Vom Schicksalsschlag zum Lebenstraum

Dörentrup-Bega. &bdquo;Ich kenne das Haus schon seit meiner Jugendzeit", sagt die frisch gebackene. Kunsttherapeutin Innana Gräfin Stolberg-Wernigerode. Die weiße Gründerzeit-Villa direkt gegenüber der Kirche in Bega hat es der 36-Jährigen schon lange angetan. Anfang November wird die im Gut Holzhausen in Nieheim geborene und in Betzen aufgewachsene Adelige in den frisch renovierten Räumen der Villa am Graben ein Atelier für Kunsttherapie eröffnen. Mit der Ausbildung zur Kunsttherapeutin hat sie sich einen Lebenstraum verwirklicht – aber erst nachdem das Leben ihr einen bösen Streich spielte.

&bdquo;Kunst und Psychologie haben mich schon immer interessiert", sagt die Gräfin. Nicht ganz unschuldig daran sei ihre Schulzeit an der Waldorf-Schule in Detmold gewesen. &bdquo;Das hat mich künstlerisch bereits sehr geprägt." Folgerichtig zog sie nach dem Abitur nach Kiel, um dort an der Muthesius-Kunsthochschule zu studieren. Dann aber meldete sich das Schicksal erstmals mit anderen Plänen bei der heute vierfachen Mutter. Im Vorbereitungsjahr auf die Eignungsprüfung wurde sie mit ihrem Ältesten schwanger und kehrte zurück nach Lippe. Heute wohnt sie mit Ehemann Daniel und ihren vier Kinder Lajus, Kira, Florian und Lilli in Schwelentrup.

Ein Jahr ans Bett gefesselt Familiengründung ist das eine, Geld verdienen das andere, das sich nach Möglichkeit mit ihren Aufgaben als Mutter vereinbaren lassen sollte. &bdquo;So begann ich, Dauernachtwachen in einer Senioreneinrichtung zu übernehmen. Der Arbeitsrhythmus – sieben Nächte Arbeit am Stück und einige Tage frei – war für mich perfekt", sagt Innana Gräfin Stolberg-Wernigerode. Doch im Jahr 2018 schlug das Schicksal erneut zu – und traf sie schwer: Auf dem Heimweg kam sie mit ihrem Wagen von der Straße ab, das Auto überschlug sich. Gräfin Stolberg-Wernigerode wurde schwer verletzt, war mit gebrochenen Hals- und Brustwirbeln ein Jahr lang ans Bett gefesselt.

Während der langen Zeit im Krankenbett reifte bei ihr der Wunsch, das ursprüngliche Berufsziel &bdquo;Kunst" wieder aufzugreifen. In der Ausbildung zur Kunsttherapeutin ließ sich so auch ihr Interesse für Psychologie integrieren. &bdquo;Weil mein Vorbereitungsjahr in Kiel anerkannt wurde, konnte ich die Ausbildungszeit auf ein Jahr verkürzen." Ein Grund zur Freude für die Schwelentruperin. Die Prüfung Ende September zur Kunst- und Gestalttherapeutin fand unter Corona-Bedingungen per Video-Live-Call statt. Nun geht es in die Praxis, die eigene Praxis in Bega – zunächst aber nur für zwei Nachmittage in der Woche, denn ihre Arbeit in einem Kalletaler Seniorenheim möchte Innana Gräfin Stolberg-Wernigerode zunächst nicht aufgeben.

In ihrem lichtdurchfluteten Atelier in Bega lassen weiße Wände und sparsame Deko Raum für die Kreativität der Klienten, die sich mit Acryl-Farben, Jaxon-Kreide und Gouache-Farben ausprobieren können. Nach einem Erstgespräch, der sogenannten Anamnese, in der die anstehenden Probleme wie Angststörungen, Schwierigkeiten in der Partnerschaft oder im Job besprochen werden, kommt das berühmte weiße Blatt Papier zum Einsatz.

&bdquo;Ich möchte, dass der Klient bereits nach dem ersten Mal mit etwas Positivem nach Hause geht", sagt die Kunsttherapeutin. All diejenigen, die glauben, dass sie nicht künstlerisch begabt sind, kann die Gräfin beruhigen. &bdquo;In der Kunsttherapie gibt es kein richtig oder falsch. Alles, was entsteht, ist richtig." Ihr Motto lautet dementsprechend: &bdquo;Breite deine Flügel aus und schau was alles möglich ist!"

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