Düsseldorf. Der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel (Grüne) hat den Verbraucherschutz ganz oben auf seine Agenda gesetzt. Um die Ziele in der Öffentlichkeit darzustellen, benutzt er bisweilen starke Worte: "Wir sagen Schmuddel und Schlendrian den Kampf an und wollen schwarze Schafe entlarven."
Anfang September letzten Jahres hatte Remmel deshalb eine außergewöhnliche, aber gleichzeitig auch sehr umstrittene "Offensive" gestartet. Seither sollen auf der Internetseite www.lebensmitteltransparenz.nrw die Ergebnisse von Kontrollen in Lebensmittelunternehmen veröffentlicht werden.
Immer dann, wenn in einem Betrieb Hygienemängel festgestellt werden, bei denen als Sanktion ein Bußgeld von mindestens 350 Euro zu erwarten ist, sollen diese "Sünder" mit Namen und Adresse im Internet publiziert werden. Gleiches gilt für die Futtermittelproduzenten, bei denen "Grenzwerte von unerwünschten Stoffen" überschritten wurden.
Seit der Einführung des neuen Portals ist nun fast ein halbes Jahr vergangen. Wer auf die Internetseite www.lebensmitteltransparenz.nrw.de blickt, kann unschwer feststellen, dass sie noch ziemlich viele Lücken aufweist. Die meisten Städte und Kreise, die mit ihren Lebensmittelüberwachungs- und Veterinärbehörden für den jeweiligen Eintrag der "schwarzen Schafe" zuständig sind, haben bislang noch gar keine Meldung abgegeben. "Wir haben Angst vor Schadenersatzforderungen der Betriebe", verlautet hinter vorgehaltener Hand unisono aus den Behörden.
Ihre Sorge ist verständlich. Erst vor wenigen Tagen hat zum Beispiel das Verwaltungsgericht in Aachen einem Eilantrag eines Bäckereibetriebs stattgegeben, der wegen diverser lebensmittelrechtlicher Verstöße von der Kommune publik gemacht werden sollte. Der Bäcker hatte argumentiert, die beabsichtigte Veröffentlichung im Internet werde seine Existenz vernichten. Das Gericht folgte seinem Antrag. Mit einer Publikation würde "schwerwiegend in die Grundrechte" eingegriffen, deshalb sei sie zu untersagen.
Drei weitere Verwaltungsgerichte hätten bereits ähnlich lautende Eilbeschlüsse gefasst, berichtet Thomas Keitel, Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbands (DEHOGA) in OWL. Zusammen mit der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten zählt Keitels Verband zu den schärfsten Kritikern des "Internet-Prangers" im Lebensmittelbereich.