Ältestes Wohnmobil Lippes: Heute wird Toeffy 50

Detmold. Heute wird Toeffy 50! Den Termin haben sich Rosi (70) und Gerd Schlichting (72) im Kalender notiert, denn er muss gefeiert werden. Der zum Wohnmobil umgebaute ehemalige Blumenverkaufswagen mit Mercedes-L406D-Führerhaus und -Fahrgestell ist für beide fast wie ein Familienmitglied. Schick schaut er aus, in seiner violett-weißen Lackierung. Der lila Streifen mit der mittig platzierten Lippischen Rose über der Frontscheibe lässt den Aufbau von vorne fast wie eine Kadettenmütze wirken. Gerd Schlichting ist überzeugt davon, dass es Lippes ältestes noch fahrtüchtiges Wohnmobil ist. Tachostand 314.303 Kilometer.

"Ich habe bei TÜV, VÜK, KÜS und diversen Werkstätten nachgefragt, ob sie noch ältere kennen", sagt er. Fehlanzeige. Eine 100-prozentige Sicherheit gebe es nicht, wegen des Datenschutzes und weil nicht so einfach sei, die Zulassungsstatistik nach Wohnmobilen zu filtern, hat man Schlichting beim Kreis Lippe erklärt. Zahlreiche Bulli-Umbauten seien Grenzfälle. "Es mag also vielleicht noch einen älteren umgebauten VW-Bulli geben", gibt Schlichting zu. Aber sein Mercedes ist als reinrassiges Wohnmobil ein anderes Kaliber: Mit Erstzulassung 27. Juli 1973, ausgerüstet mit einem Vier-Zylinder-Dieselmotor mit 60 PS und Viergang-Handschaltung begann er sein Dasein als Blumenverkaufswagen. Einer der Vorbesitzer baute ihn 1983/84 zum Wohnmobil um. Solide, mit getischlerten Massivholzmöbeln im Stil Eiche rustikal und gekachelter Küchenzeile.

Eiche rustikal statt steril weiß oder Plastikwüste Das gefiel Gerd und Rosi Schlichting, die 1994 auf der Suche nach einem Wohnmobil waren und mit dem angebotenen Standard nicht nur preislich nichts anfangen konnten. "Da gibt es Modell Krankenhaus in steril weiß oder Modell Tupperdose, wo alles aus Plastik ist", sagt Gerd Schlichting und klopft zum Vergleich stolz auf die echten Kacheln in Toeffys Küchenzeile und führt die praktischen Schiebtüren der massiven Hängeschränke vor. Vor allem: Gerd Schlichting ist LKW-Fahrer und kann die solide Mercedes-Technik selbst warten und reparieren. Aus seinem ersten LKW - für die Lippische Hauptgenossenschaft fuhr er bis zur Frührente 2002 Getreide, Dünger und Futtermittel - rettete Schlichting das Kofferradio. Ein Telefunken Bajazzo Sport 201 mit Mittel- und Langwelle, was perfekt zum Baujahr des Fahrzeugs passt. So gut, dass es "Classic Data", die Toeffys Zustand für Schlichting bewertet haben, extra lobend als "zeitgenössisch" erwähnt.

Auf die solide Note 3 ist Schlichting stolz, denn "Classic Data" bemerkt: "Am Fahrzeug wurden alle erforderlichen Wartungs- und Verschleißreparaturen durchgeführt. Es besteht kein Reparaturstau." "In den 29 Jahren, die wir das Wohnmobil haben, musste es alle zwei Jahre - also 14 mal - zur Hauptuntersuchung und dabei hat man nur einmal etwas gefunden", sagt Schlichting. Ein Bremsschlauch an der Hinterachse habe eine Beule gehabt. Damit das so bleibt, kümmert er sich regelmäßig und fährt das Fahrzeug auch während der Standzeit im Winter immer wieder auf dem Hof hin und her. "Damit Kupplung und Bremsen nicht verkleben. Und das A und O ist das Schmieren", erklärt Schlichting.

OBD2-Stecker nicht zu finden "Mit ein bisschen Pflege überlebt der uns alle noch", habe Opa Thorn, der Seniorchef beim Lemgoer Bosch-Dienst gleichen Namens, mal über das Wohnmobil gesagt. "Den tankste und kannst damit bis nach Moskau durchfahren", habe seine Werkstatt des Vertrauens die stabile Technik gelobt, erinnert sich Schlichting. Lachend erinnert er sich an die Erzählung eines Bekannten, der mit einem ähnlich alten Modell in einer Mercedes-Werkstatt gewesen war. "Da kam da so ein junger Mechaniker mit einem Tablet unterm Arm und hat minutenlang nach dem Stecker für die Fahrzeugdiagnose gesucht." Nicht zu finden, bei der analogen Technik. Die ersten Vorläufer der heutigen genormten OBD2-Diagnose-Stecker kamen erst in den späten 80er Jahren auf.

"Hetz mich nicht!", hat Toeffy neben zahlreichen Aufklebern von Reisezielen der Schlichtings am Heck stehen. Bei 90 Stundenkilometer ist Schluss für das 3,5-Tonnen-Gefährt. Am wohlsten fühlt sich der 65-PS-Diesel - ein Austauschmotor, der Mitte der 90er Jahre verbaut wurde - auf der Landstraße bei etwas über 70 Stundenkilometer. "Dann braucht er etwa 13 Liter auf 100 Kilometer", sagt Gerd Schlichting. So gondelt er dann mit Rosi auf dem Beifahrersitz langsam dem Urlaubsziel entgegen - früher auch mit den beiden Kindern. "Wir waren schon überall, von Dänemark bis Nizza, von den Niederlanden bis in die Tschechei - hauptsächlich aber in Deutschland." Im Sommer fahren beide gerne nach Rügen, im Herbst zur Weinlese an der Mosel entlang. Die Lenkung braucht trotz des großen Lenkrads beim Rangieren Kraft, weil sie keine Servounterstützung hat. "Die Kreisverkehre sind anstrengend", sagt Schlichting. Manchmal pendelt sie auch etwas und folgt gerne Spurrinnen. "Ich weiß ihn zu nehmen", sagt der Ex-LKW-Fahrer mit liebevollem Blick auf Toeffy. Herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag!

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