Das von der NRW-Landesregierung geplante Gesetz zur landesweiten Bündelung des regionalen Schienennahverkehrs in einer Gesellschaft verstößt aus Sicht eines Verwaltungsrechtlers gegen die Verfassung. Die neue Anstalt wäre ein «Zwangszusammenschluss» der bisherigen kommunalen Aufgabenträger und ein Eingriff in die Selbstverwaltung der Kommunen, sagte der Fachanwalt für Verwaltungsrecht, Professor Martin Beckmann.
Letztlich trügen die Kommunen in der vom Land geplanten Anstalt «Schiene.NRW» die Finanzverantwortung für mögliche Schieflagen, hätten dort aber keine Entscheidungsmöglichkeiten mehr. «Selbstverwaltung ohne Entscheidungsmöglichkeit, das gibt es nach der Landesverfassung nicht», sagte Beckmann. Der Jurist hatte für den Aufgabenträger Go. Rheinland ein Gutachten zum Gesetzentwurf von NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer (Grüne) erstellt.
Die neue Gesellschaft in kommunaler Trägerschaft soll nach dem Willen der Landesregierung für das gesamte Angebot mit Regional- und S-Bahnen im ganzen Land verantwortlich sein und für ein verlässliches und pünktliches Angebot sorgen.
Offenbar wolle das Land mit der neuen Gesellschaft Schiene.NRW erreichen, dass die Kreise und kreisfreien Städte nicht mehr mitreden könnten, aber dennoch die finanzielle Verantwortung bei ihnen lassen, konstatierte der Jurist Beckmann.
Kommunen befürchten ineffiziente Doppelstruktur
Kritik übte auch der Verbandsvorsteher von Go.Rheinland, Stephan Santelmann. Die «schwerwiegende verfassungswidrige Verletzung» geschehe im Grunde ohne Not, denn die Aufgabenträger hätten gute Vorschläge gemacht, wie man bei Erhalt der bewährten Strukturen der Selbstverwaltung zu effizienten Lösungen kommen könnte. Mit der neuen Gesellschaft werde eine ineffiziente Doppelstruktur geschaffen. Es sei zu befürchten, dass «diese Einrichtung möglicherweise am Ende im Grunde mit sich selbst beschäftigt ist».
Bisher gibt es im bevölkerungsreichsten Bundesland für den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) mit dem Verkehrsverbund Rhein-?Ruhr (VRR), Nahverkehr Westfalen-?Lippe (NWL) und Go.Rheinland drei Aufgabenträger. Diese drei Gesellschaften sollen nun zusammengeführt werden, aber weiterhin in ihren Bereichen den Nahverkehr in den Städten und Gemeinden mit Straßenbahnen und Bussen koordinieren.
Zweckverbände fühlen sich übergangen
Die Zweckverbände hätten zwar an Arbeitskreisen des Ministeriums zum Gesetzentwurf teilgenommen, sagte Go.Rheinland-Geschäftsführer Michael Vogel. Aber letztlich sei von ihren Bewertungen nichts in den Entwurf eingeflossen. Die Verbände VRR und NWL arbeiten nach eigenen Angaben noch an Stellungnahmen.
Die Verabschiedung des Gesetzes im Landtag ist nach der Verbändeanhörung laut Krischer im ersten Quartal 2026 geplant. Schiene.NRW solle 2027 die operative Arbeit aufnehmen.