Im Streit um den hohen Eigenanteil, den Patienten womöglich bald für Rettungseinsätze zahlen müssen, fordern mehrere Rathauschefs schnelle Hilfe von Bund und Land. «Die Entscheidung, einen Rettungswagen für sich selbst oder auch für andere hilflose Personen zu rufen, darf nicht von der finanziellen Lage der Betroffenen bestimmt werden», sagte Kölns Oberbürgermeister Torsten Burmester (SPD) der Deutschen Presse-Agentur. «Ich erwarte von Bund und Land, dass sie kurzfristig eine gesetzliche Lösung schaffen.»
Menschen dürften sich keine Sorgen machen müssen, auf Kosten von mehreren hundert Euro sitzenzubleiben, wenn sie den Rettungsdienst brauchen, sagte Burmester. «Im Zweifel gilt es, die 112 zu wählen», betonte er. «Wir dürfen keine Situation schaffen, in der Menschen in kritischen gesundheitlichen Situationen zögern. Sonst gefährden wir die Gesundheit und das Leben von Menschen.»
Wer zahlt für Fehlfahrten?
Viele Kreise und Großstädte in Nordrhein-Westfalen verhandeln im Moment mit den Krankenkassen über die Kosten für den Rettungsdienst im kommenden Jahr. Die gesetzlichen Kassen haben angekündigt, einen bestimmten Teil der Kosten nicht mehr zu übernehmen.
Konkret geht es um sogenannte Fehlfahrten, die entstehen, wenn ein Rettungswagen gerufen wird, letztlich aber kein Patient ins Krankenhaus kommt. Nach Angaben der Kommunen machen solche Fahrten bis zu 25 Prozent aller Einsätze aus. Geld bekommen die Träger der Rettungsdienste - also Städte und Kreise - für solche Fehlfahrten nicht, Kosten entstehen aber trotzdem.
Die Stadt Essen hatte deshalb als erste in NRW angekündigt, sie müsse den Betrag umlegen und Patienten künftig rund 267 Euro Eigenanteil pro Rettungseinsatz in Rechnung stellen. Andere Kommunen haben ein ähnliches Vorgehen angekündigt, aber noch keine konkreten Zahlen genannt.
Wieder andere Kommunen wie die Stadt Köln haben ihre Gebührenkalkulation für den Rettungsdienst so überarbeitet, dass sie doch noch auf eine Einigung in den Verhandlungen mit den Krankenkassen hoffen - dadurch bleiben die Kommunen aber teilweise selbst auf den Kosten für Fehlfahrten sitzen.
Essens OB fordert schnelle Übergangslösung
Auch Essens Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) sieht Land und Bund in der Pflicht, die geltenden Gesetze zu ändern. «Seit Jahren warten wir auf eine Bundesreform der Notfallversorgung, die auch eine Regelung für das Thema Fehlfahrten herbeiführt», sagte er. «Das Land Nordrhein-Westfalen muss hier auf die Bundesregierung mehr Druck im Interesse der Bürgerinnen und Bürger ausüben.»
Da eine Gesetzesänderung aber auf keinen Fall mehr rechtzeitig zum Jahreswechsel kommen werde, müsse jetzt schnell eine Übergangslösung auf den Weg gebracht werden, forderte Kufen.
Krankenkassen sehen keinen Spielraum
Die gesetzlichen Krankenkassen argumentieren, die Rechtslage lasse ihnen gar keinen Spielraum: Sie dürften nur für Kosten aufkommen, die für die Versorgung ihrer eigenen Versicherten entstehen, schreiben sie in einer gemeinsamen Stellungnahme. Sonstige Kosten - etwa für Fehlfahrten von Rettungswagen - müssten die Kommunen selbst tragen.
Vor allem aber fordern die Krankenkassen eine Reform des Rettungsdienstes in Nordrhein-Westfalen. Es müsse «deutlich effizientere und schlankere Strukturen» geben - das würde auch Kosten sparen.
Gesundheitsminister Laumann will vermitteln
Das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium hatte zuletzt mitgeteilt, man betrachte den Streit zwischen Kommunen und Krankenkassen «mit großer Sorge». Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann will versuchen in dem Konflikt zu vermitteln. Eine eigene Zuständigkeit sieht das Ministerium bei sich aber nicht. Das Problem seien veraltete Bundesgesetze, die nicht mehr dem Leistungsangebot eines modernen Rettungsdienstes entsprächen, sagte ein Ministeriumssprecher.