Warum das Ahrtal noch immer Extertaler Hilfe braucht

Extertal-Bösingfeld. Mittlerweile sind fast zwei Jahre ins Land gegangen. Die Auswirkungen der Flutkatastrophe im Ahrtal im Juli 2021 sind kaum noch in den Köpfen der Menschen präsent. Das wollte der Bösingfelder Uwe Krüger (61) ändern. Er organisierte mit anderen am Freitag und Samstag eine Benefizveranstaltung im Herzen Bösingfelds. Mit Pop, Rock, Bühnenshow, Bauchredner, Podiumsdiskussion und Info-Ständen erwartete die Besucher des Rathausplatzes ein buntes Programm. &bdquo;Das ist unser Tanz im Mai“, freut sich Krüger und schätzt, dass rund 1000 Besucher die Veranstaltung &bdquo;Das Ahrtal kommt nach Extertal“ besuchten.

Dem Motto &bdquo;Das Ahrtal kommt“, folgte auch die örtliche Winzergenossenschaft. Anja Bernards arbeitet dort als Bürokauffrau. Der Genossenschaft sind rund 460, überwiegend kleinere Winzer angeschlossen. Rund die Hälfte von ihnen – so schätzt Bernards – haben mit der Flut ihre Existenz verloren: &bdquo;Vor allen in den Flachlagen hat es die Rebstöcke weggespült“. Einfach neue Pflanzen setzen – das ließe die Bürokratie nicht zu, die nun eine &bdquo;rote Linie“ definiert habe, die das Hochwasser, das alle hundert Jahre erwartet werden könne, erreichen würde. Viele der kleineren Winzer hätten sich einen anderen Job suchen müssen. Zur Veranstaltung im Extertal sagt sie: &bdquo;Wir sind dankbar, dass es immer noch Leute gibt, die an uns denken“.

Helfer haben ihr altes Leben hinter sich gelassen Nicht nur dran denken, sondern auch vor Ort ehrenamtlich arbeiten – das machen Christian Richter (42) aus Sinzheim in Baden-Württemberg und der Extertaler Sascha Fricke (43). Beide leben seit eineinhalb Jahren im Ahrtal und helfen beim Wiederaufbau . &bdquo;Ich habe mein Leben komplett umgestrickt, Job aufgegeben, Freunde, Heimat“, erklärt Richter. Fricke ist trotz Dauer-Präsenz in der betroffenen Region immer noch fassungslos über die herrschenden Bedingungen. &bdquo;Am 10. Mai, also vor wenigen Tagen, haben wir ein Haus gefunden im Zustand von Tag Eins der Katastrophe“, so Fricke. Die Bilder auf seinem Handy zeigen ein mit Schlamm verwüstetes Haus, eine offensichtlich in Hektik verlassene Küche. Von den Bewohnern fehle jede Spur. Für die beiden Helfer sind das unfassbare Zustände.

&bdquo;In einem Industrieland wie Deutschland kann es doch nicht möglich sein, dass Menschen seit fast zwei Jahren ohne Heizung leben und ihre Häuser nicht wieder aufgebaut bekommen. Hier übernehmen ehrenamtlich Tätige staatliche Aufgaben“, wundert sich Gastredner Anthony Robert Lee, Landwirt und Politiker aus dem niedersächsischen Möllenbeck. Er ist Bundessprecher der Initiative &bdquo;Landwirtschaft verbindet Deutschland“ und war Organisator der seitens der Landwirte geleisteten Vor Ort-Hilfe. Was Organisatoren und Redner spürbar vereint, ist die Fassungslosigkeit darüber, dass die reichlich geflossenen Spendengelder für die Ahrtaler Flutopfer so schleppend ausgezahlt werden. &bdquo;Das ist Bürokratie pur. Da werden die Original-Bauunterlagen bis hin zum letzten Stempel verlangt von Menschen, die all ihr Hab und Gut verloren haben“, wundert sich Fricke.

Für Organisator Krüger, der immer noch ehrenamtlich die Lieferung von Baumaterial organisiert, war das zerstörte Ahrtal ein Erlebnis wie &bdquo;9/11 “. Er wolle mit seiner Veranstaltung im Extertal dafür sorgen, dass diese ehemals touristische Region wieder in den Fokus der Menschen gerate und die Bewohner auch beruflich eine Zukunft finden könnten.

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