Kalletal-Varenholz. Seine Fähre ist für Martin Deppe nicht nur ein Verkehrsmittel, sondern ein Weg, um Menschen zu verbinden: Er selbst ist seit 2012 Fährmann, doch die Geschichte der Weserfähre zwischen Varenholz und Veltheim reicht sogar bis ins 17. Jahrhundert zurück. Laut Informationen der Gemeinde Kalletal wurde sie im Jahr 1661 erstmals erwähnt, soll aber bereits früher existiert haben. Besonders zur Zeit der Industrialisierung sei ihre Bedeutung groß gewesen. Heutzutage werden in Varenholz allerdings keine Güter oder Autos über den Fluss transportiert: Seit 1959 werden nur noch Personen übergesetzt - und natürlich auch ihre Fahrräder. „Die meisten Menschen kommen in den Sommerferien“, berichtet Martin Deppe. Denn dann seien die Campingplätze im Einzugsgebiet voll und viele Radwanderer, Spaziergänger und Familien im Weserbergland unterwegs. „Aus den Dörfern kommen eigentlich immer nur dieselben Leute“, berichtet Deppe, der sich über mehr ortsansässige Passagiere freuen würde. Wie wird man Fährmann? Doch wie wird man eigentlich Fährmann? Deppe hatte im Jahr 2012 eigentlich nur vor, als Aushilfe einzuspringen, als die Arbeit für den damaligen Fährmann Alfred Huck aus Minden zu viel wurde und dieser darüber hinaus um die Verlängerung seines Patents bangen musste, da er Probleme mit den Augen hatte. „Wolfgang Pape, der damalige Vorsitzende des Heimat- und Verkehrsvereins hat mich dann gefragt, ob wir nicht gemeinsam das Patent machen wollen“, erinnert sich Deppe. Dafür musste das Duo 90 Lehrtage auf der Fähre verbringen und eine Prüfung absolvieren. Eine Weile waren beide gemeinsam mit Huck im Einsatz und halfen aus. Doch bereits 2015 stand Deppe alleine da, als beide Kollegen aus gesundheitlichen Gründen aufgeben mussten. „Da bin ich sechs Monate alleine gefahren“, berichtet Deppe. Huck kehrte zwar noch einmal für etwa ein Jahr auf die Weser zurück. Doch dann war für ihn endgültig Schluss. „Ich hab dann erst mal zwischen Hessisch Oldendorf und Bad Oeynhausen Schilder mit der Aufschrift ,Fährmann gesucht’ aufgehängt“, berichtet Deppe, der auf diese Weise zwei neue Kollegen anwerben konnte. „Das hat sich dann noch alles hingezogen“, so Deppe weiter. Mittlerweile ist auch seine Lebensgefährtin als Fährfrau mit an Bord. „Wir sind jetzt also zu viert“, fasst er die aktuelle Personalsituation zusammen. Kalletal übernahm im Jahr 2014 Ein Vollzeitjob ist die Arbeit auf der Fähre allerdings nicht. Zwar ist Deppe mittlerweile in Rente, doch viele Jahre setzte er die Passagiere nebenberuflich über die Weser. „Ich hatte da auch den passenden Job, ich weiß nicht, ob ich sonst gekonnt hätte“, sagt Deppe, der als gelernter Schlosser die letzten Jahre seines Berufslebens im sozialen Bereich verbrachte und als Heilerziehungspflegehelfer und Schulbegleiter tätig war. Die Gemeinde Kalletal übernahm die Fährrechte und damit auch den Betrieb im Jahr 2014 von der Stadt Porta Westfalica, als diese aus finanziellen Gründen die Segel für den Fährverkehr streichen musste. Dass der Betrieb weitergehen konnte, war laut Deppe auch ein Verdienst des damaligen Bürgermeisters Andreas Karger, der sich für das Thema eingesetzt hatte. Auch heute sei der Rückhalt für die Fähre bei Gemeinde und Bürgermeister groß. „Das ist nicht selbstverständlich“, lobt Deppe. Ein neues Schiff Im Jahr 2018 wurde dann sogar ein neues Schiff angeschafft, dass eigens für den Fährbetrieb in Varenholz konstruiert und aus Leader-Mitteln finanziert wurde. Seitdem sind eine barrierearme Überfahrt und der Transport von E-Bikes möglich. Letzteres hat laut Deppe den Passagierzahlen gutgetan. Denn die Elektroräder sind beliebt, aber auch schwer. Sie auf die alte Fähre zu heben sei kaum möglich gewesen, während sie heute bequem an Bord geschoben werden. An guten Tagen setzt Deppe 100 bis 150 Personen über. Am ersten Mai, der mit sommerlichen Temperaturen daherkam, waren es sogar etwa 400 Passagiere. „Immer wenn die Sonne hochsteht, kommen die Leute“, berichtet Deppe. Bis Ende Oktober ist die Fähre am Wochenende und an Feier- und Brückentagen von 10 Uhr 17.45 Uhr im Einsatz. Darüber hinaus können während der Woche Gruppenfahrten bei der Gemeinde Kalletal gebucht werden. Mit einer eigenen App können die Passagiere sich auch vorab informieren, ob der Betrieb stattfindet. Das hängt auch vom Wetter ab, bei starkem Süd-West-Wind oder Hoch- und Niedrigwasser kann das Schiff nicht ablegen. Die Gierseilfähre verfügt über keinen Motor, sondern wird von der Strömung über den Fluss bewegt. „Wenn der Wind richtig stark ist, reicht das einfach nicht aus“, berichtet Deppe. Deshalb stehe auch die Überlegung im Raum, zumindest einen kleinen Hilfsmotor anzuschaffen, der in solchen Fällen als Unterstützung genutzt werden könne. Unterstützung bekommt Deppe auch vom Heimatverein Veltheim. „Die helfen uns bei allem und wenn was zu machen ist, sind die ruckzuck da“, berichtet der Fährmann, der in diesem Umstand ein gutes Beispiel für die verbindende Wirkung der Fähre sieht. Traditionell seien die Vereine und Bürger auf den gegenüberliegenden Uferseiten nicht gut vernetzt. Denn trotz räumlicher Nähe sind die gewöhnlichen Wege zueinander weit.