Wie ticken die Menschen auf dem Dorf? Filmemacher drehen in Dörentrup

Dörentrup. Sie leben hinter dem Mond, im Tal der Ahnungslosen. Die Hinterwäldler vom Dorf ecken in der Stadt nur an. Oder? Eine Gruppe von Medienschaffenden aus OWL will mit diesen Klischees brechen. Unter dem Motto "Land in Sicht" drehen die Filmemacher eine Dokumentation über die Menschen und das Leben in Dörentrup und suchen dazu noch Geschichten.

Wieso gerade Dörentrup? "Vor einigen Jahren wurde hier der Film 'In my Room' gedreht, dadurch bin ich das erste Mal auf die Gemeinde aufmerksam geworden", sagt Jörg Erber vom Filmhaus Bielefeld. Das Projektteam war auf der Suche nach einer Region, die nicht zu nah mit der Stadt verbunden ist.

Die Werbetrommel für Dörentrup hat dann Jürgen Scheffler gerührt. Der ehemalige Leiter des Hexenbürgermeisterhauses in Lemgo lebt seit knapp 30 Jahren in der Gemeinde. Durch die Museumsarbeit hat er Medienproduzentin Anna-Maria Schneider kennengelernt. "Anna hat mir von dem Projekt erzählt und davon, dass sie nach einem geeigneten Ort suchen", sagt Scheffler. Dörentrup sei die naheliegende Wahl gewesen. Auch, weil sich hier etwa zeige, wie Dörfer im Zuge der Gemeindereform vor 50 Jahren zusammengeschmolzen sind. Die Projektleiter sind schließlich auf den Verein Tiere im Dorf herangetreten, der als Arbeitsort die alte Stallscheune zur Verfügung stellt und das Projekt unterstützt.

Keine Werbung, kein Fernsehfilm Aber: "Es soll keine Hochglanzwerbung für Dörentrup werden", stellt Jörg Erber klar. Stattdessen suche das Projektteam nach dem direkten Dialog mit den Bürgern und will ihre Geschichten klischeefrei erzählen. Dokumentarfilmmacher Marvin Hesse sagt: "Es geht um persönliche Perspektiven und soll nicht ausbalanciert sein. Im besten Fall entsteht beim Zuschauer ein Zwiespalt."

Erzählt werden sollen diese in einem eigenen und künstlerischen Format. So sei noch nicht klar, ob am Ende etwa zwei längere oder vier kürzere Filme entstünden. Auf jeden Fall gehe es darum, sich nicht an festen Strukturen zu orientieren. "Bei einer Fernsehreportage wäre es so, dass dort ein Rahmen und ein Zielpublikum vorgegeben sind, nach dem sich der Film ausrichtet. Wir gehen das ganz offen an", sagt Marvin Hesse, der seit 2003 Mitglied im Filmhaus Bielefeld ist.

Was für Geschichten die Filmmacher suchen? Als Beispiel nennt er die Diskussion um den Kunstrasenplatz in Dörentrup: "Man könnte sich jetzt Experten suchen, die dafür oder dagegen sind. In unserer Herangehensweise würden wir aber jemanden sprechen lassen, der zum Beispiel durch einen Verein schon lange mit dem Platz verbunden ist und seine persönliche Sicht erzählen kann." Möglich sei aber auch, einen Ort zu thematisieren. Etwa eine Bushaltestelle drücke viel über die Infrastruktur in der ländlichen Region aus.

Jeder kann seine Geschichte erzählen In den vergangenen Wochen und Monaten hat die Projektgruppe den Dreh vorbereitet. 18 Medienschaffende mit unterschiedlichen Hintergründen arbeiten an dem Dokumentarfilm - darunter auch Studenten der TH OWL, der FH Bielefeld und der Uni Bielefeld. "Das erste Treffen fand digital statt, dabei haben wir Dokumentarfilme studiert und uns mit dem Genre auseinandergesetzt", erklärt Anna-Maria Schneider. Die Filmemacherin gibt seit elf Jahren Workshops. "Im zweiten Treffen haben wir dann praktisch geübt, zum Beispiel, wie man Interviews führt."

Die ersten Kleingruppen seien seitdem schon in Dörentrup unterwegs gewesen, um die Region kennenzulernen und mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Denn die Menschen, die vor der Kamera zu stehen werden, sollen nicht nach einer Liste abgearbeitet werden. "Jeder kann an uns herantreten und seine Geschichte erzählen"; sagt Jörg Erber. Am Wochenende vom 10. bis 12. Juli wird das Filmteam vor Ort sein.

Nach den Dreharbeiten, die bis in den Herbst laufen, geht es für das Projektteam in die Postproduktion. Das Ergebnis soll dann im kommenden Frühjahr oder Frühsommer vorliegen. "Anschließend wollen wir den Film hier natürlich zeigen. Wir planen einen Filmabend zu veranstalten, zu dem dann alle Dörentruper eingeladen sind", sagt Jörg Erber. Der Film soll außerdem in Lichtspielhäusern der Region gezeigt werden, darunter etwa das Lichtwerk und das Filmkunsttheater Kamera in Bielefeld.

Vor Ort gibt's weitere Infos Das Filmteam lädt alle Dörentruper am Samstag, 11. Juli, zwischen 15 und 17 Uhr zur alten Stallscheune ein. Dann stellen die Medienschaffenden interessierten Anwohnern ihre Arbeit vor, beantworten Fragen und hören zu. Sie wollen wissen: "Wie geht es den Menschen in Dörentrup? Was beschäftigt sie?", fragt Jörg Erber.

Wer am 11. Juli nicht dabei sein kann, aber ein Thema oder eine Geschichte vorschlagen möchte, kann sich direkt im Filmhaus Bielefeld melden: Tel. 0521-177757 oder per Mail an landsicht@filmhaus-bielefeld.de. Weitere Infos gibt's auch im Netz: www.land-in-sicht-owl.de

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