Aus für neues Claas-Werk: Bauprojekt im Kreis Paderborn ist gestrichen

Kreis Paderborn. Claas wird kein neues Werk in Borchen bauen. Das hat der Landmaschinenhersteller am Freitag, 5. Dezember, bekannt gegeben. Auch die Bürgermeister in Borchen und Paderborn, Uwe Gockel (parteilos) und Stefan-Oliver Strate (CDU), sind am Freitag vom Konzern informiert worden. Beide Kommunen wollen gemeinsam das interkommunale Gewerbegebiet in Alfen betreiben.

Wie Claas-Sprecher Tino Fritsch mitgeteilt hat, kann der Weltkonzern aus Harsewinkel (Kreis Gütersloh) die geplante multimillionenschwere Erweiterungsinvestition nicht am Standort Borchen vornehmen. Somit werde es hier kein weiteres Produktionswerk für Antriebstechnik geben. Claas benötige vor allem durch die steigende Nachfrage nach innovativen stufenlosen Getrieben für Traktoren und bodenschonenden Raupenlaufwerken zusätzliche Kapazitäten im internationalen Produktionsnetzwerk.

Über die Absage für einen Neubau am Standort Borchen sind am Freitagmittag auch die Mitarbeiter des Paderborner Claas-Werks (Industrietechnik GmbH) während einer Betriebsversammlung informiert worden. Claas-Vorstand Thomas Spiering hat der Belegschaft zugesichert, dass deren Arbeitsplätze sicher seien. Das Werk habe sich &bdquo;trotz schwieriger Konjunkturlage sehr gut behauptet“. Zugleich haben die Mitarbeiter auch von drei möglichen Optionen bei der Suche nach einem neuen Claas-Standort gehört: Dass es am bestehenden Werk in Paderborn entsteht, im Raum Paderborn oder im europäischen Ausland – dort in Ungarn oder in der französischen Partnerstadt Le Mans.

Claas-Spitze bedauert das Aus für Borchen Ein Problem soll zum Aus für Borchen-Alfen geführt haben: Die für ein neues Werk notwendige Grundstücksfläche habe &bdquo;im vorgesehenen Zeitrahmen aufgrund komplexer administrativer und rechtlicher Rahmenbedingungen nicht zur Verfügung“ gestanden. Aus dem Konzernumfeld wird deutlich, dass &bdquo;überbordende Bürokratie“ für die Absage gesorgt habe. Das Unternehmen werde nun alternative Standortoptionen in Europa prüfen, um das Wachstum in diesem strategisch wichtigen Produktsegment abzusichern. Eine finale Standortentscheidung ist vertagt.

Claas bedauere, dass das Zukunftsprojekt nicht wie geplant in Borchen umgesetzt werden kann. Ein Vorhaben dieser Größenordnung sei immer auch ein Gradmesser für die Wettbewerbsfähigkeit und Attraktivität des Industriestandortes Deutschland. Der mögliche Standort in Borchen ist für Claas aufgrund der Nähe zum bestehenden Werk der Favorit gewesen. Das ist am Freitag deutlich zu vernehmen gewesen.

Wie bereits bekannt: Dank des Engagements des lokalen Projektteams habe Claas kurzfristig zusätzliche Produktionsflächen temporär angemietet. Mit der Produktionshalle in Paderborn-Marienloh kann der Landmaschinenhersteller einen Gebäudekomplex mit einer Produktionsfläche von etwa 3.500 Quadratmetern nutzen. Der schrittweise Umzug des sogenannten Hytronic-Bereichs mit etwa 45 Mitarbeitern habe im Oktober begonnen und soll bis Ende des Jahres vollständig abgeschlossen sein. Am Standort in Paderborn beschäftigt die Claas Industrietechnik nach eigenen Angaben etwa 700 Mitarbeiter. Insgesamt ist Claas in NRW an drei Standorten vertreten und beschäftigt dort annähernd 5.000 Mitarbeiter.

Stadt Paderborn und Gemeinde Borchen wollen Gewerbefläche weiter entwickeln Zur Absage und somit zur Streichung der Erweiterungspläne von Claas im neuen interkommunalen Gewerbe- und Industriegebiet &bdquo;Im Klee“ in Borchen-Alfen haben sich auch die Stadt Paderborn und die Gemeinde Borchen in einer gemeinsamen Stellungnahme am Freitag geäußert. So sei die Entwicklung des Standorts &bdquo;von Anfang an nicht an ein Unternehmen gebunden“ gewesen. Deshalb wollen beide Kommunen die Entwicklung der Fläche &bdquo;weiter intensiv“ verfolgen.

Dennoch bedauern sie &bdquo;die noch vor dem Start des offiziellen Vermarktungsverfahrens für die Fläche getroffene Entscheidung der Firma Claas“. Im Rahmen des Projektes gelte unterdessen der Dank dem Land NRW. Es habe sich &bdquo;sehr engagiert in die Entwicklung des Gewerbegebietes eingebracht“. Paderborn und Borchen seien überzeugt, &bdquo;dass aufgrund der sehr guten Lage und der beabsichtigten Entwicklung der Infrastruktur das Interesse der Wirtschaft an diesem interkommunalen Gewerbe- und Industriegebiet nach wie vor hoch sein wird“.

Für Anfragen zu persönlichen Stellungnahmen der Bürgermeister Stefan-Oliver Strate (Paderborn) und Uwe Gockel (Borchen) haben beide am Freitag nicht zur Verfügung gestanden. Unterdessen habe auch CDU-Landtagsabgeordneter Bernhard Hoppe-Biermeyer erst am Freitag vom Aus für die Claas-Pläne erfahren. Er bedauert die Entscheidung ebenso. Dennoch &bdquo;bin ich sicher, dass es gut ist, so ein Gebiet für die Region vorhalten zu können, um in Zukunft für große Ansiedlungen großer Unternehmen attraktiv zu sein“.

IG Metall Paderborn bezeichnet Aus als &bdquo;Katastrophe“ Das Aus für ein neues Claas-Werk hat Felix Wagner, Gewerkschaftssekretär der IG Metall in Paderborn, als eine &bdquo;Katastrophe“ bezeichnet. Das Vorhaben habe eine besondere Tragweite, nicht nur für die Belegschaft der Claas Industrietechnik in Paderborn. &bdquo;Das Projekt war einmalig, mit besonderer Bedeutung für den Wirtschaftsstandort in der Region OWL“, sagt Wagner.

Aus seiner Sicht liege ein Teil der Gründe für das Scheitern auch bei den Kommunal- und Landesbehörden. Dort, so vermutet er, sei die Umsetzung der Pläne nicht gelungen. Seinem Kenntnisstand nach seien neun Behörden in das Projekt involviert gewesen. Zudem hätte die schwarz-grüne Landesregierung mehr Einfluss nehmen können, so Wagner. &bdquo;Deshalb erschließt sich mir nicht, warum ein modernes Wirtschaftsprojekt nicht realisiert werden kann. Das ist ein wirtschaftspolitischer Offenbarungseid “, sagt Wagner. Nach Informationen dieser Redaktion soll zum möglichen Claas-Werk allerdings auch Gespräche mit NRW-Wirtschaftsministerin Mona Neubaur (Bündnis 90/Die Grünen) und Staatssekretär Bernd Schulte in der Staatskanzlei gegeben haben. Offenbar ohne Erfolg.

Zugleich betont Wagner, dass die Belegschaft der Claas Industrietechnik bereit gewesen sei, mit &bdquo;schmerzhaften, zeitlich begrenzten Zugeständnissen“ ihren Beitrag zur Umsetzung des Projekts zu leisten. Dies sei nun hinfällig. Wichtig sei jetzt, dass auch nach einem &bdquo;Reset“ durch Claas der Standort Paderborn und die Arbeitsplätze weiter gesichert bleiben.

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