Millionen für die Kurhaus-Sanierung - aber keine Einigkeit bei den Ideen

Bad Salzuflen. Viel Diskussionsbedarf hat es in der jüngsten Ratssitzung rund um die Kurhaussanierung gegeben. Die Verwaltung hatte dazu im Vorfeld eine erste Kostenanalyse und verschiedene Varianten einer möglichen Sanierung vorbereitet. Die war einigen Politikern aber noch nicht detailliert genug, andere brachten ganz neue Ideen ins Spiel. Ein Überblick.

Hintergrund Das Kurhaus ist, wie mehrfach berichtet, unter anderem was den Brandschutz angeht, dringend sanierungsbedürftig und kann derzeit nicht genutzt werden. Im März hatte die Verwaltung erste Ideen vorgestellt, das Gebäude zu einem zeitgemäßen Tagungs- und Kongresszentrum umzugestalten. Die Idee: Die Politik zieht mit ihren Rat- und Ausschusssitzungen als Ankermieter ins Kurhaus, hinzu kämen externe Tagungen. Damit würden im Rathaus Flächen frei, die zu Büroräumen umgewidmet und dem dortigen Platzbedarf Rechnung tragen könnten.

Drei Varianten Insgesamt hat die Verwaltung drei Varianten ausgearbeitet. In Variante 1 wird die Arkadenreihe des Anbaus in Richtung Gradierwerk erhalten und eine Dachterrasse geschaffen. Die Zurücknahme der beiden oberen Geschosse des Anbaus wäre ein &bdquo;Kompromiss zwischen einem vollständigen Abriss und einer vollständigen Sanierung", heißt es in der Beschlussvorlage. Variante 2 sieht einen kompletten Abriss des Anbaus vor, die Eingangssituation würde komplett neu gedacht. Die Dachterrasse aus Variante 1 würde reduziert.

Favorit der Verwaltung ist Variante 3: Dabei bleibt der Anbau vollständig erhalten, allerdings müssten alle drei Geschosse komplett saniert werden. Und das käme &bdquo;praktisch einem Neubau gleich", heißt es. Bei dieser Variante wären jedoch zusätzliche Räume im Anbau vorhanden, die etwa als Geschäftszimmer der Fraktionen genutzt werden könnten.

Hohe Kosten Eines steht fest: Der Umbau wird – auch aufgrund des hohen Sanierungsstaus – teuer. Liegt Variante 1, der Teilabbruch, bei rund 14 Millionen Euro, käme der Neubau des Eingangs von Variante 2 auf 12,2 Millionen. Variante 3 – die Wiederherstellung des Anbaus – liegt bei 14,5 Millionen Euro. Den Status quo zu erhalten und nur die Maßnahmen umzusetzen, die nötig sind, um das Kurhaus wieder in Betrieb nehmen zu können, hält die Verwaltung für &bdquo;nicht zielführend". Lägen die Kosten für die erforderlichen Maßnahmen, um die Substanz zu erhalten, in den kommenden zehn Jahren doch bei rund 8 Millionen Euro. Die derzeitigen Stillstandskosten belaufen sich jährlich auf rund 150.000 Euro.

Stimmen aus der Politik Schon im Vorfeld der Sitzung hatte das fraktionslose Ratsmitglied Dr. Johann Malcher einen Änderungsantrag formuliert. Zum einen weise die Kostenanalyse der Stadt seiner Ansicht nach einige Ungereimtheiten auf, zum anderen fehlten ihm darin die zu erwartenden Betriebskosten. Denn ein Tagungszentrum wirtschafte seiner Erfahrung nach fast immer defizitär. Er wolle zudem geprüft wissen, ob nicht die Stadtbücherei alternativ mit ins Kurhaus einziehen und das Tagungszentrum dann entsprechend kleiner ausfallen könnte.

Konkretere Zahlen fehlen auch der SPD – Fraktionsvorsitzender Ralf Wiebusch meldete daher Beratungsbedarf an. Man wolle erst noch einmal über die richtige Variante nachdenken. Zudem forderten die Sozialdemokraten, den frisch gewählten Kurdirektor Michael Feiler am Planungsprozess intensiv zu beteiligen. Und auch eine Bürgerbeteiligung könne man sich vorstellen. Dem schloss sich Sabine Reinknecht von der AfD an: &bdquo;Die Bürger müssen das Ganze bezahlen. Wir können nicht über deren Köpfe hinweg entscheiden."

Wiebke Kopsieker von den Grünen gab zu bedenken, dass aktuell noch kein eindeutiges Nutzungskonzept für das Gebäude vorliege und damit auch die weiteren Kosten noch nicht abzusehen seien. So laufe man Gefahr, später Mehrkosten zu produzieren.

Die FDP lehnte die Vorlage der Verwaltung in Gänze ab und plädierte ebenfalls dafür, erst einmal Michael Feiler als Fachmann ins Boot zu holen. Für reichlich Wirbel unter den übrigen Ratsmitgliedern sorgte dabei die Idee von Fraktionschefin Regina Perunovic, auch einmal darüber nachzudenken, das Kurhaus möglicherweise komplett zu entkernen, nur die historische Hülle zu erhalten und es im Inneren gänzlich neu aufzubauen. &bdquo;Ich halte das für wahnsinnig", kommentierte Michael Richter (CDU).

CDU-Fraktionsvorsitzender Volker Heuwinkel zeigte sich verwundert, wie wenig Vertrauen der Verwaltung seitens des Rates scheinbar entgegengebracht werde. Es sei doch vernünftig, dass das Rathaus umgebaut und das Kurhaus endlich angefasst werde – auch mit Blick auf die hohen Stillstandskosten. &bdquo;Wenn wir das Staatsbad entwickeln wollen, brauchen wir Tagungsräume", sagt er. Man müsse jetzt auch einmal an den Gast denken. &bdquo;Es muss dringend und schnell etwas mit dem Kurhaus passieren", befand auch Monika Prüßner-Claus von den Freien Wählern. Sie forderte einen Beschluss, damit die Verwaltung weiterarbeiten könne.

Fazit Und zu diesem Beschluss kam es am Ende auch – zumindest in Teilen. Der Beratungsbedarf der SPD wurde abgelehnt und die Ratsmitglieder stimmten am Ende mehrheitlich für den Umbau der Kurhauses in ein &bdquo;zeitgemäßes, multifunktionales und zukunftsfähiges Tagungs- und Kongresszentrum." Ebenso mehrheitlich stimmte der Rat zu, dass die Sitzungen der einzelnen Gremien künftig ins Kurhaus verlagert, des bisherige Ratsaal im Rathaus zu internen Besprechungsräumen umgestaltet und die Sitzungsräume im Rathaus zu Büroflächen umgewidmet werden.

Vertagt wurde die Entscheidung, welche Variante beim Kurhaus-Umbau letztendlich zum Tragen kommt, hier versprach die Verwaltung bis zu einer möglichen Sondersitzung des Rates im September noch einmal nachzubessern und konkretere Zahlen zu liefern.

Bürgermeister Dirk Tolkemitt war froh, dass sich die Ratsmitglieder am Ende doch noch zu einer Abstimmung durchringen konnten. Mit Wandelhalle, Kurtheater, Konzerthalle und Kurhaus habe man schließlich ein tolles Ensemble in der Stadt, das nach einer besseren Nutzung und Auslastung förmlich rufe.

"Mehr Tempo, bitte!" Ein Kommentar von Alexandra Schaller

Fast sah es so aus, als würde die Entscheidung, wie es mit dem Kurhaus weitergeht, auf den Herbst vertagt. Damit wäre erneut wertvolle Zeit ins Land gezogen. Am Ende haben sich die Ratsmitglieder dann aber doch noch durchgerungen, zumindest über einen Teil der zu beschließenden Punkte abzustimmen und damit immerhin eine Richtungsentscheidung für die Zukunft des Gebäudes getroffen. Zum Glück!

Seit mehr als einer Dekade beschäftigt sich die Politik mit dem Thema. Wie hat es Bürgermeister Dirk Tolkemitt doch recht treffend an die Ratsmitglieder gerichtet formuliert: &bdquo;Es mangelt Ihnen in dieser Stadt nicht an Konzepten. Sie haben nur eines immer vergessen: irgendein Konzept mal umzusetzen." Und Tatsache: Was war über die Jahre nicht alles im Gespräch für das Kurhaus – ein Bildungszentrum, ein &bdquo;Salzhaus", der Einzug der Staatsbad-Verwaltung, sogar ein Kasino. Passiert ist: nichts.

Und täglich grüßt das Murmeltier. Denn auch jetzt ploppen plötzlich wieder allerhand Ideen auf: die Komplettentkernung, der Einzug der Stadtbücherei, eine Bürgerbeteiligung oder vielleicht noch mal frühere Gutachten prüfen? Man will lieber noch mal überlegen, bevor man irgendwas entscheidet. Liebe Politik: Ihr überlegt seit vielen, vielen Jahren. Es wird Zeit, nicht immer nur zu reden, sondern endlich mal zu handeln. Gut, dass jetzt zumindest die Entscheidung gefallen ist, wo die Reise mit dem Kurhaus hingeht. Über die Details, das Bauliche, die Kosten, wird man sicher noch sprechen müssen. Aber bitte: mit etwas mehr Tempo. Es darf nicht noch mehr Zeit verloren gehen.

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