Deswegen ist in Blomberg die Skepsis gegenüber hybriden Ausschusssitzungen groß

Blomberg. Videokonferenzen haben in Zeiten der Corona-Pandemie an mehr Bedeutung gewonnen. Auch über die Krise hinaus spielt das Thema Homeoffice weiterhin eine große Rolle - selbst in Bereichen, in denen es noch vor Corona kaum denkbar gewesen wäre. Doch wie sieht es mit der Lokalpolitik aus? Ist auch diese online möglich?

Zumindest hat der Gesetzgeber die Voraussetzungen in Nordrhein-Westfalen geschaffen, hybride Sitzungen durchzuführen. Das bedeutet: Ein Teil der Gremienmitglieder ist persönlich vor Ort, die anderen werden über den Bildschirm zugeschaltet. Auch die Blomberger Grünen sehen in dieser digitalen Lösung eine Chance. Bei den anderen Fraktionen hingegen überwiegt noch die Skepsis.

Bessere Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Ehrenamt Sollte erneut eine Notstandslage ausbrechen, sei man weiterhin flexibel und handlungsfähig, begründete Kathrin Zimmer, Fraktionsvorsitzende der Grünen, den Antrag auf die dafür erforderliche Änderung der Hauptsatzung. Zudem hätten alle Parteien und Fraktionen mit Nachwuchsproblemen zu kämpfen. Das Ehrenamt würde durch die Möglichkeit, hybride Sitzungen abhalten zu können, attraktiver werden, denn so könne man eine bessere Vereinbarkeit von Beruf, Familie und kommunalem Ehrenamt gewährleisten.

CDU-Chef Friedrich-Wilhelm Meier befürchtet jedoch, dass der Ausschussvorsitzende mit den Gästen dann künftig allein im Rathaussaal sitzen könnte. &bdquo;Wir verstehen unser Ratsmandat so, dass wir bürgernah und erlebbar sind.“ Für den Fall, dass jemand nicht an der Sitzung teilnehmen kann, gebe es die Vertreterregelung, führte er weiter aus. Wenngleich hybride Sitzungen den Zeitgeist treffen würden, seien für die CDU-Fraktion dabei noch zu viele Fragen offen.

Leerer Rathaussaal wird befürchtet &bdquo;Einige Bedenken haben wir intern auch abgewogen, bevor wir den Antrag gestellt haben“, berichtete Zimmer. Die Angst, dass der Rathaussaal mit der Möglichkeit der hybriden Sitzungen leer bleiben könnte, habe sie allerdings nicht: &bdquo;Ich denke, dass wir hier in Blomberg unser Mandat alle sehr ernst nehmen und immer wenn es uns möglich ist, persönlich herkommen.“ Sie selbst sei auch ein großer Freund davon, sich bei Gesprächen in die Augen schauen zu können. &bdquo;Es kann aber Ausnahmefälle geben. Ich glaube, sich hier dem Zeitgeist und der Digitalisierung zu verschließen, ist gerade nicht angebracht.“

&bdquo;Es gibt sicherlich Argumente, die dafür und die dagegen sprechen“, sagte SPD-Fraktionsmitglied Timo Möller. Jedoch hätten die Blomberger Sozialdemokraten große Zweifel, ob der rege Austausch mit hybriden Sitzungen erhalten werden könne. Ein weiteres Problem sehen sie in der schlechten Internetverbindung in einigen Ortsteilen. FDP-Fraktionsvorsitzender Hans-Adolf Albrecht erinnerte daran, wie glücklich alle nach den Corona-Beschränkungen gewesen seien, sich wieder in Präsenz treffen und die Diskussionskultur in Gang bringen zu können. Hybride Sitzungen stehe er daher skeptisch gegenüber.

Bürgermeister Christoph Dolle berichtete, dass der Verwaltungsvorstand auch nach Rücksprache mit dem Digitalbeauftragten immer noch große Fragezeichen hätte. Dies betreffe nicht die Sinnhaftigkeit in Notsituationen, wie er betonte. Dazu gebe es in ganz NRW bisher noch keine Regelung, da müsse nachgebessert werden. Die hybriden Sitzungen aber allgemein zu ermöglichen, sehe er hingegen skeptisch, unter anderem wegen der Sicherheit.

Stadt sieht Probleme beim nicht-öffentlichen Teil Dolle erklärte, dass er damit weniger die Lizenzprodukte meine, was ein sicheres Abstimmen betrifft. Zur Erklärung: Für die hybriden Sitzungen dürfen ausschließlich die von der Gemeindeprüfungsanstalt Nordrhein-Westfalen (gpaNRW) zugelassenen Videokonferenzsysteme und Abstimmungstools genutzt werden. Doch wie sehe es mit dem nicht-öffentlichen Teil der Versammlung aus?

Die Stadt könne nicht die Verantwortung dafür übernehmen, ob etwa jemand seinen Freundeskreis dazu eingeladen hätte. &bdquo;Natürlich reden wir hier über Vertrauen, aber wir reden auch darüber, dass die Beschlüsse anfechtbar sind, wenn Rahmenbedingungen nicht eingehalten werden“, so der Bürgermeister. Die Landesregierung hat zwar Haupt-, Finanz- und Rechnungsprüfungsausschüsse sowie Ratssitzungen von den hybriden Sitzungen ausgenommen, jedoch erklärte Dolle, dass in Blomberg in vielen Bereichen die finale Zuständigkeit bei den Fachausschüssen liege.

Hohe Kosten und Abstimmung Dolle sprach auch die Kosten an: “Wir wissen überhaupt nicht, was da auf uns zukommen würde.“ Es gebe eine grobe Schätzung, die davon ausgeht, dass man für diese Lizenzen zwischen 40.000 und 60.000 Euro zahlen müsste. Müsse man noch andere Endgeräte anschaffen, werde es noch teurer. Der Bürgermeister sieht zum jetzigen Zeitpunkt noch zu viel Ungewissheit bei gleichzeitiger Verantwortung, wie er erklärte. &bdquo;Deswegen bin ich da heute raus.“

Zimmer erklärte, dass sie einige Bedenken ein stückweit nachvollziehen könne. Jedoch nicht die Skepsis, dass jemand Gäste zur nicht-öffentlichen Sitzung einladen könnte. &bdquo;Wir sollten in Blomberg vorangehen und die Möglichkeit der hybriden Sitzungen nutzen“, betonte sie. Dem folgten die anderen Fraktionen jedoch nicht, weswegen der Hauptausschuss den Antrag der Grünen schließlich ablehnte.

Meier machte deutlich, dass dieses Thema in Zukunft sowieso irgendwann auf sie zukommen werde. &bdquo;Aber man muss ja nicht immer der Erste sein. Gucken wir erst einmal, wie das bei anderen funktioniert.“

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