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Letzte Chance für Montessori-Schule? Verein müsste ehemalige Grundschule in Retzen wohl kaufen

Sven Kienscherf

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Hat die Grundschule Retzen eine Zukunft als Montessori-Schule? Diese Frage wird aktuell diskutiert.  - © Alexandra Schaller
Hat die Grundschule Retzen eine Zukunft als Montessori-Schule? Diese Frage wird aktuell diskutiert.  (© Alexandra Schaller)

Bad Salzuflen-Retzen. Hat eine Montessori-Grundschule in Retzen noch eine Chance? Diese Frage stellt sich nach der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Schule und Bildung am Donnerstagabend. Wenn der Verein „Montessori Schule Lippe" die ehemalige Grundschule am Kirchweg künftig nutzen möchte, wird er das stark sanierungsbedürftige Gebäude aller Wahrscheinlichkeit nach kaufen müssen. Ob das eine Option ist, will der Verein in den kommenden Wochen prüfen.

Eigentlich hatte er gehofft, das Gebäude, das von der Stadt voraussichtlich bis 2022 übergangsweise als Kita genutzt wird, im Anschluss mieten zu können, um dort zunächst mit einer Klasse zu starten. Sie soll aus Schülern der Jahrgangsstufen 1 und 2 bestehen, wie es in einem Exposé des Vereins heißt. In den darauffolgenden Jahren soll jährlich eine Klasse mit circa 25 Schülern dazukommen, so dass die Montessori-Schule nach vier Jahren auf ihre endgültige Größe aus vier Klassen mit insgesamt rund 100 Kindern angewachsen wäre.

In der Sitzung des Bildungsausschusses machten vor allem Grüne und Freie Wähler noch mal klar, dass sie hinter der Idee stehen. Auch FDP und CDU sind nach wie vor für die Schule. Die SPD zeigte sich zumindest aufgeschlossen. Für eine Montessori-Schule in Retzen hatten sich auch der Kulturring und die Evangelisch-reformierte Kirchengemeinde im Ort stark gemacht, ebenso der Ortsausschuss Retzen-Grastrup.

Allerdings stellte die Verwaltung zu Beginn der Sitzung fest, dass einzig die Bezirksregierung Detmold über das Vorhaben entscheiden könne, da es sich um eine sogenannte Ersatzschule und nicht um eine öffentliche Schule handele. Die Stadt sei in diesem Fall also nicht der Träger, und damit sei der Ausschuss für Bildung und Kultur auch nicht zuständig, um über die Einrichtung einer Montessori-Schule zu befinden.

Immense Kosten

Katja Mönnigmann-Steinbeck, Leiterin des zuständigen Fachdienstes bei der Stadt, wies außerdem darauf hin, dass es sich bei der ehemaligen Grundschule um ein stark sanierungsbedürftiges Gebäude handele, das in Teilen vermutlich abgerissen werden müsse. Sie geht davon aus, dass in das Gebäude „erhebliche Summen" investiert werden müssten. Dies könnte die Stadt nicht für den Verein übernehmen, er könne das Gebäude aber kaufen.

Am Freitag gab es noch ein Treffen von Vertretern des Montessori-Vereins mit dem Bürgermeister. Im Anschluss sagte Stadtoberhaupt Dirk Tolkemitt gegenüber unserer Redaktion, er gehe von einer Größenordnung von 1 Million Euro aus, die in die ehemalige Grundschule investiert werden müsste. Aufgrund der immensen Kosten sei es nahezu undenkbar, dass die Stadt die Schule saniere und anschließend an den Montessori-Verein vermiete.

Damit die Stadt die Investition wieder hereinbekomme, müsste sich der Verein wohl um die 20 Jahre verpflichten, das Gebäude zu mieten, schätzte Tolkemitt. Und das im Monat zu einer vermutlich deutlich „vierstelligen Summe". „Das ist eine rein theoretische Option, aber keine praktische", so der Bürgermeister. Zumal die Stadt keine Gelder binden könne, die sie selbst für ihre eigenen Schulen brauche. Gleichwohl sei eine Montessori-Schule in Bad Salzuflen willkommen, betonte Tolkemitt.

Letztlich müsse aber die Bezirksregierung entscheiden, ob sie das Schulkonzept für schlüssig halte, und der Verein müsse sich um ein Gebäude kümmern. Die Stadt habe dem Montessori-Verein etwa sechs Wochen Bedenkzeit gegeben, um sich über einen eventuellen Kauf der ehemaligen Schule in Retzen Gedanken zu machen. Tolkemitt: „Wir stellen dem Verein ein Exposé des Gebäudes zur Verfügung, und natürlich ist auch ein Ortstermin möglich." Eine mögliche Kaufsumme nannte er nicht.

Caroline Adolph, Vorsitzendes des Montessori-Vereins, zeigte sich nach dem Treffen mit dem Bürgermeister dennoch erleichtert. „Jetzt haben wir zumindest Klarheit." Seit mehr als einem Jahr warte der Verein auf eine klare Positionierung der Stadt zu dem Vorhaben des Vereins. Dessen Mitglieder wollen sich jetzt in den kommenden Tagen zusammensetzen, um die Möglichkeiten eines Kaufs zu diskutieren.

Fest steht für Adolph: „Das geht nur mit einem Investor." Die Finanzierung müsse wasserdicht sein. Und wenn sich der Verein gegen den Kauf entscheidet? Adolph: „Dann gehen wir wieder auf Gebäudesuche in ganz Lippe."

Zügige Antwort verdient

Ein Kommentar von Sven Kienscherf

Im Oktober 2019 haben wir zum ersten Mal über die Idee des Vereins „Montessori Schule Lippe" berichtet, in der ehemaligen Grundschule Retzen wieder eine Grundschule einzurichten. In dem Ortsteil und darüber hinaus findet das Vorhaben seitdem viel Zuspruch: aus der Politik, von Vereinen, von der Kirche.

Eher skeptisch zeigte sich dagegen von Beginn an die Verwaltung. Mehr als ein Jahr hat es gedauert, bis der Verein eine Einladung bekommen hat, im Bildungsausschuss sein Projekt vorzustellen. Nur um dort mitgeteilt zu bekommen, dass der Plan wohl nicht aufgehen wird: Eine Anmietung des Gebäudes komme nicht infrage. Überdies sei für die Genehmigung der Schule nicht der Ausschuss zuständig, sondern die Bezirksregierung. Aus der Verwaltung heißt es zwar, das habe man dem Verein bereits zuvor in Telefonaten deutlich gemacht.

Bei den Vereinsmitgliedern ist das nach eigenem Bekunden jedenfalls nicht angekommen. So sollte man mit Bürgern, die etwas auf die Beine stellen wollen, nicht umgehen. Sie haben zumindest eine zügige und klare Antwort verdient, auch wenn diese vielleicht enttäuschend ist. Die hat der Bürgermeister nun gegeben. Ihm ist in der Sache kein Vorwurf zu machen, ist er doch erst seit kurzem im Amt. Klar ist jetzt, dass eine Grundschule in Retzen in weite Ferne rückt. Die Sanierung des Gebäudes dürfte für den Verein alleine kaum zu stemmen sein.

Kontakt: skienscherf@salzeagentur.de

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