Salzuflens Bürgermeister über Gebühren, den Zustand des Tourismus und Kritik, die nervt

Bad Salzuflen. Im kommenden Jahr will sich Bürgermeister Dirk Tolkemitt (CDU) erneut zur Wahl stellen. Im Sommerinterview wirft er einen Blick zurück und einen voraus.

Herr Tolkemitt, das Anwohnerparken wird teurer, die Gebühr für entwässerungstechnische Genehmigungen steigt und, und, und. Was ist Ihre gute Nachricht in diesem Sommer für die Bad Salzuflerinnen und Bad Salzufler?

Dirk Tolkemitt: Die gute Nachricht ist, dass wir in einer wunderbaren Stadt leben mit einem tollen Ambiente. Das Geld wird 1:1 hier in die Stadt investiert. Die Welt ist nicht an uns vorbeigegangen: Die Teuerungsraten von zum Teil 20 Prozent müssen auch wir bezahlen, zudem gab es im öffentlichen Dienst Lohnsteigerungen, die wir tragen müssen.

Im Haushalt klafft ein zweistelliges Millionenloch, so wie in vielen anderen Kommunen auch. Macht Gestalten so Spaß?

Dirk Tolkemitt: Bis jetzt haben wir es zumindest gut geschafft, dass wir noch selbst gestalten können. Wir wollen nicht in ein Haushaltssicherungskonzept, denn dann ist Gestalten kaum noch möglich. Die Rahmenbedingungen werden sich ab 2025 noch mal deutlich verschlechtern, wenn Finanzminister Lindner die Entlastung bei der Lohn- und Einkommenssteuer durchsetzt, denn dann bekommen auch die Kommunen weniger Geld.

Erstaunlich reibungslos scheint es mit dem Umbau des Kurhauses voranzugehen. Sind Sie selbst überrascht?

Dirk Tolkemitt: Nein, weil wir einen Generalunternehmer beauftragt haben, der uns das Gebäude schlüsselfertig übergibt. Wir gehen weg vom kleinklein, bei dem wir 400 Einzelmaßnahmen ausgeschrieben haben. Wenn dann ein Unternehmen nicht kommt, muss man ein neues suchen und der gesamte Zeitplan verzögert sich, so wie bei der neuen Hauptfeuerwache. Die Ausschreibung für einen Generalunternehmer ist zwar zunächst aufwendiger, aber das wird der Weg sein, den wir künftig gehen wollen.

Ein paar Meter weiter wartet das Kurtheater auf Abriss oder Sanierung. Der Rat hat sich noch nicht entschieden. Sie selbst waren in der Vergangenheit für eine Sanierung. Steht das noch?

Dirk Tolkemitt: Ich denke, dass das Gebäude Kurtheater für kulturelle Veranstaltungen bleiben muss, aber zur Ehrlichkeit gehört, dass wir im Umkreis von 40 Kilometern sieben Theater haben. Wenn wir das Kurtheater sanieren wollen, werden wir überschlägig sicher wieder bei 15 bis 18 Millionen Euro liegen. Wir müssen also gute Ideen haben, wie wir das Theatergebäude bespielen, damit Leute kommen. Abgesehen davon, dass ein Stadttheater immer ein hochdefizitäres Geschäft ist. Wir lassen derzeit eine Marktanalyse erstellen und ich bin sehr gespannt, welches Ergebnis diese hat und ob es noch zusätzliche Nutzungsideen gibt. Dann muss die Politik entscheiden.

Bleiben wir bei Bad Salzuflen als Kur- und Tourismusort. Im Sommerinterview 2023 haben Sie eingeräumt, dass es dort nicht ideal läuft und besser werden soll. Getan hat sich seitdem nicht viel.

Dirk Tolkemitt: Das sehe ich anders. Das ist Kritik, die immer von einer Seite kommt, nämlich vom Kur- und Touristikverein. Wir geben jährlich mehr als vier Millionen für den Tourismus aus, wir haben das Markenkonzept sowie die Stadt- und Tourismusmarke neu entwickelt. Und wenn das Kurhaus als Tagungszentrum fertig ist, wird das noch mal ein Motor für die Gästezahlen sein. Wir planen und bezahlen jährlich eine Vielzahl von Veranstaltungen für die Attraktivität der Stadt. Momentan gehen zwei Drittel der Übernachtungen auf das Angebot der stationären Kliniken zurück, dann spielt natürlich der Messetourismus eine Rolle. Es würde mich sehr freuen, wenn vom Kur- und Tourismus e.V. nicht nur Kritik käme, sondern dieser sich aktiv an Veranstaltungen und mit eigenen besonderen Aktivitäten beteiligen würde, um den Standort noch attraktiver zu machen.

Die Hoteliers beklagen auch, bei Entscheidungen wie der Erhöhung der Kurtaxe nicht rechtzeitig mit eingebunden worden zu sein, sodass die Werbeprospekte bereits gedruckt waren, allerdings mit überholten Zahlen.

Dirk Tolkemitt: Wir machen auch nicht alles richtig und müssen auch an der ein oder anderen Stelle dazulernen. In dem Fall ist es nicht gut gelaufen. Andererseits sind die Zahlen nicht vom Himmel gefallen. Man hätte schon mitbekommen können, dass die Politik über eine Erhöhung diskutiert.

Auch aus der Opposition vernimmt man bisweilen, dass Sie weder Rat noch Bürger wirklich mitnehmen.

Dirk Tolkemitt: Also, bis auf die SPD stimmen ja meistens alle für die Verwaltungsvorlagen. Darüber hinaus lade ich ständig zu interfraktionellen Runden ein und ich gehe auch in die Fraktionen, wenn ich eingeladen werde. Und da erzähle ich auch ein bisschen mehr zu Hintergründen und Vorschlägen. Allerdings geht es in der Politik um Mehrheiten und dafür reicht manchmal eine Stimme. Manche können vielleicht nicht so gut damit umgehen, wenn sie unterliegen.

Man kann es also nicht allen recht machen.

Ich will aber auch eins sagen: In dieser Stadt ist jahrelang alles kaputt diskutiert worden, um alles und jeden mitzunehmen. Manchmal muss man auch vorangehen und Entscheidungen treffen. Die Bagger für ein Ärztehaus auf dem ehemaligen Klinikgelände an der Parkstraße rollen in den nächsten Tagen an, das Kurhaus und die Festhalle Schötmar werden gerade gebaut und mittlerweile haben wir eine hundertprozentige Deckung bei den Kita-Plätzen, sind LEADER-Kommune und wir bauen weiter. Meinen Sie, alles das wäre möglich, wenn wir nicht auch in der Lage wären, gemeinsam schnelle und klare Entscheidungen zu treffen?

Bleibt der Vorwurf, dass Sie die Bürgerinnen und Bürger nicht mitnehmen.

Dirk Tolkemitt: Auch das ist falsch und wird immer so behauptet. Ich selbst habe zu 10 Bürgerversammlungen eingeladen oder an solchen teilgenommen. Dazu kommen Dorfwerkstätten und Gespräche mit Bürgern und Nachbarschaften. Dass es eine Einigung mit den Anwohnerinnen und Anwohnern des Gewerbegebiets Lockhauser Straße gegeben hat, lag daran, dass wir da gemeinsam eine Lösung gefunden haben. Ich stelle fest, die Bürgerinnen und Bürger brennen für ihre Ortsteile, sie kommen aber nicht zu Gremien wie den Ortsausschüssen.

Stichwort Ortsausschüsse. Die gegenwärtige Regelung ist nicht rechtskonform, von der Verwaltung vorgeschlagene Alternativen wurden abgelehnt.

Dirk Tolkemitt: Mittlerweile ist das Thema über alle Parteigrenzen hinweg so belastet, dass es offenbar politisch derzeit keine Lösung gibt. Es gibt seitens der Parteien auch keine mehrheitsfähigen Vorstellungen, was man eigentlich will. Zudem bräuchte man für eine Satzungsänderung eine Zweidrittelmehrheit.

Gebaut werden soll auch eine neue Grundschule. Wasserfuhr und Kirchplatz werden zusammengelegt. Aber die Verhandlungen beim angedachten Grundstück am Lohfeld scheinen sich schwierig zu gestalten.

Dirk Tolkemitt: Der Bürgermeister und die Eigentümerin sind zu einer Einigung gekommen (lacht). Wir erarbeiten derzeit eine Vorlage für die Politik, die dann entscheiden muss, ob sie damit so einverstanden ist.

Sie haben bereits angekündigt, dass Sie 2025 wieder zur Wahl antreten. Mit welchem Slogan ziehen Sie in den Wahlkampf?

Dirk Tolkemitt: Ich habe von Anfang an gesagt, dass ich meine Arbeit auf zehn Jahre anlege. Wir haben einiges geschafft und es gibt auch noch viel zu tun. Wir sind dabei, eine städtische Wohnungsgesellschaft zu gründen, weitere Gewerbeansiedlungen an der Siemensstraße zu erschließen, den Tourismusstandort weiter auszubauen, die Britensiedlung zu entwickeln, die Schulen auszubauen. Dazu wollen wir den Leerstand in der Innenstadt in den Fokus nehmen.

In Lemgo hatten Sie als Kämmerer zwar viel Einfluss, in Bad Salzuflen stehen Sie als Bürgermeister aber ganz vorne und werden bisweilen auch für Dinge verantwortlich gemacht, für die Sie nichts können. Nervt das?

Dirk Tolkemitt: Ja! Ungerechtigkeiten haben mich schon immer genervt, das nehme ich auch mit ins Bett. Das wird sich wohl auch nicht mehr ändern. Vor allem macht es aber Spaß, draußen unterwegs zu sein und angesprochen zu werden, zu gestalten und Ideen zu entwickeln.

Zum Abschluss: Auf was sind Sie besonders stolz, was Sie als Bürgermeister bislang erreicht haben?

Dirk Tolkemitt: Besonders stolz bin ich, dass es uns gelungen ist, die Mitarbeitenden der Verwaltung mitzunehmen und zu begeistern. Wenn die keine Lust hätten, wäre die Vielzahl der Projekte gar nicht machbar. Ich weiß, dass viele an die Belastungsgrenze gehen und manche noch darüber hinaus und sie jeden Tag einen guten Job machen.

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