Verfressen, aber tiefenentspannt: Mit Eseln unterwegs durch Fromhausen

Horn-Bad Meinberg/Fromhausen. Verfressen – das trifft den Nagel auf den Kopf. Kaum raus aus dem Gehege schnappt Hausesel &bdquo;Josef“, 17 Jahre, auch schon nach dem saftigen Grün am Wegesrand. &bdquo;Das kann ja heiter werden“, denke ich, während ich vorsichtig am grünen Führstrick ziehe und versuche, ihn zum Weiterlaufen zu bewegen. Aber 160 Kilogramm haben ganz klar ihren eigenen Kopf. Ist der Eselspaziergang zu Ende, bevor er überhaupt angefangen hat?

Ein herbstlicher Nachmittag mitten im Nirgendwo, auf dem Rosenhof in Fromhausen herrscht ländliche Idylle. Auf dem Mini-Campingplatz steht ein Wohnmobil, die Hühner staksen über den Hof, zwei Frauen kümmern sich um ihre Pferde. Die Pferdepension ist das Hauptgeschäft, das den Hof trägt, erzählt Ralf Pieper (52), der hauptberuflich bei den Detmolder Stadtwerken arbeitet.

2015 übernimmt er den Hof von 1870, seine Partnerin Claudia Witte (50), die im Kundenservice eines Möbelherstellers tätig ist, kommt 2016 dazu . Gemeinsam haben sie sich hier einen Herzenstraum erfüllt. Und das hat vor allem mit den Eseln zu tun.

Eselliebe seit 15 Jahren Die findet Ralf Pieper nämlich seit einem Fernsehbeitrag vor gut 15 Jahren toll. Aber erst vor gut zwei Jahren holte er kurzerhand den heute 13-jährigen &bdquo;Anton“ zu sich. &bdquo;Der stand völlig abgerockt auf einem Hof in Braunschweig“, erzählt er. Ahnung hatten er und seine Claudia damals kaum – und letztere war ob des Schnellschusses erst auch gar nicht so begeistert.

Aber sie fuchsten sich rein, holten sich mit &bdquo;Alfred“, &bdquo;Josef“ und &bdquo;Leopold“ drei weitere Esel, schließlich soll man die Tiere nicht alleine halten. Und sie bauten eine innige Beziehung zu den Tieren auf, mit denen man nicht nur Kuschelzeit buchen, sondern auch wandern gehen kann.

Vorab eilt mir Ralf Pieper aber erst mal zur Hilfe. "Führungskraft" steht auf seinem braunen Pulli. "Du musst einfach ziehen, du reißt ihm nicht den Kopf vom Hals", ahnt er, warum ich noch ein wenig zögerlich bin - und zieht "Josef" sanft aber bestimmt am Halfter weg vom Grün zurück auf den Weg. "Immer schön mittig gehen", rät er mir. Bevor die Tour durch die Felder von Fromhausen losgehen kann, hat mir "Esel-Ralle", wie er im Ort schon mal genannt wird, aber noch das Wichtigste im Umgang mit den Tieren an einem Holzesel erklärt.

Immer neben dem Hals laufen, zum Beispiel. Und bergab vor dem Tier, um zu bremsen. Denn: Esel können richtig Tempo aufnehmen. Und ja, die Vierbeiner könnten theoretisch beißen oder austreten, was aber noch nie passiert sei. Angst müsse man definitiv keine haben. &bdquo;Aber Respekt – es sind eben keine Steiff-Tiere.“

Anfassen ist ausdrücklich erlaubt Respekt habe ich, als wir langsam hintereinander mit unseren Eseln vom Hof traben. Aber auch direkt Vertrauen, dass das mit mir und &bdquo;Josef“ schon irgendwie klappen wird. Schließlich schaut sich Ralf Pieper immer genau an, welcher Esel zu einem Tourteilnehmer passt. &bdquo;Josef“ sei besonders menschenbezogen und ganz lieb. &bdquo;Der macht eigentlich alles mit.“ Und auch Anfassen ist ausdrücklich erlaubt. &bdquo;Man darf und muss das sogar“, sagt Pieper, während ich &bdquo;Josef“ über sein borstiges Fell streiche.

Seinen Eselkollegen hinterher, geht es mit &bdquo;Josef“ mal etwas schneller, mal etwas gemächlicher durch die Landschaft. Der Wind pfeift, die Hufe klackern über den Asphalt, Collie &bdquo;Fynn“ zockelt hinter uns her. Fühlt sich gerade so gar nicht nach Arbeit an. Dass ich mit dem lieben &bdquo;Josef“ aber gleich noch etwas mehr zu tun haben werde, als nur entspannt durch die Natur zu bummeln, ahne ich da noch nicht.

Claudia Witte und Ralf Pieper haben mit ihren Tieren viel trainiert, damit die Spaziergänge gut klappen. Und gelernt, gelassen zu bleiben. Denn mit Druck kommt man bei den Eseln nicht weit. &bdquo;Man muss Ruhe mitbringen“, sagt Witte. Dann geben die Esel einem auch ganz viel. &bdquo;Man wird selbst ruhiger und entspannter“, sagt sie aus eigener Erfahrung. &bdquo;Wenn man regelmäßig mit den Tieren unterwegs ist, lernt man, den Kopf freizubekommen.“

Auf zum Fressspaziergang Im Normalfall machen sie kurze bis mittlere Wanderungen mit Mensch und Esel - meist ohne Gepäck - zu den Externsteinen oder in die Lavendelfelder zum Beispiel. Geritten wird auf den Tieren gar nicht. &bdquo;Es geht uns darum, eine ruhige Atmosphäre zu schaffen, mit den Tieren zu entschleunigen“, sagt Pieper.

Das ruhige Wesen der Esel schätzt auch Cornelia Ruhnow, die seit diesem Frühjahr als eine von drei Ehrenamtlichen bei der Eselbetreuung auf dem Hof mithilft und heute &bdquo;Anton“ neben sich hat. Eigentlich führe man bei den Eselwanderungen ja immer zu zweit ein Tier, verrät Ralf Pieper. &bdquo;Sonst kann es schon mal ein Fressspaziergang werden“, sagt er und lacht.

Und genau darauf hofft scheinbar auch &bdquo;Josef“ irgendwann. Als ich mein Handy zücke, um ein paar Fotos von der Tour zu machen, wittert er seine Chance. Ich bin nicht ganz bei der Sache – und schon hat er mich in den Grünstreifen gedrängt. &bdquo;Einfach auf dem Asphalt stehen bleiben, wenn er zieht“, ruft mir Claudia Witte von vorne zu. Aber einfach ist das ganz und gar nicht, denn &bdquo;Josef“ hat ordentlich Kraft. Und den nächsten Leckerbissen schon im Visier.

&bdquo;Die testen gerne aus – und spüren, wenn man nicht bei ihnen ist“, sagt Ralf Pieper, während ich versuche, meinen Esel zurück in die Spur zu bringen. Aber mein Ziehen am Halfter beeindruckt ihn kaum, immer wieder entwischt er mir ins Grün. Da naht die Rettung in Person von Claudia Witte mit "Alfred". Kurzerhand befestigt sie an &bdquo;Josefs“ Halfter einen zweiten Strick und wir nehmen den Esel in unsere Mitte – und der gut 40-minütige Spaziergang kann weitergehen.

Mit den Eseln ins Hospiz Aber was begeistert die beiden Hofbesitzer eigentlich an den Tieren? &bdquo;Esel sind sehr verspielt, sozial, hochintelligent – sie sind nicht stur, aber sie denken nach“, erklärt Ralf Pieper. "Sie würden nie etwas tun, was ihnen nicht plausibel erscheint." Und sie spüren ganz genau, wie es dem Menschen geht, der mit ihnen unterwegs ist. &bdquo;Manche Leute können sich nicht öffnen – die brauchen dann mehr Zeit mit den Tieren“, sagt Pieper.

Die sind im Großen und Ganzen meist tiefenentspannt. Überholende Radfahrer, spielende Kinder, eine Baustelle – selbst das direkt an uns vorbeifahrende Auto interessiert &bdquo;Josef“ scheinbar nicht die Bohne. Und mit ein paar kleinen Fresspausen und ein wenig Rückstand zur übrigen Truppe kommen wir am Ende auch durchweg zufrieden wieder auf dem Hof an. Zur Belohnung gibt es noch ein paar Blätter vom Haselnussstrauch für die Vierbeiner.

Ralf Piepers Seelenwunsch wäre, eines Tages mit den Eseln ins Hospiz gehen zu können, dafür muss allerdings noch viel trainiert werden. Auch längere Wanderungen mit Übernachtung hat er geplant. Und während die Esel nach getaner &bdquo;Arbeit“ auf die Wiese dürfen und sich – schon wieder – das saftige Grün schmecken lassen, schwärmt Pieper noch ein wenig von seiner Leidenschaft. Seine Esel, die würde er nie mehr hergeben, sagt er. &bdquo;Sie sind Familienmitglieder.“

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