Die letzte Gründerin verlässt die "Alraune"

Detmold. Trennung und Scheidung, sexualisierte Gewalt, psychische Probleme, Essstörungen - die Bandbreite von Themen, zu denen Frauen Rat suchen, ist groß. Und sie war es schon immer. Karin Tegeler gehört zu den acht Gründungsmitgliedern, die die Frauenberatungsstelle "Alraune" 1983 aus der Taufe gehoben haben. Bevor sie als letzte aus dem ursprünglichen Team in den Ruhestand geht, blickt sie noch einmal zurück.

"Anfangs war es eher ein Projekt", erklärt die Sozialpädagogin. Die Mitarbeiterinnen, die in der ersten Zeit unentgeltlich gearbeitet hatten, bis es die ersten Festanstellungen gab, mussten erst für Räumlichkeiten und Finanzmittel sorgen. Die "Alraune" ist ein Verein, noch gab es keine öffentlichen Mittel von Land, Stadt und Kreis oder auch Spendeneinnahmen so wie heute. Die Beratungsstelle war laut Karin Tegeler eine der ersten ihrer Art in Nordrhein-Westfalen. "Damals konnte sich noch keiner vorstellen, dass sich die Beratungsstelle etabliert", sagt die 65-Jährige. Die politische Akzeptanz und überparteiliche Unterstützung seien aber da gewesen.

Unterstützung und Stärkung

Es waren die 1980er Jahre. In der BRD lief die "Emanzipation von unten". Frauengruppen- und organisationen mischten sich auf gesellschaftlicher und politischer Ebene immer mehr ein und machten sich für mehr Gleichberechtigung stark. In diese Zeit fiel auch die Gründung der "Alraune". Ziel war die Unterstützung und Stärkung von Frauen. Die Grundthemen seien damals schon dieselben wie heute gewesen: Trennung und Scheidung, zum Beispiel. Verlust des Partners, Einsamkeit, Sucht - oder auch Gewalt in der Beziehung. "Der Unterschied ist, dass dieser Punkt heute direkter angesprochen wird, auch von der Gesellschaft", erklärt die Sozialpädagogin.

Sexualisierte Gewalt habe sich als Thema mit entwickelt. Genauso wie Traumata. "Den Ausdruck gab es früher gar nicht", erinnert sich die 65-Jährige. Sexualisierte Gewalt sei zudem ein besetztes Thema gewesen. Heute wüssten dagegen alle ein bisschen wovon man spreche. Es gehe also nicht mehr um die reine Grundaufklärung. Und es werde grundsätzlich mehr hingeguckt und zugehört.

Frauen helfen sich gegenseitig

"Die Arbeit mit den Frauen bewegt einen natürlich, gerade bei sexualisierter Gewalt. Ganz schwer auszuhalten ist es, wenn der Schutz bei jungen Mädchen nicht gewährleistet ist", sagt Karin Tegeler. Anfangs habe sie sich nicht vorstellen können, auf diesem Gebiet einen Schwerpunkt zu setzen. Mittlerweile habe sie sich aber viel Grund- und Fachwissen angeeignet, um bei akuten Fällen und auch im Rahmen von Fortbildungen zu helfen. Schön zu sehen sei auch, wenn die Frauen nicht nur in Einzelgesprächen, sondern auch an Gruppen teilnähmen. "In Gruppen geben sie sich gegenseitig viel."

Insofern sei die Arbeit in der "Alraune" zwar manches Mal belastend, aber gleichzeitig immer auch bereichernd gewesen. "Die Grundthemen sind gleich geblieben, wir haben aber immer die jeweiligen gesellschaftlichen Themen mitbedacht", erläutert die Sozialpädagogin. Insofern habe sich die Arbeit über die Jahre auch verändert, indem immer wieder nach hilfreichen Methoden geguckt worden sei.

Veränderungen im Team

Außerdem sind immer wieder junge Frauen im Team nachgerückt, der Bereich Prävention wurde ausgebaut und auch die digitale Welt spielt heute eine Rolle, wenn es um Stalking, sexualisierte Gewalt, kurzum um Schutz für Mädchen und Frauen geht. Für Karin Tegeler rückt im September Lina Janzen nach, die aus ihrer Elternzeit zurückkehrt. Zusammen mit Marie Welpmann bildet sie dann das Leitungsteam der Beratungsstelle.

Die Beratungsstelle

Die Frauenberatungsstelle "Alraune" bietet psychosoziale Beratung, Krisen- und therapeutische Begleitung, Gruppenrunden, Veranstaltungen und offene Angebote, Gewaltprävention und Fortbildungen an. Themen sind neben Trennung, Gewalt und psychischen Problemen unter anderem auch lesbisch leben, Migration, Muttersein und Schwierigkeiten bei der Arbeit und Ausbildung. Das siebenköpfige Team hat seinen Sitz in der Alten Schule am Wall, Wall 5. Mehr Informationen gibt es unter www.alraune-frauenberatung.de

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