Vor 80 Jahren haben die Amerikaner Deutschland die Demokratie gebracht. Nun unternimmt US-Vize-Präsident J.D. Vance den Versuch, Deutschland und gleich der ganzen EU einen rechtspopulistisch autoritären Kurs zu verordnen. Es ist ein Kurs, wie ihn Amerika seit der Amtsübernahme Trumps steuert. Das ist ein Affront gegenüber den Verbündeten.
Europa drohte er offen damit, den Schutz Amerikas zu entziehen, wenn die Europäer nicht zu “gemeinsamen Werten” mit den USA kämen. Ihm geht es dabei unter anderem um ein regelloses Agieren der Techbranche und um Einfluss für die AfD in Deutschland. Das ist ungeheuerlich.
Schon bevor Vance in München das Wort bekam, legte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier einen starken Auftritt hin – den bisher stärksten seiner Amtszeit. Er bot mit für ihn ungewohnt klaren Worten der neuen US-Administration die Stirn, verteidigte die Errungenschaften der Demokratie, der Nato, der Vereinten Nationen.
Steinmeier schlägt einen Pflock für Europa ein
Wohltuend scharf kritisierte er die neue Machtkonzentration in den USA aus Rechtspopulismus und Techbranche, die zur Verächtlichkeit gegenüber der Demokratie führt. Er machte auch deutlich, dass sich Europa diesen Kurs nicht wird gefallen lassen. Mit seinem selbstbewussten Auftritt und seiner klaren Kritik an dem rücksichtslosen Vorgehen der Amerikaner hatte Steinmeier damit den Pflock für Europa eingeschlagen. Deutlicher als in den Reden von Steinmeier und Vance hätten der Gegensatz und die Entfremdung zwischen Europa und den USA nicht werden können. Da helfen auch die vielen Bekenntnisse nach sogenannten konstruktiven Gesprächen nichts.
Die bleibende Höflichkeit kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass die neuen Machthaber in Washington das oft als “alt” verspottete Europa gerade am Nasenring durch die Manege führen. Vance belehrt Europa über Werte und erwähnt das dringlichste Anliegen der Europäer an die USA – das Schicksal der Ukraine – mit keiner Silbe.
Derweil kündigten die Amerikaner nebulös Gespräche am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz zwischen USA, Ukraine und Russland an. Nur die Gastgeber wissen nichts von einer russischen Delegation. Und im Bayerischen Hof rätselt man: Ist das mangelnde Professionalität? Ist das gnadenlose Selbstüberschätzung?
Trump hat keinen Respekt vor Europa
Nun haben sich die Europäer diese missliche Lage in Teilen selbst zuzuschreiben. Aus Sicht der Amerikaner ist Europa eine Ansammlung militärisch schwacher und politisch uneiniger Staaten. Vor solchen Partnern hat eine Trump-Administration keinen Respekt. Und das wissen die Mitglieder der EU eigentlich seit Trumps erster Amtszeit und haben daran zu wenig geändert.
Bei allem Selbstbewusstsein und aller Aufbruchstimmung, die Steinmeier und auch EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen in München verbreiteten, ist die EU objektiv nicht darauf vorbereitet, alleine die Demokratie auf ihrem Kontinent zu verteidigen.