Studenten aus Katowice und Detmold begeistern mit Mahler

Detmold. Die Hochschule für Musik (HfM) Detmold vertieft in einem besonderen Projekt die Zusammenarbeit mit der Karoł Szymanowski Musikakademie Katowice. Gustav Mahlers 3. Sinfonie wird Publikum wie Ausführenden noch lange in Erinnerung bleiben.

Ein herausragendes Ereignis war die Aufführung von Gustav Mahlers 3. Sinfonie im Konzerthaus am vergangenen Wochenende. Das Werk ist in mehrfacher Hinsicht gewaltig: Es verlangt nach einem riesigen Orchester mit vier- bis fünffacher Bläserbesetzung, zwei Harfen und reichlich Schlaginstrumenten, dazu eine solistische Altstimme sowie Frauen- und Knabenchor.

Kraftanstrengung Mit bald zwei Stunden Dauer übertrifft es zudem fast alles, was an sinfonischem Repertoire sonst üblich ist – eine körperliche wie geistige Kraftanstrengung sondergleichen, die die vereinten Kräfte der Hochschule für Musik Detmold und der Karoł Szymanowski Musikakademie Katowice mit Bravour meisterten.

Mahlers eigene programmatischen Anmerkungen geben einen Hinweis auf den Anspruch, den er mit seiner Schöpfung verbindet. Unter dem Titel &bdquo;Ein Sommermittagstraum“ thematisieren die sechs Sätze Aspekte der irdischen wie der überirdischen Welt. Dabei könnten die Abschnitte in Umfang und Charakter kaum unterschiedlicher sein; weit entfernt von der bukolischen Idylle einer Natur-Sinfonie steht Erhabenes neben dem Trivialen, Träumerisches neben Groteskem, Tiefgründiges neben Volkstümlichem.

Diese oft unvermittelt aufeinanderprallenden Gegensätze einerseits messerscharf herauszuarbeiten, andererseits den Spannungsbogen über die gesamte Länge des Werkes so zu halten, dass etwas Ganzes entsteht, ist bei Mahler immer eine große Herausforderung - und bei der 3. Sinfonie schon wegen der Dimensionen ganz besonders.

Straffes Tempo Dirigent Patrick Lange hat für den schneidigen Marsch des mehr als dreißigminütigen Kopfsatzes ein straffes Tempo gewählt, das mit zwingender, mitreißender Stringenz durchgehalten wurde. Umso dramatischer ist der Kontrast zum Trauermarsch ausgefallen, der in diesem Satz den großen Kontrast bildet. Das strahlende Solo der acht Hörner zur Eröffnung hat seine Entsprechung in den donnernden, geradezu prophetisch-verkündenden Einwürfen des Posaunensatzes gehabt.

Beeindruckten die Streicher schon im Kopfsatz mit überzeugender Homogenität in den jeweiligen Gruppen, ist dies dem zweiten Satz besonders zu Gute gekommen. Das von Lange in ständigem Fluss gehaltene fluide Tempo des graziösen Menuetts hat für eine unangestrengt wirkende Leichtigkeit gesorgt, die jedoch höchste Disziplin bei jedem Einzelnen erfordert – sicher nicht nur ein Verdienst des präzisen, stets dem Orchester zugewandten Dirigats, sondern auch der sorgfältigen Vorbereitung der jungen Musiker durch Fachdozenten aus den Lehrkörpern beider Hochschulen während der Vorbereitungsphase: zunächst im schlesischen Katowice, dann in der Konzertwoche in Detmold.

Tolle Solisten Viele solistische Einzelleistungen verdienen es, gesondert genannt zu werden. Erwähnt werden soll nur Konzertmeisterin Kornelia Polanska, die mit etlichen Soli hervorzutreten hatte, außerdem Saya Moriya, deren &bdquo;Posthornsolo“ aus der Ferne dem ausgedehnten Trio des dritten Satzes eine berührend-schlichte Natürlichkeit verlieh. Dass vor allem am Anfang dem einen oder anderen Bläsersolo die Anspannung doch deutlich anzumerken war, fiel dagegen nicht weiter ins Gewicht.

Gerhild Romberger hat der Altpartie des vierten Satzes eine erschütternde Tiefe verliehen. Mit klarer Diktion verstand sie es, die wenigen Tönen, die Mahler auf den kryptischen Nietzsche-Text gesetzt hat, unmittelbar zu berühren; mit &bdquo;O Mensch!“ konnte sich wirklich jeder im Saal angesprochen fühlen.“

Schuld und Vergebung Rätselhaft auch der fünfte Satz, der mit musikalischer Unbeschwertheit daherkommt, dabei aber doch mit der Frage nach Schuld und Vergebung ein zutiefst schwieriges Thema behandelt. Lange weicht diesem Gegensatz nicht aus. Die Kinder des Knabenchors Gütersloh brachten ihr lustiges &bdquo;Bimm bamm“-Glockengeläut mit großer Sicherheit und gemeinsam mit den Frauen des Kammerchors der Hochschule und Gerhild Romberger die himmlische Szene unbekümmert und frei dar.

Das abschließende grandiose Adagio zeigte noch einmal die faszinierende Geschlossenheit der Streichergruppen. Lange führte sein Orchester mit drei gewaltigen Anläufen in zauberhafter klanglicher Verschmelzung zum überwältigenden, geradezu triumphalen und kaum enden wollenden D-Dur-Ende. Mucksmäuschenstill und ergriffen lauschte das Publikum im voll besetzten Konzerthaus dem Klang hinterher, bevor sich die Begeisterung in stehenden Ovationen Bahn brach.

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