Was der Strickclub aus Detmold-Heiligenkirchen mit UFOs zu tun hat

Detmold. &bdquo;Wie viele UFOs hast du denn im Schrank liegen?“ Die Frage klingt durch den großen Raum. Sie zielt auf niemanden Bestimmten, aber alle fühlen sich angesprochen, denn das rege Murmeln ebbt ab und wird durch Kichern abgelöst. UFOs - damit sind hier keineswegs fliegende Untertassen gemeint. Nein, hier im Raum kennt man das Phänomen gut. Ein angefangener Schal, ein halb gestrickter Handschuh, ein Pullover ohne Ärmel – sie warten geduldig auf ihre Vollendung. Unfertige Objekte. Aber noch ist Zeit, sie alle fertigzustellen.

Zehn Frauen tummeln sich im Culturcafé am Krugplatz. &bdquo;Normalerweise sind wir mehr, aber die Urlaubszeit beginnt“, sagt Brigitte Deppe. Die 76-Jährige ist selbst seit mehr als zehn Jahren Teil der Gruppe und engagiert sich daneben auch noch im Verein Lipper für Lipper und bei der AWO. &bdquo;Bevor gestrickt wird, wird sich aber gestärkt“, sagt sie und fordert ihre Mitstrickerinnen auf, an der langen eingedeckten Tafel Platz zu nehmen. Berge von Kuchen türmen sich hier. Während die Kaffeetassen herumgereicht werden, bleibt Zeit, sich auszutauschen.

Vom Kindergarten bis zum Tierheim &bdquo;Wir besprechen immer, wer was macht, welche Sachen wir für den Basar noch brauchen“, erklärt Helga Schulze, &bdquo;und wohin gespendet wird“. Zweimal im Jahr veranstaltet der Club einen solchen Basar, auf dem die gestrickten Werke verkauft werden - für den guten Zweck. Die Liste der bisher bedachten Spendenzwecke ist lang: Kindergarten, Grundschule, Frauenhaus und Kirchengemeinde sind genauso dabei wie Hospiz, Tierheim und Senioreneinrichtungen. Oft, aber nicht immer, werden Gruppen aus Heiligenkirchen bedacht - der Strickclub ist Teil der Gemeinschaft und will diese stärken. Dafür hat er in diesem Jahr den Sonderpreis für gemeinsames Engagement des Lippischen Ehrenrings bekommen.

Die Tür des alten Fachwerkhauses geht auf, eine ältere Dame kommt herein. Was sie möchte? Nur mal gucken, sagt sie. Die Gespräche gehen weiter, zwischendurch steht eine der Strickerinnen auf und kommt mit der Dame ins Gespräch. &bdquo;Das kommt hier häufiger vor“, sagt Elvi Dobelmann. Hier, im Ortskern von Heiligenkirchen, ist immer etwas los. Auch bei den Stricktreffs.

Nächster Basar im November &bdquo;Die ersten Aufzeichnungen über Treffen gibt es 2007“, sagt Brigitte Deppe und schon ruft es von hinten &bdquo;dann feiern wir ja bald 20-Jähriges!“. Pläne für den runden Geburtstag gibt es noch keine. Schließlich haben die Handarbeiterinnen die Hände voll zu tun. Zwar ist der Frühlingsbasar noch nicht lange her, aber &bdquo;nach dem Basar ist vor dem Basar“, sagt Helga Schulze. Am 23. November ist es wieder so weit. Und dieses Mal wird es besonders aufregend für den Club. Zum ersten Mal findet der Basar im Gemeindehaus statt und nicht im Culturcafé. Der Grund ist ein einfacher: Mehr Platz.

Das Klirren der zusammengestellten Unterteller und Tassen wird langsam von dem rhythmischen Klappern der Holznadeln ausgeholt. Wie auf ein Zeichen holen alle nach und nach ihre Projekte aus den Taschen und arbeiten an ihrem Strickgut weiter. Ein pinkes Dreieckstuch im Ajour-Muster - also einem Muster, das durch Umschläge in gleichmäßigen Abständen verzierende Löcher aufweist - liegt bei Michael Stalschus auf der Nadel. Der 65-Jährige ist der &bdquo;Quotenmann“, wie ihn die Club-Frauen liebevoll nennen. &bdquo;Das Tuch ist aber nicht für mich“, sagt er und lacht.

Das Stricken hat er bereits in der Schule gelernt, so richtig übergesprungen sei der Funke aber erst vor rund 15 Jahren. Und dann entbrannte ein großes Feuer. &bdquo;Ich wusste irgendwann nicht mehr, wohin mit dem ganzen Zeug. Die Familie ist ja irgendwann eingekleidet und keiner will täglich in Wollsachen herumlaufen.“ Also suchte er nach einem guten Zweck, dem er seine Werke zugutekommen lassen konnte. Und durch einen Zeitungsartikel wurde der Strickclub auf ihn aufmerksam. Der Rest ist Geschichte.

Bis zum nächsten Basar haben die fleißigen Hände noch jede Menge Arbeit zu erledigen. Wie viele Stücke dann tatsächlich auf den Verkaufstresen liegen werden, ist für die Club-Mitglieder schwer zu sagen. &bdquo;Mindestens 150“, schätzt Birgit Nowak. Die 70-Jährige balanciert einige Knäuel Wolle in den Armen. Sie nimmt sich Arbeit mit nach Hause - &bdquo;Stulpen sollen es werden“, für den Basar natürlich. Zwei bis drei Tage pro Stulpen wird sie etwa brauchen. Stricken kostet Zeit - &bdquo;und die könnte niemand bezahlen, wenn man sie nach Stundenlohn abrechnen würde“, ist sich Michael Stalschus sicher.

Leise vor sich hin arbeitet Rita Iwan. Die 86-Jährige strickt 48 Quadrate, nach und nach, aus denen am Ende eine große Decke entstehen soll. &bdquo;Früher hatte ich dafür nicht die Zeit“, sagt sie. &bdquo;Es war immer so viel anderes zu tun. Der Garten, Sport, Wandern. Aber heute kann ich das alles nicht mehr.“ Das Stricken ist aber geblieben, &bdquo;solange der Kopf noch fit ist. Und Stricken hält den Kopf fit.“

Und da sind sich alle einig, &bdquo;Stricken ist gesund!“, für den Kopf, für die Seele - und gegen die Arthrose. Was dem Club fehlt? Nachwuchs. Zumindest auf Dauer. Wer selbst einmal reinschnuppern möchte, hat dazu montagnachmittags die Gelegenheit. Im wöchentlichen Wechsel wird im Culturcafé in Heiligenkirchen (ab 14.30 Uhr) und in der AWO Pivitsheide VL (ab 15 Uhr) gestrickt. Kontakt zu Brigitte Deppe gibt’s unter Tel. (05232) 990440.

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