Detmold spielt jetzt endgültig in der internationalen Liga

Detmold. Mit seiner vierten Auflage ist der Brahms-Klavierwettbewerb der Hochschule für Musik endgültig im Kreis der renommierten internationalen Wettbewerbe angekommen. Fast 100 Teilnehmer aus 26 Ländern hatten sich beworben, drei Finalisten bestritten das große Abschlusskonzert am Sonntag.

Dreimal das 1. Klavierkonzert von Johannes Brahms: Für Jury wie Publikum gleichermaßen war der direkte Vergleich interessant und aufschlussreich; für die Nordwestdeutsche Philharmonie unter der Leistung von Florian Ludwig eine große Herausforderung, die Spannung über den gesamten Abend aufrecht zu erhalten.

Rei Harada aus Japan machte den Anfang. Gerade einmal 19 Jahre alt, ist Harada bereits Preisträger etlicher Wettbewerbe in seinem Heimatland, aber auch in Deutschland. Sein kraftvoll-zupackendes Spiel beeindruckte bereits gleich nach der sperrigen Orchestereinleitung des Konzerts, das mehr eine große Sinfonie mit Klavier darstellt als ein Bravourstück für Virtuosen. Die gefürchteten Oktavtriller bohrten sich druckvoll ins Ohr, und auch im weiteren Verlauf des Kopfsatzes hielt Harada die klangliche Intensität hoch. Zuweilen führte das zu einer gewissen Härte des Bösendorfer-Flügels, und die mitunter etwas eigenwillige Tempoauffassung des Solisten machte es dem Orchester beim Übergang zwischen formalen Abschnitten da und dort schwer zu folgen. Im Adagio und dem brillanten Rondo fand man dann deutlich besser zueinander.

Oktavtriller im Ohr Anders legte Martin Jaspard seinen Solopart an: Der ebenfalls 19jährige Franzose begann mit etwas weniger Kraft, suchte mehr nach differenzierten Klangfarben, um dann am Ende großer Steigerungen aber doch ordentlich aufzudrehen. Das perlende Leggiero gegen Schluss der Exposition des ersten Satzes drang trotz eher zurückhaltender Lautstärke bis in den letzten Winkel des Saals. Auffällig war das geradezu kammermusikalische Verständnis im Zusammenspiel zwischen Solist und Orchester und die wie selbstverständlich sich ergebende natürliche Agogik, so, als könnte es gar nicht anders sein. Auch im virtuosen Rondo-Finale zeigte Jaspard eine entspannte Lässigkeit bei durchaus flottem Tempo, die pure Freude am Musizieren zu versprühen schien. Sein Beitrag wurde schon zu diesem frühen Zeitpunkt des Abends mit stehenden Ovationen im frisch renovierten, ausverkauften Konzerthaus belohnt.

Souveräner Auftritt Sehr souverän der Auftritt von Elisabeth Tsai aus den USA nach der Pause, mit 25 Jahren bereits die älteste Finalistin des diesjährigen Wettbewerbs. Ihr gelang es, dem Bösendorfer-Flügel einen opulenten Forte-Klang zu entlocken, der kaum jemals ins unangenehm Harte umschlug. Damit zog sie das Publikum in ihren Bann, und das nahezu perfekte Zusammenspiel mit dem Orchester zeigte eine bereits gereifte Künstlerin, die mühelos den Überblick über das gewaltige Werk behält. Sehr überzeugend konnte sie die Spannung über große Bögen ziehen und das Publikum dabei mitnehmen – keine geringe Leistung als Dritte des langen Abends. Im Vergleich zu Jaspard wirkte ihr Vortrag vielleicht ein klein wenig routinierter und weniger spontan, was das Publikum jedoch nicht vom begeisterten Beifall abhielt.

Ein verlässlicher Partner Die Nordwestdeutsche Philharmonie unter der Leitung von Florian Ludwig war ein zuverlässiger Partner der drei jungen Solisten. Bis zum letzten Ton merkte man den Musikern eine zugewandte Aufmerksamkeit an; tonschöne Motivbögen, etwa beim Seitenthema des ersten Satzes oder auch im lyrischen Adagio ließen manch kleine Intonationstrübung schnell in den Hintergrund treten.

Die ebenfalls international besetzte siebenköpfige Jury hatte keine leichte Aufgabe und ließ sich mit den Beratungen Zeit; am Ende wurde Rei Harada ein dritter Preis zugesprochen; der erste Preis wurde geteilt an Martin Jaspard und Elisabeth Tsai vergeben. Gewonnen haben alle, denn alle drei Finalisten erhalten neben einem ansehnlichen Geldbetrag Konzertengagements bei namhaften Veranstaltern von Steinfurt bis Spandau, hier in der Region und weit darüber hinaus. Martin Jaspard, der auch den Sonderpreis der Jury für die Interpretation eines Werks aus dem 20. Jahrhundert aus der zweiten Wettbewerbsrunde erhielt, darf sich außerdem auf eine CD-Produktion in Zusammenarbeit mit dem Erich-Thienhaus-Institut freuen. Dem Applaus nach zu urteilen, entsprach die Jury damit ziemlich genau den Erwartungen des aufmerksamen Publikums – vielleicht ein Grund, für die nächste Auflage auch einmal einen Publikumspreis in Erwägung zu ziehen.

Ein Aushängeschild Prof. Jakob Leuschner, Initiator und künstlerischer Leiter des Wettbewerbs dankte allen Sponsoren und Förderern, ohne die ein solcher Wettbewerb nicht durchführbar wäre, und ganz besonders auch Jelka Lüders und dem Hochschulteam, für das die Organisation eines solchen Events eine enorme Herausforderung darstellt – eine Anstrengung, die sich lohnt, ist der Brahms Klavierwettbewerb doch inzwischen ein echtes Aushängeschild für die Hochschule und die Kulturstadt Detmold gleichermaßen. Weitere Infos: https://www.hfm-detmold.de/presseaktuelles/brahms-klavierwettbewerb-detmold /

Der Brahms-Klavierwettbewerb 2024 in Stichworten: · Der Brahms-Klavierwettbewerb Detmold ist Mitglied der Alink-Argerich Foundation und wird gefördert von der Stiftung Standortsicherung Kreis Lippe, der Stiftung der Hochschule für Musik Detmold, der Stiftergemeinschaft der Sparkasse Paderborn-Detmold-Höxter und der Pohlmann Stiftung sowie von Klaus Kühn (Grevenbroich), Dr. Arend Oetker (Berlin), Prof. Dr. Rudolf Schmid (Köln/Hannover) und Dr. Hartmut Stange (Bielefeld).

· Die Jury besteht aus den Professoren Hiroe Arai (Tokio), Markus Bellheim (München), Michel Béroff (Paris), Richard Braun (Berlin), Jakob Leuschner (Detmold), Inge-Susann Römhild (Lübeck), Catherine Vickers (Essen) und Florian Ludwig (Detmold, für die Finalrunde).

· Fast 100 Bewerber aus 26 Ländern

· Nach einer Videoauswahl wurden 24 Teilnehmer zur ersten Präsenzrunde eingeladen.

· 12 Teilnehmer wurden für die 2. Runde zugelassen.

· 6 Bewerber erreichten das Halbfinale, 3 das Finale.

· Insgesamt 15.000,- Preisgeld wird an die drei Preisträger vergeben.

· Alle Preisträger erhalten zusätzlich Anschlussengagements von namhaften Konzertveranstaltern.

· Der erste Preisträger erhält eine CD-Produktion in Zusammenarbeit mit dem Erich-Thienhaus-Institut.

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