Doppelmord in Bad Salzuflen: Zeuginnen zeichnen „toxische“ Mutter-Sohn-Beziehung

Detmold/Bad Salzuflen . &bdquo;Toxisch". &bdquo;Boshaft". &bdquo;Verachtend". Die Worte, mit denen zwei Angehörige die Beziehung der getöteten Hofcafé-Betreiberin (84) zu ihren Söhnen beschreiben, zeichnen das Bild einer völlig kaputten Familie.

Am zweiten Prozesstag rund um den Doppelmord in Wülfer-Bexten versucht das Schwurgericht unter dem Vorsitzenden Richter Karsten Niemeyer, herauszufinden, wie die Situation auf dem Hof überhaupt so eskalieren konnte. Hier tötete der angeklagte Pferdewirt (59) am 4. September 2021 erst seinen älteren Bruder (62) und dann seine Mutter (84) per Genickschuss.

"Sie hatte zwei Gesichter" Sichtlich mitgenommen versucht die langjährige Freundin des Angeklagten, die schwierigen Familienverhältnisse zu skizzieren. Immer wieder muss die 60-Jährige innehalten. Als der Freund ihr die Taten am Abend danach gestanden hätte, habe sie es gar nicht glauben wollen. Der Salzufler habe immer alles getan, um das Café in Schuss zu halten, Torten gebacken und sich um den Hof gekümmert, dennoch sei er gegen die sprunghaften Meinungen der Mutter nie angekommen. &bdquo;Viele kamen mit ihr nicht klar, sie hatte zwei Gesichter", sagt seine Partnerin. In einen Brief an seine Mutter soll der Angeklagte einmal formuliert haben: &bdquo;So lange ich denken kann, machst du mir das Herz schwer." Die Zeugin trägt die Zeilen aus einer Mail vor. &bdquo;Du hast mit deinen Überheblichkeiten alle Behaglichkeit zerstört", wirft der Sohn darin seiner Mutter vor.

Eltern hätten vor Boshaftigkeit gestrotzt Dieses &bdquo;toxische" Verhältnis beschreibt auch die Witwe (56) eines bereits vor 30 Jahren verstorbenen Bruders. &bdquo;Mein Mann hat Selbstmord begangen, weil er die familiäre Situation nicht mehr ertragen hat", sagt die Berlinern, die der Familie vor Jahren den Rücken kehrte. Die Eltern hätten vor Boshaftigkeit gestrotzt und ihre Kinder abhängig gemacht. &bdquo;Es gab immer nur Druck und Vorwürfe, das war kein menschliches Verhältnis." Während seine Schwägerin spricht, nickt der Angeklagte zustimmend. Sonst zeigt er kaum eine Gefühlsregung, zum Auftakt hatte er bereits ein umfangreiches Geständnis abgelegt.

Dass er nur seinen beeinträchtigten Bruder (51) vor den Misshandlungen der Mutter schützen wollte, sieht die Lebensgefährtin (69) des Getöteten anders. Beide Opfer hätten Angst vor dem Angeklagten gehabt, sagt sie. Die Mutter hätte ihn gern ganz vom Hof gehabt. &bdquo;Mir war er auch immer suspekt."

Aus Sorge vor Demenz habe die Seniorin im März 2021 heimlich eine Verfügung aufgesetzt, nach der ihr älterer Sohn das Sagen über den Hof gehabt hätte. &bdquo;Wenn dein Bruder das erfährt, bringt er euch um", soll die Zeugin beiden gesagt haben. Die drei hätten nach dem Hofverkauf in ein Eigenheim ziehen wollen.

Staatsanwaltschaft Alexander Görlitz zieht als Motiv daher inzwischen auch Mord aus Habgier in Betracht. Deshalb soll noch der beauftragte Makler gehört werden. Nach einem Hinweis des Richters könnte aber auch eine Verurteilung wegen Totschlags infrage kommen. Das wird am letzten Prozesstag, 21. März, die zentrale Frage sein. Dann soll auch ein Urteil fallen.

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