Detmold. Als Carl August Weidmüller im Jahr 1850 ein Textilunternehmen in Reichenbrand bei Chemnitz gründete, ahnte wohl niemand, dass daraus einmal ein weltweit führender Anbieter für elektrische Verbindungstechnik entstehen würde. Als das Familienunternehmen Weidmüller noch in den Kinderschuhen steckte, standen keine Stromleitungen oder Schaltschränke im Fokus, sondern Knöpfe, Stoffe und Nähte. Doch schon damals war das Thema „Verbindungen“ zentral. Weidmüller verband Stoffe, später war es Technik bis hin zu ganz ausgefeilten Systemen. In den späten Jahren des 19. Jahrhunderts, inzwischen unter der Leitung von Carl Augusts Söhnen, revolutionierte Weidmüller die Welt der Knöpfe mit einem selbst entwickelten Druckknopfsystem. Sogar in den USA wurde das Prinzip patentiert. Nur ein Beleg für den Pioniergeist, der das Unternehmen bis heute prägt. Die Idee von stabilen, innovativen Verbindungen war geboren. Es sollte sich noch in ganz anderen Bereichen als wegweisend herausstellen. Vom Knopf zur Klemme Ein echter Neuanfang erfolgte dann in der Zeit nach den beiden Weltkriegen: 1937 übernahm Gottfried Gläsel das Unternehmen. Gemeinsam mit dem Entwicklungsingenieur Wilhelm Staffel wagte Weidmüller 1948 einen mutigen Schritt in ein neues Zeitalter mit der ersten kunststoffisolierten Reihenklemme überhaupt. Ein Produkt, das die Schaltschranktechnik revolutionierte. Das Unternehmen war inzwischen nach Berlebeck umgezogen und hatte sich nun endgültig der elektrischen Verbindungstechnik verschrieben. In den 1950er-Jahren nahm die Entwicklung rasant Fahrt auf. Die Weidmüller-Produkte trafen den Nerv der Zeit, der wirtschaftliche Aufschwung brachte neue Chancen. Auf der Hannover Messe 1952 präsentierte sich Weidmüller erstmals einem breiten Fachpublikum. Es folgten strategische Weichenstellungen, etwa die Entwicklung der Schaltanlagen-Anreih-Klemmen-Serie mit duroplastischem Kunststoff, patentiertem Zugbügel-System und genormter Tragschiene. Der Markt nahm die Innovationen dankbar auf. Die Klemmen wurden vielfach kopiert, als das Patentrecht nach 25 Jahren auslief, und sind heute immer noch heiß begehrt. Ein weiterer Klassiker unter den Weidmüller-Produkten ist das 1976 veröffentlichte und bis heute vielfach verwendete Abisolierwerkzeug „stripax“, das Verdrahtungsprozesse vereinfachen sollte. Eine der aktuellsten Errungenschaften ist die „Snap In-Anschlusstechnologie“, die automatisierte, robotergestützte Verdrahtungsprozesse ermöglicht. Doch nicht nur immer neue Technik stand bei Weidmüller im Fokus. Auch in die Ausbildung eigener Fachkräfte investierte das Unternehmen früh. Bereits 1952 begann der erste Auszubildende in der Firma. Es folgten Jahrzehnte des Ausbaus: 1987 wurde der Schulungspavillon in Detmold eröffnet, 2003 folgte die Gründung der Weidmüller-Akademie. Heute ist sie Teil des sogenannten Bildungsdorfs an der Klingenbergstraße in Detmold, wo sich auch die von der Peter-Gläsel-Stiftung getragene Kita Pöppenteich und die Peter-Gläsel-Grundschule befinden. Ein Pendant zur Weidmüller-Akademie in Detmold wurde übrigens mit der Academy Asia im Oktober 2011 in Shanghai eröffnet. Allein an den deutschen Standorten arbeiten heute über 200 Auszubildende und Dual Studierende. In über 80 Ländern vertreten Parallel wuchs das Unternehmen geografisch über sich hinaus. In Detmold zog das Unternehmen zunächst 1975 an die Klingenbergstraße, wo 2019 auch das Kunden- und Technologiecenter nach knapp zwei Jahren Bauzeit eröffnet wurde. Anfang 2025 wurde in der Ohmstraße zudem die neue Elektronikfertigung eröffnet. Neben weiteren Standorten in Deutschland, etwa in Paderborn oder dem thüringischen Wutha-Farnroda, gründete die Firma schon 1959 in England eine Vertriebsgesellschaft. Es folgten Standorte in Österreich, Frankreich und Italien. In den 1970er- und 1980er-Jahren kamen unter anderem Australien, die USA, Kanada, Brasilien, Japan, Singapur und Spanien dazu. Mit der Zeit folgten auch Vertretungen in der Schweiz, Tschechien, Ungarn, Portugal, Belgien und vielen weiteren Ländern. Heute ist Weidmüller in über 80 Ländern mit eigenen Produktionsstätten und Vertriebsgesellschaften präsent. Was 1850 mit einem Knopf begann, hat sich in 175 Jahren zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt, die nicht nur auf Erfindungen, sondern auch auf Mut, Weitsicht und in vieler Hinsicht auch starken Verbindungen basiert. Lesen Sie auch: Ein Blick hinter die Kulissen des neuen Elektronikwerks von Weidmüller in Detmold Im zweiten Jahr in Folge: Weidmüller aus Detmold verzeichnet erneuten Umsatzrückgang Für Preis nominiert: Detmolder Unternehmen Weidmüller erfindet die Reihenklemme neu