Leiterin der Sekundarschule Blomberg spricht von eklatanten Fehlern im Schulsystem

Blomberg/Steinheim. Diese Meldung ließ aufhorchen: Die Städtische Realschule Steinheim verzeichnet zum kommenden Schuljahr einen immensen Zulauf aus Lippe – 46 Viertklässler aus dem Kreisgebiet, darunter allein 22 aus Blomberg, haben sich an der Schule im Nachbarkreis angemeldet. Dabei gibt es mit der Sekundarschule in Blomberg ein eigenes weiterführendes Schulangebot direkt am Ort für Kinder mit Real- oder Hauptschulempfehlung. Ist die Sekundarschule in Gefahr? Auf gar keinen Fall, sagt Schulleiterin Monika Precker. Im Gegenteil. Es gibt drei randvolle Eingangsklassen.

Knapp die Hälfte kommt aus Lippe Mit 95 Fünftklässlern startet die Realschule nach den Sommerferien, beinahe die Hälfte kommt aus Lippe. Konrektor Philip Peter beobachtet, dass die Zahl der Blomberger stetig steigt: &bdquo;Dies ist ein neuer Trend der letzten Jahre, seit dem ein regelmäßiger Busverkehr zwischen den Städten/Landkreisen eingerichtet wurde“, erläutert er auf LZ-Nachfrage. 19 Viertklässler allein aus der Kernstadt haben sich für die Realschule im Nachbarkreis Höxter entschieden. Sie nehmen die tägliche Busfahrt von etwa zehn Kilometern in Kauf – warum bloß, wenn doch die Sekundarschule um die Ecke liegt?

Lesen Sie auch: Realschule Steinheim erlebt Riesen-Zulauf aus Blomberg und Schieder-Schwalenberg

Monika Precker, seit November 2022 Leiterin der Sekundarschule, hat mehrere Erklärungen. Eins stehe jedoch fest: &bdquo;Es liegt nicht an dem Ruf unserer Schule, der ist sehr gut. Es liegt an dem Ruf der Schulform“, betont sie im LZ-Gespräch. Ihre Schule habe ein engagiertes, junges Kollegium mit 50 Lehrerinnen und Lehrern und mit 500 Schülerinnen und Schülern eine gute Größe.

Dass die Schule beliebt ist, beweisen auch die Anmeldezahlen. Von Schülerschwund kann keine Rede sein: So sei die Dreizügigkeit der Schule regelmäßig gesichert – in diesem Jahr hätten sieben Anfragen aus Barntrup, Lügde und sogar Steinheim abgewiesen werden müssen. Die Sekundarschule startet nach den Sommerferien mit 75 Schülerinnen und Schülern in Klasse 5, maximal 25 Kinder dürfen in einer fünften Klasse aufgenommen werden. Die Anmeldezahlen der vergangenen Jahre sind ebenfalls recht homogen: Im vergangenen Jahr 81 Anfragen, 2023/24 waren es 69 und 2022/23 insgesamt 77.

Eklatanter Fehler im System Soweit klingt alles stimmig. Doch es gibt einen eklatanten Fehler im System, der die Schulleiterin wurmt – und regelmäßig vor Probleme stellt. Verursacht durch das von der Politik nach wie vor gewollte dreigliedrige Schulsystem, in dem die Hauptschulen zwar nahezu durch Sekundarschulen ersetzt wurden, die Realschulen aber weiter bestehen. Und verursacht durch die freie Schulwahl – unabhängig von der Empfehlung der Grundschulen können sich Eltern die Schulform für ihre Sprösslinge aussuchen.

Beides führe dazu, dass die Zahl der abgeschulten Kinder jedes Jahr hoch ist. Gemeint sind Kinder, die an einer höheren Schulform gestartet sind, dort nicht klar kommen und deshalb die Schule wechseln müssen. In der Regel geschieht das nach der Unterstufe, also nach Klasse 6.

&bdquo;Mit dem Gymnasium in unserer Nachbarschaft haben wir einen sehr guten Austausch in beide Richtungen“, sagt Precker. Besonders gute Schüler, die unterfordert sind, wechseln auch schon in der Unterstufe ans Hermann-Vöchting-Gymnasium, andere, die dort überfordert sind, kommen an die Sekundarschule. Das sind Einzelfälle, die bewältigt werden können.

Anfragen von 23 Schulwechslern Der Abgang von der Realschule – auf Wunsch oder wegen zu schlechter Leistungen – komme dagegen viel häufiger vor: &bdquo;In einem Jahrgang hatten wir 23 Anfragen von Abgängern nach Klasse 6“, erinnert sich die Schulleiterin. Eine Zahl, die ihre Schule nicht bewältigen kann: &bdquo;Zumal die abgeschulten Kinder ja auch nicht alle in eine Klasse gehen können. Das heißt, man müsste seit zwei Jahren bestehende Klassen mit gewachsenen Strukturen in der Siebten wieder auseinanderreißen.“ Das führe zu Unmut unter den Schülern, den Eltern und auch den betroffenen Lehrern.

Monika Precker hält die Situation für unzumutbar. Schuld sei die verfehlte Schulpolitik auf Landesebene, sagt sie: &bdquo;Nur die Hauptschule abzuschaffen, funktioniert eben nicht.“ Denn so bleibt die Realschule eine große Konkurrenz für die Sekundarschule: &bdquo;Und die Realschule ist eben traditionell die Schule der Bürgerlichen.“

Lesen Sie auch: Bielefelder Schulleiter fordert: &bdquo;Es muss dringend etwas passieren in der Schullandschaft“

Den Eltern macht sie dagegen keine Vorwürfe, die seien oft gar nicht aufgeklärt, was die Sekundarschule genau leiste; und auch nicht, was passiert, wenn der Nachwuchs das Niveau an der höheren Schule nicht halten könne. Deren Sichtweise könne sie sogar verstehen, obwohl die Vorurteile gegenüber ihrer Schulform falsch seien: Sekundarschüler kämen nicht alle aus prekären Verhältnissen, hätten ein schlechtes Bildungsniveau oder seien Problemkinder: &bdquo;Im kommenden Schuljahr haben wir etwa 50 Prozent mit Realschul- und 50 mit Hauptschulempfehlung.“

Und an Standorten wie Steinheim, wo es keine Sekundarschule gebe, gingen schließlich auch alle, die am Ort bleiben wollten und nicht die Voraussetzungen fürs Gymnasium erfüllten, auf die Realschule als einzige Alternative: &bdquo;Da haben sie dann die gleiche Klientel wie bei uns.“

Kein Platz für Abgeschulte Die Sekundarschule Blomberg, die auch die Versorgung der Schieder-Schwalenberger Schüler gewährleistet, muss sich auch im zehnten Jahr ihres Bestehens keine Sorgen um ihren Fortbestand machen. Dennoch blickt die Schulleiterin mit Sorgenfalten in die Zukunft. Von den 22 aus Blomberg und 21 aus Schieder-Schwalenberg stammenden künftigen Fünftklässlern an der Realschule Steinheim könnte sie aus heutiger Sicht keinen aufnehmen, wenn die Schulkarriere in Steinheim scheitere. Denn ihre drei Eingangsklassen sind randvoll.

Die Entscheidung für die richtige Schule nach der vierten Klasse hat also eine hohe Tragweite: &bdquo;Bei entsprechenden Anmeldezahlen hätten wir eine vierte Eingangsklasse bei der Bezirksregierung beantragen können, da wir keine Blomberger Schüler ablehnen möchten“, sagt Precker. Diese wäre sicherlich durch die Bezirksregierung genehmigt und natürlich auch im Sinne der Stadt Blomberg gewesen. Doch jetzt, wo es nur drei Klassen gibt, wird es für die Abgeschulten nach Klasse 5 oder 6 schwierig. Precker: &bdquo;Sie müssen sich selbstständig eine Schule suchen. Erst nach drei Absagen weist die Bezirksregierung eine Schule zu.“ Die muss nicht in nächster Nähe liegen. Die zumutbare Entfernung beträgt bis zu eineinhalb Stunden Fahrtzeit.

Leiterin der Sekundarschule Blomberg spricht von eklatanten Fehlern im Schulsystem

Meinung: Verfehlte Landespolitik macht aus Schulen „Resterampen“

Realschule Steinheim erlebt Riesen-Zulauf aus Blomberg und Schieder-Schwalenberg

Keine Zukunftsangst: Schulleiterin sieht Lagenser Gymnasium auf gutem Weg

Bielefelder Schulleiter fordert: „Es muss dringend etwas passieren in der Schullandschaft“

So sehen die Planungen für die Schulhof-Umgestaltung der Blomberger Sekundarschule aus

Warum SHWire eng mit Blombergs Sekundarschülern kooperiert