Bad Salzuflen. Pünktlich steht Jannis Laghusemann in Regenjacke und mit blauem Beutel vor der Redaktionstür, gleich geht es mit dem Bus zurück nach Hause. Der 16-Jährige ist seit Kurzem neuer Vorsitzender des Ortsverbandes der Jungen Liberalen (JuLis) in Bad Salzuflen. Was er sich vorgenommen hat, verrät er im Interview.
Ihr Vorgänger Jan Lucas Frijns war gerade mal ein Jahr als Vorsitzender im Amt, jetzt haben Sie übernommen. Das ging flott
Jannis Laghusemann: Jan ist jetzt mein Stellvertreter. Er musste das Amt aus zeitlichen Gründen abgeben. Denn Zeit sollte man dafür schon mitbringen.
Welche Aufgaben fallen für Sie als Vorsitzenden an?
Jannis Laghusemann: Dazu gehört die gesamte Organisation des Ortsverbandes, die Kommunikation mit den Mitgliedern, die Planung, Umsetzung und mögliche Nachbereitung von Veranstaltungen im Vorstand, die Gesamtkoordination. Und wir bereiten Anträge vor und bringen sie ein – das ist für mich fast das Wichtigste.
Sie sind 16 Jahre alt, viele in Ihrem Alter haben andere Interessen als Politik.
Jannis Laghusemann: Ich finde es extrem faszinierend, sich direkt für seine Mitmenschen einzusetzen und sie proaktiv von seinen Ideen zu überzeugen. Man steht in einem Wettstreit um die besten Ideen und kann die Welt ein bisschen verbessern. Das sind die kleinen Erfolgsmomente, die zeigen, dass die Arbeit etwas bringt. Ich finde es schade, dass nur wenige Leute in meinem Alter dieses Hobby teilen.
Wie würden Sie denen die Politik schmackhaft machen wollen?
Jannis Laghusemann: Ich denke, man bräuchte weniger klassische politische Veranstaltungen, die auf den ersten Blick etwas langweilig und zäh wirken können. Weil da gehen nur Menschen hin, die sich sowieso schon für Politik interessieren. Wichtiger ist es, lockere Veranstaltungen anzubieten, wo ein breiteres Publikum angesprochen wird und man den Bogen zu den politischen Organisationen schlägt. Und man müsste stärker kommunizieren, welche Anreize es gibt: Dass man nämlich mitentscheidet und nicht alles von oben herab passiert.
Um junge Leute nach ihren Wünschen zu fragen, hatte die Stadt jüngst ein Jugendforum organisiert, Sie waren selbst dabei. Ihr Eindruck?
Jannis Laghusemann: Man hat gesehen, dass sehr viele Jugendliche in der Stadt mitwirken möchten. Es sind Ideen zusammengekommen, auf die die Stadt sonst nie gekommen wäre. Von daher glaube ich schon, dass politisches Interesse besteht und der Wille existiert, mitzuentscheiden.
Trotzdem waren Sie nicht ganz zufrieden.
Jannis Laghusemann: Ich fand es nicht ganz geglückt, weil es eher ein Ideensammeln war, ohne darüber zu diskutieren. Die Verwaltung ist jetzt quasi mit hunderten Ideen geflutet worden und dass davon etwas umgesetzt wird, ist eher unwahrscheinlich.
Und was wäre die bessere Option gewesen?
Jannis Laghusemann: Wünschen würde ich mir ein Jugendparlament. Hinter jedem Beschluss, der dort gefasst wird, steht dann die Mehrheit der Salzufler Jugendlichen. Ein solcher Beschluss hätte zumindest in der Theorie eine viel größere Wirkung als eine einzelne Idee, die unreflektiert in einem Jugendforum geäußert wird. Auf Initiative der JuLis haben wir mit den anderen Jugendorganisationen einen Antrag für ein Jugendparlament formuliert, der den Fraktionen auch schon vorliegt. Ich glaube, dass man damit die breite Masse der Jugendlichen abholt.
Sie arbeiten mit den anderen Jugendorganisationen zusammen?
Jannis Laghusemann: Mit den demokratischen haben wir eine sehr enge Zusammenarbeit, wir laden uns gegenseitig zu Veranstaltungen ein und bringen so neue Sichtweisen in Debatten. Aber da geht noch mehr. Schließlich haben Anträge, die von uns gemeinsam gestellt werden, mehr Durchschlagskraft als solche, die wir allein stellen würden.
Schauen wir mal auf Bad Salzuflen. Was fehlt der Stadt in Bezug auf Jugendliche?
Jannis Laghusemann: Ich fühle mich hier sehr wohl und finde, dass die Stadt oft ein wenig schlecht geredet wird. Aber es gibt noch Potenzial. Mir fehlt zum Beispiel ein Treffpunkt für Jugendliche, wo man sich austauschen kann. Bei den Jugendtreffs steht man auch oft vor verschlossener Tür.
Die Digitalisierung war euch auch immer eine Herzensangelegenheit.
Jannis Laghusemann: Ein riesiger Punkt für uns ist das Schüler-WLAN, das in den Schulen nach wie vor fehlt. Ich finde das sehr traurig, weil ich das Gefühl habe, wir werden damit einfach ignoriert. Dabei können wir ohne WLAN nicht nachhaltig effektiv in der Schule arbeiten.
Und sonst?
Jannis Laghusemann: Das ÖPNV-Netz könnte verbessert werden. Einerseits geht es um eine engere Taktung, andererseits fehlt nach wie vor die Anbindung nach Bielefeld, gerade aus den Ortsteilen. Ich wohne in Lockhausen und für mich ist es einfacher mit dem Bus nach Herford und von da aus mit der Bahn nach Bielefeld zu fahren als einfach direkt von zuhause aus.
Haben Jugendliche in Salzuflen genug Mitspracherecht, wenn es um solche Wünsche geht?
Jannis Laghusemann: Immer noch zu wenig, auch wenn mir das Jugendforum Hoffnung gemacht hat. Man könnte noch mehr auf Jugendliche zugehen, wir könnten von der Verwaltung mehr gehört werden. Ich fühle mich teilweise nicht richtig ernst genommen.
Gilt das auch intern für die Salzufler FDP?
Jannis Laghusemann: Da werden wir definitiv ernst genommen und haben eine Stimme, die Zusammenarbeit ist da. Aber auch die möchte ich noch ausbauen.
Wir müssen nochmal über Ihre Frauenquote bei den JuLis sprechen. Im Vorstand sind weiterhin keine Frauen in Sicht.
Jannis Laghusemann: Das Problem gibt es, das will ich gar nicht wegdiskutieren. Ich glaube, es liegt an der fehlerhaften Darstellung und Kommunikation nach außen, die oft noch sehr auf Männer gerichtet ist. Da ist im vergangenen Jahr nicht genug passiert. Daher habe ich mir das auf die Agenda geschrieben.
Wie wollen Sie das angehen?
Jannis Laghusemann: Wir müssen Themen ansprechen und Veranstaltungen anbieten, die für Frauen relevant sind und eher auf sie als auf Männer ausgerichtet sind. Schließlich sollen sich auch Frauen in der Politik wiederfinden. Aber: Ich bin trotzdem gegen eine Frauenquote. Für mich zählt das Können, nicht das Geschlecht.
Ein brandaktuelles Thema in der Stadt ist die Zusammenlegung der Schötmaraner Grundschulen. Ihre Meinung dazu?
Jannis Laghusemann: Den Neubau der Grundschule halte ich aus finanziellen und unter pädagogischen Gesichtspunkten für absolut sinnvoll.
Warum sind die jungen Liberalen und damit im Endeffekt auch die FDP die richtige Partei für Sie?
Jannis Laghusemann: Individualismus ist für mich sehr relevant. Ich finde, die große Entscheidungsfreiheit sollte beim Individuum liegen und nicht beim Staat. Daher fühle ich mich bei den JuLis und der FDP am besten aufgehoben.
Persönlich
Jannis Laghusemann ist 16 Jahre alt, lebt mit seiner Familie in Lockhausen und geht in die Q1 am Rudolph-Brandes-Gymnasium. Dort ist er als Schülersprecher aktiv, privat spielt er gerne Klavier und geht Laufen.
Mit 14 wurde er Mitglied bei den Jungen Liberalen (JuLis), mit 16 FDP-Mitglied. Seit Mai 2023 ist er stellvertretender Kreisvorsitzender der JuLis in Lippe, seit Juli Vorsitzender des Salzufler Ortsverbandes. Derzeit hat der etwa 25 Mitglieder, ein Kontakt ist über Instagram oder per Mail an jannis.laghusemann@julis.de möglich. Die Treffen finden einmal im Monat an wechselnden Terminen statt.