Tierarzt zu teuer: Kaninchen zu Hause und ohne Betäubung kastriert

Die Tierarztkosten sind erst im November deutlich angestiegen. Für die behandelnde Kleintierklinik handelt es sich in dem Fall eindeutig um Tierquälerei.

Annika Könntgen

  • 0
Der Kleintierklinik Frank war es wichtig, über das Schicksal des Kaninchens auf ihrer Facebook-Seite zu informieren. - © Screenshot NW / Kleintierklinik Frank auf Facebook
Der Kleintierklinik Frank war es wichtig, über das Schicksal des Kaninchens auf ihrer Facebook-Seite zu informieren. (© Screenshot NW / Kleintierklinik Frank auf Facebook)

Freiburg. Ein Tierarztbesuch war noch nie günstig, seit einer Überarbeitung der Gebührenordnung im vergangenen November sind die Preise aber deutlich angestiegen. Die neuen Behandlungskosten haben sich auf dem Papier stellenweise verdoppelt, bis verdreifacht. Einer Freiburgerin war das offenbar zu viel – sie versuchte, ihr neues Kaninchen ohne Betäubung zu Hause zu kastrieren.

Tierschützer kämpfen schon lange dafür, das Image vom günstigen und einsteigerfreundlichen Familien-Haustier, das Kaninchen noch immer anhaftet, aus den Köpfen der Menschen zu vertreiben. Kaninchen dürfen nicht allein gehalten werden, sie brauchen viel Platz und viel Frischfutter. Gerade durch gestiegene Lebensmittelpreise kostet das potenziell mehrere hundert Euro im Monat – und auch die Tierarztkosten sind nicht ohne.

Der Ratgeber "kaninchenwiese.de" spricht allein von Anschaffungskosten inklusive einer Grundausstattung für die Wohnungshaltung von mehr als 500 Euro und monatlichen Kosten für zwei Kaninchen von 125 Euro. Außerdem wird dazu geraten, pro Kaninchen 1.500 Euro als Reserve für Tierarztkosten beiseite zu legen.

>>> Bielefelder Tierärztin klärt auf: So teuer sind die Untersuchungen jetzt

Operation auf Kosten der Tierklinik

Einem fünf Monate alten Kaninchenbock ist das zum Verhängnis geworden. Die Kleintierklinik Frank aus Freiburg berichtet in den Sozialen Medien von seinem Schicksal. Der Vierbeiner sei mit Schnittverletzungen an seinem Hinterteil vorgestellt worden, aus einem habe seine Harnblase herausgeschaut. "Das Tier befand sich im Schock", heißt es in einem Facebook-Post.

"Als Grund wurde genannt, dass Tierärzte zu teuer sind und dass man keinen Termin bekommen hätte und die restlichen Kaninchen zu Hause alle schon kastriert sind", erklärt die Klinik weiter. Das Kaninchen musste das Ganze über sich ergehen lassen: Kaninchen sind Beutetiere und fallen bei Stress in Schockstarre.

Die Klinik habe das Tier sofort erstversorgt, noch am späten Abend auf eigene Kosten operiert und zur intensivmedizinischen Betreuung aufgenommen. Das Kaninchen werde jetzt mit Schmerzmitteln und Antibiotika versorgt und fresse wieder.

Empfohlener redaktioneller Inhalt


Wir bieten an dieser Stelle weitere externe Informationen zu dem Artikel an. Mit einem Klick können Sie sich diese anzeigen lassen und auch wieder ausblenden.

Externe Inhalte

Wenn Sie sich externe Inhalte anzeigen lassen, erklären Sie sich damit einverstanden, dass personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Weitere Hinweise dazu finden Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Besitzerin dem Veterinäramt gemeldet

Sind die Schilderungen wahr, wäre das ein klarer Fall von Tierquälerei, denn im Tierschutzgesetz steht: "Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen." Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind entsetzt. "Wir verstehen wirklich nicht, wie einem sowas einfallen kann", schreiben sie.

Die Besitzerin hat das Kaninchen auf Drängen der Chirurgin an die Klinik abgetreten – nur so konnte das Tier versorgt werden, "da auch hier kein weiteres Geld für die chirurgische Versorgung des Patienten investiert werden wollte." Der Fall sei außerdem ans Veterinäramt gemeldet worden, um zu verhindern, dass potenziell für weitere Tiere Gefahr besteht.

Laut dem Bußgeldkatalog drohen Besitzern, die ihre Kaninchen nicht füttern, nicht ausreichend pflegen oder gar misshandeln, der Entzug des Tieres, ein Tierhalteverbot oder sogar eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.

Das Klinik-Team hat einen eindeutigen Appell: "Wer sich seine Tiere nicht leisten kann oder Geld ausgeben möchte, sollte sich keine anschaffen." Es wird allerdings auch darum gebeten, von Anfeindungen abzusehen. "Wir verstehen natürlich, dass besonders bei Tierquälerei die Emotionen hochkochen können, sie belasten uns genauso wie Euch. Doch gibt es so viel Hass und Hetze, ganz besonders im Internet und bei Social Media... Wir möchten das nicht. Es führt zu nichts, außer zu noch mehr Hass."

Copyright © Lippische Landes-Zeitung 2023
Inhalte von lz.de sind urheberrechtlich geschützt.
Weiterverwendung nur mit Genehmigung der Chefredaktion.

Kommentare