Er lebe nach einer Privatinsolvenz vom Einkommen seiner Frau, die angeblich als Influenzerin arbeite.

Strafverschärfend sei die &bdquo;eingeschränkte Kritikfähigkeit“ des Angeklagten und das fortgeschrittene Alter der Geschädigten. &bdquo;Eine Bewährung kann ich nicht begründen.“ Der Richter verurteilte den 38-jährigen Bad Oeynhausener deshalb zu einem Jahr und drei Monaten Haft ohne Bewährung. Der Angeklagte muss Wertersatz leisten und die 15.000 Euro Schaden übernehmen.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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