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Bad Salzufler Galerie Greve wird zum Reich der Facetten

Hajo Gärtner

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Bei der Vernissage: Das Ehepaar Albert und Professorin Dr. Ulrike Detmers, Künstler Ippazio Fracasso, Galerist Andreas Greve, Sopranistin Claudia Oddo und Bürgermeister Dirk Tolkemitt (von links). - © Hajo Gärtner
Bei der Vernissage: Das Ehepaar Albert und Professorin Dr. Ulrike Detmers, Künstler Ippazio Fracasso, Galerist Andreas Greve, Sopranistin Claudia Oddo und Bürgermeister Dirk Tolkemitt (von links). (© Hajo Gärtner)

Bad Salzuflen. Abstrakt gemalte Bilder müssen nicht zur Ratlosigkeit des unvoreingenommenen Betrachters führen, der immer aus der Realität kommt und alles, was er sieht, an diesem Maßstab ausrichtet. Abstrakte Kunst sieht sich also immer mit dem Vorwurf konfrontiert, abgehoben und realitätsentrückt zu artikulieren und so einer großen Zahl von Betrachtern ein „Buch mit sieben Siegeln“ zu bleiben. Nicht so Ippazio Fracasso: Er hat einen Mal- und Inszenierungsstil entwickelt, den er „Concrescismo“ nennt, was so viel bedeutet wie „Zusammen-, Mit- und Ineinanderwachsen“.

„Der Begriff umschreibt die Verbindung von Traditionen und Moderne, Figürlichkeit und Abstraktion sowie Farbigkeit und Raumgestaltung sowohl als Bild wie auch als Installation in unterschiedlich formalen Kombinationen“, erläutert Professorin Dr. Ulrike Detmers in ihrer Einführung in Fracassos Werk im Rahmen der Vernissage zur Werkschau „Facetten-Reich“ in der Galerie Greve.

Detmers sammeln Fracassos Werke seit 30 Jahren

Mehr als hundert Schaulustige sind gekommen und füllen alle Räume und Ecken der Galerie bis in den Flur hinaus. Albert und Ulrike Detmers schätzen die Kunst Fracassos hoch ein und besitzen fast 100 Exponate des gebürtigen Italieners, die sie in mehr als 30 Jahren gesammelt haben und in ihren eigenen Galerien (Obernbergstraße und Kunstvilla im Johannistal, Bielefeld) ausstellen.

Weil Ipazzio Fracasso trotz abstrakter Intention figürlich arbeitet, erzählen seine Werke Geschichten, deren Motive aus Mythen, Legenden und Charakteren entliehen sind. Dabei ist der Maler kein Kleinkrämer, sondern arbeitet gern monumental, in großen Formaten. Häufig mit dreidimensionalen Farben, monumentalen Ausmaßen und übersteigerten Raumkonstruktionen. Wie im Monument „Pagasus“, das in der Galerie Greve noch bis zum 22. September zu bewundern ist.

Ipazzio Fracasso hat sich in seiner Künstler-Definition treffend selbst portraitiert: „Ein Künstler lebt seinen Bildern zugewandt, wenn er malt oder sich mit ihnen auseinandersetzt. Sie sind seine Partner; seine Kinder, seine Hoffnung und manchmal auch sein Ärger: wenn er meint, sein eigenes Ungenügen in ihnen gespiegelt zu sehen.“

Bescheidenheit erinnert an Franz Kafka

Von Unvermögen kann bei diesem Meister nun wirklich keine Rede sein. In seiner Bescheidenheit erinnert er ein wenig an Franz Kafka, der sein Werk verbrannt wissen wollte, weil er glaubte, seinen überschießenden Ansprüchen nicht genügen zu können. Tatsächlich aber gilt Kafka als der größte Dichter des 20. Jahrhunderts.

Sopranistin Claudia Oddo eröffnete die Vernissage stilvoll mit einem Song, den sie zusammen mit ihrem Freund für dieses Kunst-Ereignis komponiert hatte: „Addo del Passato“, ein „Crossover-Song“, der Fracasso zu einem „Art Music Video“ in seinem unverwechselbaren Stil angeregt hat.

Der Titel „Facetten-Reich“ wirkt durch seine Orthographie vieldeutig: Auf der einen Seite betont er den Facettenreichtum von Fracassos Kunstschaffen; auf der anderen Seite lädt er zur Betrachtung der Vielgestaltigkeit der Lebenswelt ein.

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