Seniorin nach der Impfung: „Ich würde jedem raten, sich impfen zu lassen“

Bad Salzuflen. Als das Angebot zur Covid-19-Impfung kam, musste Ursula Schüren (92) nicht lange überlegen. Seit zwölf Jahren lebt sie im AWO- Seniorenzentrum Feierabendhaus, ist an der Wenkenstraße längst heimisch geworden. &bdquo;Für mich stand im Vorfeld schon fest, dass ich mich auf jeden Fall impfen lasse", sagt sie. &bdquo;Ich habe die Einwilligung sofort unterschrieben." Am Nachmittag des 21. Januar sollte es dann soweit sein: Allgemeinmediziner und Internist Dr. Afif Hamoda und sein Team starteten die erste Impfrunde in der Einrichtung. Auch Ursula Schüren war mit dabei. Kommende Woche erhalten alle die zweite Spritze.

Aktuell leben 89 Bewohner, davon drei Kurzzeitpflegegäste, im Feierabendhaus. 68 haben sich impfen lassen. Wer in den vergangenen sechs Wochen an Corona erkrankt war, muss mit der Impfung noch ein wenig warten, erklärt Einrichtungsleiter Heiko Höflich. Acht Bewohner hätten sich bewusst gegen die Impfung ausgesprochen – oder ihre Bevollmächtigten haben es getan. &bdquo;Ich habe mit allen das Gespräch gesucht, aber leider hat es nicht immer gefruchtet. Das ist schade, aber wir müssen es so hinnehmen", sagt er.

Von 131 Pflegekräften haben sich 75 impfen lassen Auch von den Pflegekräften haben sich gut 30 Prozent gegen die Impfung entschieden – von insgesamt 131 Mitarbeitern haben sich bislang 75 impfen lassen. Auch mit ihnen hat sich Heiko Höflich ausgetauscht. &bdquo;Niemand ist grundsätzlich gegen die Impfung, doch einige wollen noch ein wenig warten. Es gibt teilweise Bedenken, weil der Impfstoff noch so neu ist", hat Heiko Höflich in den Gesprächen erfahren. Zur Impfung drängen wolle er niemanden, sagt er. Er selbst habe sich impfen lassen.

Ursula Schüren hat ihre Entscheidung bislang nicht bereut. Nebenwirkungen? Fehlanzeige. &bdquo;Ich hatte nur in der Nacht nach der Impfung ein wenig geschwitzt. Aber der Körper muss das Ganze ja auch erst verarbeiten", sagt sie. Die Impfung an sich sei in wenigen Minuten erledigt gewesen. &bdquo;Wir wurden alle abgeholt, dann hat der Doktor noch einmal unsere Einwilligung überprüft." Anschließend übernahm einer seiner Helfer die eigentliche Impfung. &bdquo;Man hat sich mit uns unterhalten, und dabei habe ich vom Einstich gar nichts gemerkt. Das war nun wirklich keine Zumutung", sagt Ursula Schüren. Zumal sie sich auch regelmäßig gegen Grippe impfen lasse.

Am Ende lief alles reibungslos Heiko Höflich ist froh, dass am Ende alles reibungslos abgelaufen ist – steckte doch enorm viel Organisations- und auch Personalaufwand hinter den drei ersten Impftagen. &bdquo;Vier Kollegen vom Sozialdienst haben die Bewohner in einer bestimmten Reihenfolge aus ihren Zimmern geholt, sie durch die Impfung begleitet und anschließend wieder zurückgebracht", sagt er. Dabei musste vor allem darauf geachtet werden, dass sich die Wohngruppen unterwegs nicht mischten und die einzelnen Bewohner so gekleidet waren, dass der Oberarm für die Impfung zügig freigemacht werden konnte.

Organisatorisch sei vor allem die Koordination der Termine der Mitarbeiter, die im Drei-Schicht-System arbeiten, eine Herausforderung gewesen. Nach den drei Tagen sei dann aber von allen Beteiligten eine große Last abgefallen. &bdquo;Es hing in den letzten Wochen eine gewisse Anspannung in der Luft. Jetzt haben alle das Gefühl, dass wir einen Schritt weiter sind. Es ist eine gewisse Erleichterung im Haus zu spüren", sagt Höflich.

Bislang habe es zwar einzelne Infizierte in seiner Einrichtung gegeben, jedoch weder einen größeren Ausbruch noch Bewohner, die an Corona verstorben sind. Er hofft, dass die Impfung künftig vor allem schweren Verläufen einer Covid-19-Erkrankung vorbeugt. &bdquo;Dann müssten sich Mitarbeiter und Bewohner weniger Sorgen machen und könnten auf einen leichten Krankheitsverlauf hoffen."

Ursula Schüren hat vor einer Infektion keine Angst. &bdquo;Hier in der Einrichtung wird sehr vernünftig mit der Situation umgegangen, alle sind sehr vorsichtig", sagt sie. Dennoch verbindet sie mit der Impfung auch eine gewisse Hoffnung. &bdquo;Ich würde jedem raten, sich impfen zu lassen. Es ist zumindest eine Chance auf ein normales Leben", sagt sie.

Neben dem Friseurbesuch fehlt ihr im Moment vor allem das tägliche Programm mit Sport, Musik oder Gedächtnistraining. Dazu die Sommer- oder Herbstfeste, der Karneval, das Tango-Tanzen beim monatlichen Tanztee. &bdquo;Man wusste jeden Tag, was ansteht." Jetzt liest sie viel, rätselt oder spielt am Computer. &bdquo;Einsam bin ich nicht, ich bin sehr selbstständig", sagt sie. Aber die Abende könnten schon mal lang sein, und nicht jeder Bewohner stecke die aktuelle Situation so gut weg wie sie, das ist ihr auch bewusst.

Mit Mundschutz und Rollator verlässt Ursula Schüren nach wie vor das Haus, dreht eine Runde durch den Kurpark oder erledigt Arztbesuche. Zurück in der Wohngruppe wird ab und an Mensch-ärgere-dich-nicht gespielt, oder sie liest anderen Bewohnern ein paar ihrer gesammelten Geschichten vor. &bdquo;Ich denke einfach positiv", sagt sie. &bdquo;Wir müssen jetzt das Beste draus machen." Aber sie kann es kaum erwarten, bis Angebote in größerer Runde wieder möglich werden. &bdquo;Auch wenn es vielleicht nicht mehr so wird wie vorher. Ich freue mich darauf."

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