Warum eine Violinistin in Lemgo zwischen Holztechnik-Maschinen musiziert

Lemgo-Brake. Die Akustik in der Maschinenhalle? &bdquo;Richtig gut“, sagt Violinistin Alisha-Sophie Freiter. &bdquo;Ich hatte Sorgen, aber die waren unbegründet. Es gab kein Echo wie in einer Kirche.“ Zwischen Werkbank und Maschinen spielte die Studentin der Detmolder Musikhochschule Werke von Johann Sebastian Bach und dem Belgier Eugène Ysaÿe und attestierte der Maschinenhalle des Smart-Wood-Centers überraschenderweise eine gute Eignung für klassische Musik. E-Musik und Holztechnik, Kunst und Ingenieurwesen sind dort bei der Veranstaltung &bdquo;Holz & Musik“ aufeinandergetroffen. Es zeigte sich, dass die Begegnung zweier Welten interessante Ergebnisse haben kann.

Die Veranstaltung, organisiert vom Verein Smart-Wood-Center, von Kreiswirtschaftsförderung, TH OWL und Musikhochschule Detmold, zog etwa 50 Teilnehmer ins Holz-Gewerbezentrum am Schloss Brake, unter ihnen zwei Gründer aus der Möbelbranche. &bdquo;Wir wollen zeigen, wie nah manche Dinge beisammenliegen, obwohl man es nicht vermutet“, erklärte Tabea Mälzer von der Kreiswirtschaftsförderung.

Handwerk und Musik Die zwei Welten trafen sich auch persönlich: Sechs Musikstudenten hatten mit sechs Holztechnik-Studenten der TH in einem &bdquo;fantastischen Workshop“, so Kreiswirtschaftsförderer Uwe Gotzeina, unter Anleitung von Dozent Professor Jonas Völker im Vorfeld gemeinsam Cajons gebaut. Das bedeutete für beide Seiten neue Erfahrungen, hatten manche Musikstudenten doch noch nie eine Säge in der Hand, während die Holztechniker beim Spielen der Perkussionsinstrumente eine Menge lernen konnten.

&bdquo;Normalerweise haben wir nichts mit Handwerk zu tun“, berichtete Sönke Scholz, der in Detmold Schulmusik studiert. Seine Kommilitonin Mia Nilges schmunzelte über manche schiefe Schraube, während Holztechnik-Studentin Katharina Averkamp berichtete, dass sie und die anderen TH-Studenten beim gemeinsamen Workshop einiges über Rhythmus und Musikdidaktik gelernt hätten. Ein erfolgreiches und gut vorbereitetes Projekt, waren sich die Teilnehmer einig. Bei der Veranstaltung im Smart-Wood-Center führten sie ihre Instrumente vor, die sie zur Überraschung von Sönke Scholz in nur vier bis fünf Stunden gebaut hatten.

Fichte ist bei Geigenbauern begehrt Weitaus länger braucht Matthias Weiken, um eines seiner Instrumente anzufertigen: Der Geigenbaumeister rechnet mit 200 Arbeitsstunden beziehungsweise einem Monat dafür. Bei der Veranstaltung in Brake stellte der Detmolder seine Arbeit vor – und ging auf die Interessen der Holztechniker im Publikum ein: Die Fichte, die im Wald inzwischen als problematisch gilt, ist für den Geigenbauer der beste Werkstoff schlechthin.

Fichte und Ahorn, sagte Weiken, seien die besten Klanghölzer. Das sei heute so wie zur Zeit Stradivaris. Die Fichte stehe so hoch im Kurs, weil sie schnell in Schwingung gerate und eine gute Klangausbreitung garantiere. Der Korpus der Geige sei dagegen aus massivem Ahornholz gearbeitet.

Wenn der Geigenbauer das Holz bearbeitet, kommen kleine, feine Werkzeuge zum Einsatz, Mini-Hobel zum Beispiel. &bdquo;Man versucht immer, den Punkt zu finden, an dem das Holz dünn und zart genug ist“, sagte Weiken. Gehe man zu weit, müsse man unter Umständen von vorne anfangen.

Nur im Hochgebirge Reinhard Grell, Holzwirt und Professor am Fachbereich Produktions- und Holztechnik an der TH in Lemgo, unterfütterte das Lob für die Fichte mit Zahlen und Details – hatte für lippische Waldbauern allerdings auch eine schlechte Nachricht: So gleichmäßig, wie sie für den Geigenbau benötigt werden, wachsen Fichten nur im Hochgebirge. Dann erzielen sie nach Grells Worten aber auch Top-Preise auf dem Markt – 12.000 Euro pro Kubikmeter.

&bdquo;Fichtenholz hat eine hohe Schallgeschwindigkeit, die in der Luft unmöglich ist“, betonte Grell und sprach vom &bdquo;braunen Gold der Holzwirtschaft“. Der gleichmäßige Verlauf der Jahresringe sei wichtig für gute Klangeigenschaften des Holzes, erläuterte er Untersuchungen des Werkstoffs. Solch eine Gleichmäßigkeit lasse sich auch durch einen Pilz erreichen, berichtete er aus der Forschung und betonte mit Blick auf die Zeiten Stradivaris: &bdquo;Ich glaube, dass wir heute noch genauso gute Geigen bauen können“ – denn so gute Hölzer, wie dieser damals nutzte, gebe es nach wie vor.

Türklinke aus Holz Grells Kollege Martin Stosch, TH-Professor am selben Fachbereich und Ideengeber der Veranstaltung, ergänzte, die Modifizierung von Holz durch Pilze könne hervorragende Ergebnisse erzielen und Holz zum &bdquo;natürlich gewachsenen Hochleistungswerkstoff“ machen. Das mache die Türklinke aus Holz zur ernst zu nehmenden Konkurrenz des Metalls.

Das wäre etwas Neues. Eine neue Sicht auf die Dinge – die hat für viele Teilnehmer vermutlich auch die Veranstaltung im Smart-Wood-Center gebracht: Die einen zeigten, wie man mit Holz arbeitet, und die anderen, wie man mit dem Ergebnis künstlerisch arbeiten kann. Geigenbauer Weiken formulierte eine ähnliche Wahrheit: &bdquo;Eine Geige ist auch immer ein Kunstwerk.“

Das Gewerbezentrum Smart Wood Im Gewerbezentrum Smart Wood in der Domäne am Schloss Brake sollen Branchenakteure der Holzwirtschaft aus Bildung, Wirtschaft und Wissenschaft zusammenkommen – nahe der Technischen Hochschule mit ihrem Holztechnik-Studiengang und umgeben von der Holzindustrie in Lippe und den lippischen Wäldern. Werkzeuge, Labore und offene Bürobereiche stehen zur Verfügung, Gründer oder Firmen können sich dort einmieten. Vermieter ist der Landesverband Lippe, Mieter und Betreiber seit 2024 die Kreiswirtschaftsförderung. Unterstützer der Vorhaben ist der gemeinnützige Förderverein Smart-Wood-Center OWL.

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