Detmold-Berlebeck. Der Unmut der Berlebecker über den geplanten Bau von vier Windkrafträdern auf Detmolder Boden ist groß. Die Stadt hatte deshalb zu einer Infoveranstaltung auf dem Dorfplatz geladen, bei der sie Pläne vorstellte und die Anwohner Fragen stellen konnten. Es hat seine Zeit gedauert, bis die Missverständnisse zwischen Anwohnern und den Vertretern der Stadt aus dem Weg geräumt werden konnten. Bürgermeister Frank Hilker hatte die Veranstaltung mit seinem Team innerhalb einer Woche aus dem Boden gestampft, wie er erklärte. Eine Verpflichtung hierzu bestehe nicht – Hilker habe einfach die Bürger informieren wollen. Da die Stadt selbst den Bau der Windräder nicht genehmigen kann, sondern dies Aufgabe des Kreises ist, vermissten die Gäste einen entsprechenden Vertreter. Losgelöst von der finalen Entscheidung sollte es bei der Veranstaltung vorrangig um allgemeine Fragen gehen. Dafür standen Grundstückseigentümer Stephan Prinz zur Lippe sowie Jan Lackmann und Marcel Welsing von der Westfalen-Wind, die den Genehmigungsantrag gestellt hatte, zur Verfügung. "Ich fand Windräder scheußlich" Dass der Bau der Windräder bereits beschlossene Sache ist, dementierte Hilker entschieden. Er habe das in seiner Wortwahl so dargestellt, wurden Stimmen aus dem Publikum laut. Dass Stephan Prinz zur Lippe dem Bau als Eigentümer des Waldes unter anderem zugestimmt habe, weil ihm der Klimawandel ein großes Anliegen ist, wollten die Gäste auch nicht so recht glauben. „Ich fand Windräder früher selbst scheußlich", verriet er. „Mein Sinneswandel kam aber mit dem Klimawandel, denn ich habe erkannt, dass wir bezüglich der Energiegewinnung etwas ändern müssen, wenn wir so weiterleben wollen wie bisher. Für mich passt das aktuelle Waldsterben mit der regenerativen Energie sehr gut zusammen." Mit den Erträgen für die Fläche wolle er den Wald wieder aufforsten. Die Frage, ob die Windräder 246 Meter hoch sein müssten, beantwortete Jan Lackmann mit der Flächeneffizienz, denn so könnten mit den 13 geplanten Windrädern auf Detmolder Boden, in Schlangen und Horn-Bad Meinberg 55.000 Haushalte pro Jahr mit Strom versorgt werden. Dass die Anwohner durch Lärm der Windräder oder Schatten belästigt würden, schloss er aus. „Wir haben ein Gutachten beim Kreis Lippe eingereicht, nach dem die gesetzlichen Richtwerte eingehalten werden. Natürlich hört man die Geräusche schon, allerdings nur wenig." Da die Berlebecker aufgrund des Talkessels auch die Motorräder hörten, die über die Gauseköte fahren, seien sie davon nicht überzeugt. Die Frage nach Beeinträchtigungen für den Tourismus , und nach einem möglichen Wertverlust der Grundstücke in Windrädernähe verneinten der Prinz und die Vertreter von Westfalen-Wind. Eine alternative Fläche in Detmold gebe es nicht, erklärte Martin Kölczer, Fachbereichsleiter Stadtentwicklung. „Der vorgeschriebene Abstand zu Wohnbebauungen muss gegeben sein und es darf sich nicht um ein Naturschutzgebiet handeln. Zudem muss dann auch noch der Eigentümer zustimmen, sodass wir im Grunde nur die Fläche oberhalb der Gauseköte haben." Stadtverwaltung möchte Konzentrationszonen erhalten „Einige werden sich noch erinnern: Als es um die Windenergieanlagen in Nienhagen ging, war ich ein vehementer Windkraftgegner", erinnerte Stephan Prinz zur Lippe die Lokalpolitiker im Stadtentwicklungsausschuss. „Aber ich habe mich gewandelt, weil mich der Klimawandel direkt getroffen hat." Auf das Sturmtief Friederike im Januar 2018, sei ein Dürresommer und -winter gefolgt, dann 2019 erneut ein Dürresommer, dann habe sich der Borkenkäfer über die Fichten hergemacht. Auch die Buchen seien vom Klimawandel geschädigt. 500 Hektar des Forstamts Berlebeck seien entwaldet, 250 Hektar müssten wieder aufgeforstet werden, was mit 10.000 Euro pro Hektar sehr teuer sei. Um das finanzieren zu können, möchte der Prinz Geld mit der Stromproduktion per Windkraft verdienen und 13 Windenergieanlagen auf der Gauseköte bauen. Vier davon sollen auf Detmolder Gebiet entstehen (sechs auf Schlänger, drei auf Horn-Bad Meinberger Gebiet), weshalb sich der Ausschuss mit dem Thema befasste, obwohl eigentlich der Kreis zuständig für die Prüfung und Genehmigung des Projekts ist. Detmold kann lediglich eine Stellungnahme abgeben. Die Verwaltung schlägt der Politik vor, das sogenannte gemeindliche Einvernehmen zu versagten. Die Argumentation dahinter: Das Einvernehmen müsse versagt werden, denn die geplanten Anlagen widersprächen dem 1999 beschlossenen Flächennutzungsplan, der vier Windkraft-Konzentrationszonen vorsehe, erklärte der Fachbereichsleiter Stadtentwicklung Martin Kölczer. Nur in diesen vier kleinen Bereichen (Nienhagen, Brokhausen/Mönkeberg, Altenkamp und Hornoldendorf/Remmighauser Berg) dürften Windräder gebaut werden. Flächennutzungsplan soll erweitert werden Doch so sicher ist das nicht. Denn in der Vergangenheit haben zahlreiche bauwillige Windkraft-Betreiber gegen solche Flächennutzungspläne geklagt und vor Gericht oft Recht bekommen – mit dem Ergebnis, dass nach Einzelprüfung Windenergieanlagen im gesamten Gebiet der beklagten Kommune gebaut werden durften. Einige Kommunen hatten sich ob dieser Unsicherheit entschieden, kein Geld in die Aufstellung eines entsprechenden Flächennutzungsplans zu investieren. Horn-Bad Meinberg und Schlangen gehören dazu. Detmold hatte bisher das Glück, nicht vor den Kadi gezerrt worden zu sein und dieses Glück möchte die Verwaltung offenbar nicht herausfordern. Sie schlägt der Politik deshalb vor, den bestehenden Flächennutzungsplan um eine zusätzliche Windkraft-Konzentrationszone auf der Gauseköte zu erweitern, so dass die Windräder dort gebaut werden können. Denn Stephan Prinz zur Lippe und Westfalen-Wind hätten schon derart viel Geld in Gutachten investiert, dass sie schon allein aus Gründen des Investitionsschutzes den Klageweg beschreiten müssten. Die Stadt liefe dann Gefahr, dass der gesamte Flächennutzungsplan vom Gericht gekippt werde. Dann könne Detmold den Bau von Windrädern im Stadtgebiet nicht mehr steuern. Alternativ bestünde noch die Möglichkeit – und diese kam bei den Politkern mit Bezug zu Berlebeck besser an – den gesamten Windkraft-Flächennutzungsplan zu überarbeiten und das gesamte Stadtgebiet auf geeignete Flächenerneut unter die Lupe zu nehmen. Das sei gerechter gegenüber den Berlebeckern und das fairere Verfahren, meinten einige Politiker im Ausschuss. Dann müssten aber wohl auch deutlich mehr als die damals ausgewiesenen 40 Hektar für Windenergie vorgesehen werden, warnte die Verwaltung, denn die seien weniger als der Prozentsatz der kommunalen Fläche, der erwartet werde, damit der Flächennutzungsplan vor Gericht nicht als verbotene Verhinderungsplanung angesehen werde. Das sei auf Detmolder Gebiet nur möglich, wenn man weniger als die vom Land vorgesehenen 1000 Meter Mindestabstand zu Wohnbebauung annehme. Für eine Änderung des Flächennutzungsplans hätte Detmold ein Jahr Zeit. Der Ausschuss einigte sich nach einer eindreiviertel Stunden dauernden Diskussion darauf, keine Empfehlung an den Rat auszusprechen und erst die Ergebnisse der Infoveranstaltung in Berlebeck abzuwarten.