Das hat es mit den „Panzerplatten“ aus Schötmar auf sich

Bad Salzuflen-Schötmar. Als sich der aus Salzuflen stammende Bäckermeister Friedrich Wilhelm Witte 1873 in Schötmar niederließ, begann eine Familiengeschichte, die bis heute Spuren im Stadtbild hinterlassen hat. Er eröffnete eine Bäckerei und einen kleinen Kolonialwarenladen in einem Haus, das er vom Rittergut Schötmar pachtete. Das Gebäude an der heutigen Schloßstraße 15 bildete den Ausgangspunkt eines wachsenden Gewerbebetriebs, wie der Bad Salzufler Historiker Dr. Stefan Wiesekopsieker recherchiert hat.

Schon wenige Jahre später folgte der nächste Schritt: 1886 kaufte die Familie das gepachtete Haus und ließ zugleich auf dem benachbarten Grundstück, der heutigen Schloßstraße 13, einen Neubau errichten. Für Stefan Wiesekopsieker zeigt dieser Doppelschritt &bdquo;den wirtschaftlichen Aufschwung einer tüchtigen Handwerkerfamilie, die früh auf zwei Standbeine setzte“.

Konditorei mit Café Nach dem frühen Tod Friedrich Wilhelm Wittes führten seine Frau und ihr zweiter Mann, Heinrich Friedrich Wilhelm Wiethölter, die Bäckerei und den Kolonialwarenhandel weiter. Letzterer starb 1898. Parallel dazu entwickelte sich der zweite Geschäftsbereich: Wilhelm Witte, der Sohn des Betriebsgründers, etablierte im Neubau eine Konditorei mit Café und später einen Weinhandel. Im ursprünglichen Haus verblieben Bäckerei und Kolonialwarenhandel.

Im März 1901 zerstörte ein Großbrand das alte Bäckereigebäude. Der damals erst 27-jährige Wilhelm Witte reagierte sofort und ließ an gleicher Stelle einen Neubau errichten. Er passte ihn vollständig an das Nachbarhaus von 1886 an. So entstand ein repräsentatives Doppelhaus, dessen markanter Mittelgiebel bis heute ins Auge fällt. &bdquo;Die Initialen WW im Giebel erinnern noch immer an den Bauherrn“, erklärt der Historiker Wiesekopsieker.

Wilhelm Witte hatte bereits 1900 die aus Hagen stammende Hermine Schröder geheiratet. Das Paar bekam neun Kinder, von denen fünf das Erwachsenenalter erreichten. Die Söhne erlernten das Bäcker- und Konditorhandwerk und übernahmen den Betrieb in der nächsten Generation. Die Töchter arbeiteten im Verkauf oder führten den Haushalt. Der Familienbetrieb blieb so über Jahrzehnte ein fester Bestandteil der Schlossstraße.

Tradition endet Als Hermann Witte, der zuletzt als Einziger noch als Bäcker tätig war, 1980 unerwartet starb, endete die handwerkliche Tradition. Eine weitere Generation stand nicht bereit, denn bis auf Woldemar Witte blieben alle Geschwister unverheiratet und kinderlos. Die Bäckerei schloss, doch Anita und Woldemar Witte führten den 1956 begründeten Textilhandel &bdquo;Witte Damen-Bekleidung“ noch eine Zeit lang weiter. Alle anderen Gebäudeteile wurden vermietet.

Die komplette Bäckereinrichtung übernahm 1984 das Westfälische Freilichtmuseum Detmold. Seitdem ist sie im &bdquo;Paderborner Dorf“ in Betrieb und vermittelt Besucherinnen und Besuchern einen Eindruck vom einstigen Arbeitsalltag. Nach Anita Wittes Tod übernahm die Evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Schötmar das Doppelhaus und ließ es Anfang der 2000er Jahre umfassend sanieren.

Eindrucksvolle Grabstätte An die Familie Witte erinnern heute das markante Doppelhaus, eine eindrucksvolle Grabstätte auf dem Funeke-Friedhof und der legendäre Butterkuchen, den viele Schötmaranerinnen und Schötmaraner bis heute als &bdquo;Wittes Panzerplatten“ in Erinnerung haben.

Ein größeres Geschenk aber kam 1993 hinzu: Die Freundin der Familie, Elisabeth Wellenbüscher, rettete bei der Räumung des Hauses Dokumente, Rezeptbücher und Fotos und brachte sie ins Stadtarchiv. Dort wird der Bestand als &bdquo;Nachlass Familie Wilhelm Witte“ aufbewahrt. &bdquo;Er ist ein Glücksfall für die lokale Geschichtsforschung“, sagt Stefan Wiesekopsieker.

Weitere Informationen zu besonderen Orten in Schötmar finden sich in der Broschüre &bdquo;Wie hat sich unsere Stadt verändert!“ von Dr. Stefan Wiesekopsieker, erschienen in der Reihe Bad Salzufler Haus- und Hofgeschichten, Heft 5 des Heimat- und Verschönerungsvereins Bad Salzuflen e.V.

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