Zwischen Natursehnsucht und urbaner Kühle: Künstlerin Melanie Siegel stellt in Detmold aus

Detmold. Ein Pool inmitten dichten Grüns. Das Wasser kräuselt sich leicht, die ins kühle Nass führenden Stufen warten auf Badegäste, die wohl nie eintreffen werden. Kein Weg führt dorthin. Als Lebenszeichen nur die Natur, verwoben mit dem architektonischen Gebilde. Melanie Siegel malt solche Orte. Es sind präzise komponierte, menschenleere Räume, die gleichzeitig faszinieren und irritieren. Ab Sonntag sind ihre Arbeiten auf Initiative von Beiratsmitglied Almut Schmersahl und der gesamten Lippischen Gesellschaft für Kunst im Schloss Detmold zu sehen.

Insgesamt 14 Werke zeigt Siegel in der Ausstellung, vier davon sind kleinformatige Arbeiten auf Holz, die übrigen Bilder in Acryl auf Leinwand gemalt. Die Künstlerin lebt in München und hat ihr Studium an der Akademie der Bildenden Künste bei Karin Kneffel abgeschlossen. Davor absolvierte sie eine Ausbildung als Bühnenmalerin. Eine Erfahrung, die sich bis heute in der Anlage ihrer Bilder niederschlägt. &bdquo;Es geht mir um die Erschaffung von fiktionalen Orten. Fiktion und Realität spielen auf der Bühne ebenso eine Rolle wie in meinen Bildern“, sagt sie. Ihre Motive entstehen aus der Vorstellung heraus.

Inspiration über Google Earth Die Schau in Detmold trägt den Blick tief hinein in diese imaginären Räume. Gezeigt werden Tennisplätze, Hochhäuser, Swimmingpools. Darunter auch das Werk &bdquo;Hausring“, das eine kreisförmige, mehrgeschossige Wohnarchitektur zeigt, die monumental inmitten scheinbar unberührter Natur hinausragt. Siegels Arbeit &bdquo;Spring“ aus dem Jahr 2023 ist ebenfalls Teil der Ausstellung, sie entstand nach einer zufälligen Entdeckung bei Google Earth. &bdquo;Ich habe dort einen Pool entdeckt, in dem genau so ein Schatten einer Palme zu sehen war, wie ich ihn auch im Bild festgehalten habe“, erzählt Siegel. Die reale Beobachtung wird bei ihr zum Ausgangspunkt für eine fiktive Welt.

Formal eint die Werke die ungewöhnliche Perspektive. Der Blick von oben, aus der Vogelperspektive, schafft Distanz und Fremdheit. &bdquo;Diese Perspektive ist ein sehr zeitgenössischer Blick auf Landschaften“, sagt Siegel. &bdquo;Wir kennen diese Ansicht von Drohnen- oder Satellitenaufnahmen, können die Perspektive selbst aber nur selten einnehmen. Die Landschaft in den Bildern zeigt sich dadurch immer ein Stück weit verfremdet.“

All ihre Bilder bewegen sich auf einer feinen Schwelle: Sie zeigen vermeintliche Idyllen, durchzogen von Ordnung, Harmonie, Licht. Und doch liegt über allem auch etwas Verstörendes. &bdquo;Mir ist wichtig, dass meine Bilder auf der Kippe stehen“, sagt die Malerin. Sie zeigen Schönheit, Stille, haben aber auch etwas Befremdliches, zuweilen gar Unheimliches.

Der Mensch als Fremdkörper Dass in ihren Bildern keine Menschen auftauchen, ist ein durchdachtes Konzept. &bdquo;Das einzig Lebendige darin sind die Pflanzen“, sagt sie. Sie tauchen zuweilen nahezu übermenschlich auf. Der Mensch sei abwesend und doch präsent, durch die Architektur, die ihn umgibt oder ihn vielleicht sogar ausschließt. &bdquo;Ich interessiere mich für Raum, in den sich der Mensch eingeschrieben hat. Der Mensch ist in dieser Hinsicht ein Fremdkörper. Das verkörpert die Architektur in meinen Bildern.“

Gerade das Zusammenspiel von Architektur und Natur prägt den Charakter der Arbeiten. Mal stehen Betonbauten kühl und abweisend vor einem üppig bewachsenen Hintergrund, mal wirkt alles wie aus einem Werbeprospekt der Moderne. &bdquo;Ich würde es als zwei gegensätzliche Pole beschreiben, die innerbildlich aber auch miteinander harmonieren“, erklärt Siegel. Die Spannung, die daraus entsteht, ist das eigentliche Zentrum ihrer Malerei.

Die Werke von Melanie Siegel sind bis zum 22. Juni im Schloss Detmold zu sehen. Geöffnet ist die Ausstellung dienstags bis donnerstags jeweils von 11 bis 12 Uhr sowie von 14 bis 17 Uhr, freitags bis sonntags und an Feiertagen durchgehend von 11 bis 17 Uhr. Die Vernissage beginnt an diesem Sonntag, 18. Mai, um 11.30 Uhr, der Eintritt ist frei.

Zur Eröffnung spricht unter anderem Christiane Heuwinkel, ehemalige Leiterin des Kunstforums Hermann Stenner in Bielefeld. Die Lippische Gesellschaft für Kunst weist ihre Gäste auf eine Einschränkung hin: Wegen Bauarbeiten ist der Zugang zum Schloss über das Tor am Theater aktuell nicht möglich. Die Gäste werden daher gebeten, den Schlosspark von der Langen Straße oder dem Marktplatz aus kommend, zu durchqueren.

Zwischen Natursehnsucht und urbaner Kühle: Künstlerin Melanie Siegel stellt in Detmold aus

LZplus für nur 1 € die Woche

Kunst zwischen Bergen und Pools in Detmold

Erika Kohls in Lemgo: Schloss Brake präsentiert abstrakte Werke

Poetische Abstraktionen

Papier, Licht und Schatten: Künstler Simon Schubert verwandelt die Schlossküche in Detmold

Zwischen Farbenmeer und Gipfelform: Felix Rehfeld zeigt Arbeiten im Detmolder Schloss

Ausstellung zeigt das künstlerische Schaffen eines Lemgoer Brüderpaares

Lippische Landes-Zeitung: Nachrichten aus Lippe, OWL und der Welt

LZplus Herbst-Deal

1 € pro Woche

Weiterlesen mit LZplus