Skandal und Wandel: Historiker erinnert an Schötmars bewegte Marktplatz-Geschichte

Bad Salzuflen-Schötmar. Wo heute das markante Gebäude der Volksbank den Marktplatz prägt, stand bis 1981 das frühere Rathaus der Stadt Schötmar – ein Bauwerk mit bewegter Geschichte, das einst ganz anderen Zwecken diente. &bdquo;Das frühere Rathaus war ursprünglich gar kein Verwaltungsgebäude, sondern ein privates Handelshaus“, erklärt Historiker Dr. Stefan Wiesekopsieker. Er hat die wechselvolle Geschichte des Hauses in den &bdquo;Bad Salzufler Haus- und Hofgeschichten“ dokumentiert.

Errichtet wurde das Haus (alte Nr. 39, zuletzt Schloßstraße 8) im Jahr 1827 von Kaufmann Clamor Adolph Hülsemann (1799-1847). &bdquo;Hülsemann verlegte hierher sein bereits bestehendes Geschäft, in dem er Lebensmittel, Kleidung und Manufakturwaren aller Art verkaufte“, so Wiesekopsieker.

1847 heiratete Hülsemanns Tochter Emilie (1830-1893) den Lemgoer Kaufmann August Wilhelm Brüggemann (1819-1880). Er übernahm das Geschäft und spezialisierte sich auf den Textilhandel. Unter dem Namen &bdquo;A. W. Brüggemann – Tuch-, Manufactur- und Modewaaren-Handlung“ entwickelte sich das Haus zu einer angesehenen Adresse.

Moderne Öfen In den 1880er-Jahren führte Sohn August Brüggemann (1852–1909) das Unternehmen fort. Er erweiterte es um eine Eisenwarenabteilung mit modernen Öfen, &bdquo;Hildesheimer Sparherden“ und schmiedeeisernen Grabkreuzen. &bdquo;Das Brüggemann’sche Kaufhaus war im ganzen Amt Schötmar bekannt – für gute Qualität, faire Preise und großzügige Rabatte“, sagt Wiesekopsieker.

Der Unternehmer galt als angesehener Bürger, engagierte sich in der Gemeinde und als Rendant der 1902 gegründeten Amtssparkasse, die ebenfalls in seinem Haus untergebracht war. Doch im Mai 1909 kam ans Licht, dass er über Jahre hinweg Gelder unterschlagen hatte. &bdquo;Der Fall Brüggemann traf Schötmar zutiefst – ein Skandal, der das Vertrauen vieler Bürger erschütterte“, sagt der Historiker. Brüggemann nahm sich nach seiner Verhaftung im Salzufler Gefängnis das Leben.

Die Aufarbeitung der Betrugsfälle dauerte Jahre. Viele Schötmaraner verloren Geld, und die finanziellen Verwicklungen ließen sich nur teilweise entwirren. Schließlich erwarb die Dorfschaft Schötmar für 38.000 Mark das Gebäude am Markt und baute es zum Sitz der Gemeindeverwaltung um.

Stolz auf das Rathaus &bdquo;Obwohl Schötmar damals noch keine Stadtrechte hatte, war man stolz auf das neue Rathaus“, erläutert Wiesekopsieker. Kurz vor dem Ersten Weltkrieg eröffnete dort auch der &bdquo;Ratskeller“. Der Wirt ließ eine Ansichtskarte mit dem neuen Schriftzug &bdquo;Rathaus“ anfertigen.

Nach der Stadterhebung 1921 wurde das Gebäude grundlegend saniert. Während des Zweiten Weltkriegs erhielt es einen Turm, die dazugehörige Uhr folgte 1949. Bei einer weiteren Renovierung entstand im Obergeschoss ein 70 Quadratmeter großer Ratssaal.

Beim Abriss 1981 wurde der Rathausturm geborgen. Er steht bis heute hinter dem Neubau der Volksbank auf einer Grünfläche. &bdquo;Die Uhr gehört inzwischen zum eingelagerten Bestand des aufgelösten Stadt- und Bädermuseums“, berichtet Wiesekopsieker.

Nur Aufnahmen geblieben Von dem alten Rathaus selbst sind nur historische Aufnahmen geblieben. &bdquo;Viele Schötmaraner erinnern sich mit Wehmut an dieses prägende Gebäude“, sagt der Historiker. &bdquo;Es war ein Stück Identität – und ein Symbol für den Wandel eines Ortes, der vom Handelsplatz zur Stadt wurde.“

Weitere Informationen zu vielen anderen Orten in Schötmar finden sich in der Broschüre &bdquo;Wie hat sich unsere Stadt verändert!“ von Dr. Stefan Wiesekopsieker, erschienen in der Reihe Bad Salzufler Haus- und Hofgeschichten, Heft 5, des Heimat- und Verschönerungsvereins Bad Salzuflen.

Skandal und Wandel: Historiker erinnert an Schötmars bewegte Marktplatz-Geschichte

Als in Schötmar noch eine Straßenbahn fuhr

Als Schötmar noch ein Krankenhaus hatte

Als in Bad Salzuflen-Schötmar eine Synagoge stand

Das hat es mit dem verschwundenen Kriegerdenkmal in Schötmar auf sich

Bahnhof Schötmar in Bad Salzuflen wird 133 Jahre alt

Keksfabrik, Zigarren und Hoflieferanten: Wirtschaftsgeschichte in Schötmar neu entdeckt