Im Industriepark Belle könnten Altreifen in Rohstoffe aufgespalten werden

Horn-Bad Meinberg/Belle. Neue Erkenntnisse hatte die öffentliche Informationsveranstaltung zum Industriepark Lippe nur für diejenigen zu bieten, die nicht zur Sitzung des Stadtentwicklungsausschusses gekommen waren. Denn die Präsentation der Änderungen in der Bauleitplanung für eine mögliche Ansiedlung von Amazon war dieselbe. Interessant war die Veranstaltung aber, weil es etwas mehr Infos zu einer weiteren möglichen Ansiedlung im Industriepark gab: zu einer Altreifen-Verwertung mittels Pyrolyseverfahren.

Werner von Beeren vom Büro Enderweit und Partner mochte einem fast leid tun, so eierte er herum, als er erklärte, warum man sich nun entschlossen habe, Müllverbrennung im Industriepark nicht mehr kategorisch auszuschließen, sondern &bdquo;neue, zukunftsweisende Verfahren zur Beseitigung oder Verwertung fester, flüssiger oder gasförmiger Abfälle mit brennbaren Bestandteilen durch thermische Verfahren" ausnahmsweise zuzulassen. Im Klartext: Pyrolyseverfahren sollen im Industriepark nun erlaubt sein.

Nachfragen von Gegnern Dieses Herumeiern fiel natürlich auch den anwesenden Amazon-Gegnern auf und provozierte einige Nachfragen. &bdquo;Kommen jetzt zu den Amazon-Lkw zusätzlich noch Gifttransporte on the top dazu?", wollte Sabine Röntgen-Schmalenberg wissen. &bdquo;Wie kommen Sie jetzt überhaupt auf Pyrolyse? Was ist Ihre Motivation? Wollen Sie da jetzt so ein Ding hinbauen", ärgerte sich Wolfram Fiedler von der Initiative &bdquo;Beller Feld". In einem offenen Brief hatte sich sein Mitstreiter Uwe Hartmann schon vor der Veranstaltung empört: &bdquo;Wenn Herr Krentz hier offensichtlich ,durch die kalte Küche die Ansiedlung einer Müllverbrennungsanlage plant, dann wird es Proteste in Horn-Bad Meinberg geben."

Als Wirtschaftsförderer Rüdiger Krentz schließlich damit herausrückte, dass es Interesse einer Firma für Altreifenverwertung geben, gab es fassungslose Zwischenrufe aus den Reihen der Amazon-Gegner. &bdquo;Ich weiß gar nicht, ob die wirklich noch kommen wollen", relativierte Krentz später auf LZ-Nachfrage. &bdquo;Und vermutlich hätten die sich auch ohne Änderung des Bebauungsplans ansiedeln können." Insofern empfinde es die Stadtverwaltung nicht so, als habe sie nun neben der umstrittenen Amazon-Ansiedlung eine weitere Flanke geöffnet. &bdquo;Wir wollen ja auch neue Technologien an den Standort holen."

Aufspaltung von Stoffen Neu ist Pyrolyse nicht per se. Das Verfahren gibt es schon sehr lange. Dabei werden organische Stoffe unter hohen Temperaturen aufgespalten. Eine Verbrennung wird durch Sauerstoffausschluss verhindert. Schon die Köhler nutzten es bei der Herstellung von Holzkohle. Industriell ist Pyrolyse seit den 1970er Jahren im Einsatz. Im Idealfall spaltet die Pyrolyse ein Abfallprodukt in verschiedene Rohstoffe auf, die dann wiederverwendet werden können.

Altreifen werden vor der Pyrolyse geschreddert. Dabei wird der in ihnen enthaltene Stahldraht mit einem Magneten aus dem Schreddergut herausgefischt. Das Reifengranulat kommt dann in den Pyrolyseofen, der es in Pyrolysegas, Pyrolyseöl und Pyrolysekoks trennt. Das Gas kann in einem Blockheizkraftwerk in Motoren verbrannt werden, um Strom und Wärme für die Erhitzung des Pyrolyseofens zu erzeugen. Das Öl und der Koks sind begehrte Rohstoffe in der Industrie.

Der Teufel steckt allerdings im Detail. Je nach Firma werden leicht unterschiedliche Verfahren verwendet. Pyrum aus dem saarländischen Dillingen hat beispielsweise einen speziellen Ofen gebaut, in dem das Gummigranulat von oben auf 150 elektrische Heizplatten regnet. Pyrum nennt das Thermolyse. Das Verfahren ist so vielversprechend, dass sich der Chemie-Riese BASF mit 16 Millionen Euro eingekauft hat. Pyrum expandiert zwar, aber nicht in Belle, heißt es von deren Pressekontakt.

Anlagen meist groß Uwe Hartmann, von Beruf Verfahrenstechniker, glaubt nicht dass eine kleine Pyrolyseanlage, wie sie Belle eine entstehen könnte, rentabel wäre. Beim Schreddern der Reifen entstehende Stäube müssten gefiltert und bei der Pyrolyse entstehende Gase nachbehandelt werden, um sie im Blockheizkraftwerk verbrennen zu können. &bdquo;Mit entsprechenden Auflagen ist so eine Anlage kein Problem. Aber die machen es schwieriger und teurer", sagt Hartmann. &bdquo;Pyrolyseanlagen laufen umso besser, je größer sie sind. Und die Betreiber müssen seriös sein."

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