Lippische Hotelkette Maritim verzichtet auf acht Standorte

Bad Salzuflen. Das Corona-Virus hat die gesamte Reisebranche und das Gastgewerbe in den vergangenen zweieinhalb Jahren hart getroffen. Auch die lippische Hotelkette Maritim, eines der größten deutschen Hotelunternehmen, wurde schwer erwischt. Von "dramatischen Umsatzeinbußen" spricht Martin Friedrich, der seit 2021 Finanzchef (CFO) in der Maritim-Zentrale in Bad Salzuflen ist. Von 409 Millionen Euro im Jahr 2019 sackten die Erlöse auf 178 Millionen Euro 2020 und nur noch 159 Millionen Euro 2021 - ein Rückgang um mehr als 60 Prozent. Die Hotelkette zog drastische Konsequenzen.

Nur dank "einschneidender Maßnahmen" bei den Hotel-Standorten und dank der staatlichen Corona-Hilfen, die allerdings stark verzögert angekommen seien, habe die Hotelgesellschaft stabilisiert werden können, so Friedrich. In Deutschland verfügt Maritim jetzt über 24 Standorte, nachdem hier acht Standorte aufgegeben werden mussten. Elf weitere Hotels betreibt die Kette in sechs Ländern im Ausland.

Jetzt wollen Friedrich und die beiden anderen Mitglieder der Geschäftsführung - Roland Elter und Erik van Kessel - wieder nach vorn schauen: "Seit Mai boomt das Geschäft sowohl im Privatkunden- als auch im Businessbereich", sagt Friedrich erleichtert. Statt des befürchteten zweistelligen Millionenverlusts sei für 2022 jetzt eine "schwarze Null realistisch". Dies sei aber "nur ohne neue Corona-Einschränkungen für die Hotellerie und ohne das Ausrufen der Notfallstufe im Notfallplan Gas" möglich.

Die Umsätze für 2023 sind angesichts der Krisen kaum vorherzusagen Friedrich, der als Finanzchef des Bielefelder Modeherstellers Seidensticker von 2014 bis Ende 2019 bereits OWL-Erfahrung gesammelt hat, sieht allerdings "neue Herausforderungen" auf das Unternehmen zukommen. Zwar seien die Planungen gut vorangekommen, auch in den Gesprächen mit den Banken, aber die drastischen Energiepreissteigerungen und die fälligen Tariferhöhungen müssten "erst einmal verdient werden".

Zugleich seien die Auswirkungen der Verunsicherung durch den Krieg in der Ukraine und die Inflation kaum absehbar. Schon jetzt werde das Buchungsverhalten aufgrund der unsicheren weltpolitischen Lage und der hohen Teuerungsrate zurückhaltender, beobachtet Operations-Geschäftsführer Erik van Kessel. Wie sich die Krisenlage auf die Preisgestaltung, das Buchungsverhalten und die Umsätze im Jahr 2023 auswirken, sei mit Blick auf den kommenden Winter kaum zu prognostizieren, so die Geschäftsführer.

"Wir planen für den Winter nicht mit zeitweiligen Schließungen wegen Energieknappheit", sagt Friedrich. Verschiedene Bereiche würden aber "aktiv gesteuert": Pool-Temperaturen könnten im vertretbaren Maße reduziert, Wellness-Angebote eingeschränkt werden. Auch der Betrieb einzelner Etagen oder Zimmer könne bedarfsweise angepasst werden. Ohnehin beschäftige sich Maritim schon seit Jahren mit Sparmaßnahmen für Energie- und Wasserverbräuche. Die Umstellung herkömmlicher Beleuchtung auf sparsame LED-Strahler gehöre zum Programm. Im Sommer 2022 sei obendrein eine spezielle Taskforce zur Bewältigung der Energiekrise eingerichtet worden. Trotz allem lasse sich die extreme Energiepreis-Entwicklung nicht komplett auffangen.

Drei Hotels wurden verkauft: "Entscheidungen sind uns sehr schwer gefallen" Um die Liquidität aufzubessern, aber auch aus strategischen Erwägungen, seien die bisher im Eigentum befindlichen Maritim-Häuser in Gelsenkirchen, Braunlage (Harz) und das Clubhotel Timmendorfer Strand verkauft worden. Aufgegeben hat das Unternehmen in den Corona-Jahren 2020 und 2021 außerdem den Betrieb des Hotels in Heringsdorf (Usedom), des Galerie-Design-Hotels in Bonn, des Hotels in Rheinsberg (Brandenburg) sowie des Hotels in Nürnberg.

Und auch der Pachtvertrag für das große Maritim-Hotel in Berlin, wo die Kette noch über ein anderes Haus verfügt, war zum Ende des Jahres 2020 aufgelöst worden. "Diese Entscheidungen sind uns sehr schwergefallen, sie waren aber nötig, um das Unternehmen zu stärken und damit Arbeitsplätze zu sichern", sagte dazu Monika Gommolla, Maritim-Gesellschafterin und Aufsichtsratschefin.

Es sei ihr sehr wichtig gewesen, dass alle Beschäftigten von den neuen Eigentümern der drei verkauften Häuser übernommen wurden, so die Detmolderin. In der Maritim-Gruppe sank die Zahl der Mitarbeiter durch die Abgabe von insgesamt acht deutschen Standorten sowie des Hotels in Teneriffa und eines von mehreren Häusern in China von einst mehr als 7000 auf weltweit nun rund 4900.

Neue Maritim-Hotels in Ingolstadt und Amsterdam Das komplette Führungsteam von Maritim schaut aber nach vorn und freut sich auf die nächsten Neueröffnungen: In Ingolstadt werde 2023 direkt an der Donau und fußläufig zur historischen Altstadt ein neues Maritim-Hotel mit 223 Zimmern und Suiten und einem großzügigen Wellnessbereich eröffnet. Das Haus verfüge über ein Kongresszentrum mit Platz für bis zu 2400 Teilnehmer.

Und in Amsterdam rücke mit einiger Verzögerung die nun für 2024 geplante Eröffnung des dann größten Maritim-Hotels näher - eines Vier-Sterne-Hauses mit 579 Zimmern im dritthöchsten Gebäude von Amsterdam, angegliedert an ein Tagungs- und Kongresszentrum mit 18 Sälen und Platz für bis zu 4400 Besucher. Das lippische Unternehmen plant langfristig, so Friedrich. Es sei für das Maritim in Amsterdam ein Pachtvertrag über 50 Jahre abgeschlossen worden.

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