Nach Schmähkampagne: Horn-Bad Meinbergs Wirtschaftsförderer macht Krankheit öffentlich

Horn-Bad Meinberg/Detmold. Wer derzeit mit dem Horn-Bad Meinberger Wirtschaftsförderer Rüdiger Krentz sprechen möchte, muss ihn zu Hause in Detmold besuchen. Er ist krankgeschrieben wegen Depressionen. Diese hängen mit den Verunglimpfungen zusammen, die im Frühjahr 2023 in ganz Horn-Bad Meinberg zusammen mit seinem Foto plakatiert worden waren . Weil er enttäuscht ist, wie Polizei und Staatsanwaltschaft mit dem Fall umgegangen sind und hofft, den Täter doch noch zu fassen, macht er seine Erkrankung öffentlich.

Wie haben Sie damals von den Plakaten gegen Sie erfahren?

Rüdiger Krentz : Ich habe - es war um Pfingsten - etliche Nachrichten über Whatsapp und auch Anrufe bekommen, dass überall in der Stadt ein Steckbrief mit meinem Foto und mit Verschmähungen hängt. Ich habe auch Fotos von den Plakaten zugeschickt bekommen und in der Folgewoche auch das ein und andere Plakat persönlich abgenommen.

Wie haben Sie darauf reagiert?

Rüdiger Krentz: Ich bin gleich zur Polizeiwache in Horn gegangen und habe eine Strafanzeige wegen Beleidigung gestellt. Besonders getroffen hat mich - unabhängig vom Inhalt der Plakate - dass diese Diffamierungen mit einem Foto von mir mich in aller Öffentlichkeit auf die niederträchtigste Art und Weise dargestellt haben.

Und wann haben Sie gemerkt, dass die Diffamierungen Sie auch gesundheitlich angreifen?

Rüdiger Krentz: Diese Erkenntnis ist mit der Zeit gewachsen. Auch durch Gespräche, die ich mit anderen darüber geführt habe. Ich habe dadurch gemerkt, wie andere das aufgenommen haben. Von einem Rechtsanwalt ist mir beispielsweise nahegelegt worden, mir einen Waffenschein zu besorgen. Das hat mich massiv zum Nachdenken gebracht. Ich habe jetzt nicht Angst, dass mir jemand ein Messer in den Rücken sticht, aber ein ungutes Gefühl ist immer da.

Und wie haben Sie gemerkt, dass Sie Hilfe brauchen?

Rüdiger Krentz: Auch diese Erkenntnis ist in Gesprächen mit anderen gewachsen, die in ähnlichen Situationen waren. Irgendwann muss man sich fragen, ob der Job oder die eigene Gesundheit wichtiger ist. Für mich war es anfangs aber schwierig zuzugeben, dass ich krank bin, weil ich ja körperlich fast nichts habe.

Haben Sie mit Angriffen wie diesem gerechnet, als Sie den Job des Wirtschaftsförderers für Horn-Bad Meinberg übernommen haben?

Rüdiger Krentz: Ich habe ja in Detmold langjährige kommunalpolitische Erfahrung und weiß, dass man es nicht jedem Recht machen kann. Kritik muss man aushalten, wenn sie fair geäußert wird. Im Rat und in Ausschüssen bin ich ja auch persönlich angegangen worden. Die Plakate waren aber ein feiger Angriff! Wenn man mir Kritik ins Gesicht sagt, kann ich mich dagegen wehren. Das anonym zu tun, ist feige! Im Rahmen des Amazon-Baus haben wir uns als Verwaltung auch mit den Kritikern auseinandergesetzt. Auf meinen besonderen Wunsch hin übrigens weit über das vorgeschriebene Maß hinaus.

Sie kommen gleich auf Amazon. Kann es nicht sein, dass die Plakate auch von Fachmarktzentrumsgegnern aufgehängt wurden oder von einer der Firmen stammen, die im künftigen Wasserstoff-Gebiet am Bahnhof nun als Fehlansiedlung gelten?

Rüdiger Krentz: Die Plakate müssen natürlich nicht aus dem Lager der Amazon-Gegner stammen, es ist aber naheliegend. Von den Gegnern des Fachmarktzentrums kamen nie persönliche Angriffe gegen mich. Und auch den Firmen auf dem ehemaligen Hornitex-Gelände würde ich so etwas nicht zutrauen.

&bdquo;Haltbarkeitsdatum abgelaufen“ stand auf den Plakaten - gemeinsam mit Ihrem Namen, oder? Haben Sie welche aufbewahrt?

Rüdiger Krentz: Ja, als Beweismittel. In meinem Büro in Horn liegen noch ein paar. Und auf dem Rechner habe ich eins. Aber ich lese mir das nicht immer wieder durch und könnte Ihnen jetzt auch den Inhalt nicht wortgetreu wiedergeben.

Sie haben im Vorgespräch gesagt, dass Sie die Täter gerne noch schnappen würden. Die Staatsanwaltschaft hat aber nun das Verfahren eingestellt. Welche Hoffnung haben Sie?

Rüdiger Krentz: Ich bin mir sicher, dass es diverse Mitwisser gibt. Man plakatiert nicht ganz alleine das Horn-Bad Meinberger Stadtgebiet. Die sollten sich überlegen, ob sie so einen Angriff auf die Gesundheit eines Menschen weiter decken wollen. Oder im besten Fall sollte der Täter selbst seine Feigheit aufgeben und zu seiner Tat stehen - was ihm ja wahrscheinlich auch bei der Strafbemessung helfen würde.

Wie sehen Sie die Rolle von Polizei und Staatsanwaltschaft in diesem Fall?

Rüdiger Krentz: Ich hätte mir gewünscht, dass auf meine Anzeige hin von der Staatsanwaltschaft festgestellt wird, dass eine Straftat vorliegt und dass dann die Polizei auch entsprechend ermittelt. Das hat sie aber nach meinem jetzigen Kenntnisstand nicht getan. Bei der Staatsanwaltschaft hätte man die Plakate ja auch mal ins Verhältnis setzen können zu einer Strafanzeige, die dort gegen mich vorlag.

Es gab eine Strafanzeige gegen Sie?

Rüdiger Krentz: Ja, wegen Vorteilsnahme im Amt wegen der Ausgleichsflächen für Amazon. Völlig lächerlich. Aber auch für die Juristen der Stadt war es extrem schwierig, bei der Staatsanwaltschaft Auskünfte zum Verfahrensstand zu bekommen. Diese Untätigkeit der Behörden trägt natürlich auch nicht zur Genesung bei.

Wie hat Ihre Familie auf die Plakate reagiert?

Rüdiger Krentz: Meine Familie und mein breiter Freundeskreis ist mein Rückhalt. Mein Umgang mit der Erkrankung ist es, darüber zu sprechen.

Haben sie derzeit Kontakt zur Stadtverwaltung?

Rüdiger Krentz: Wenig. Ich versuche, mich von der Arbeit fernzuhalten und bin nicht mehr im Tagesgeschäft. Ich mache gerade um Horn-Bad Meinberg einen großen Bogen - auch wenn mich das selbst ein wenig wundert.

Und wie geht es nun für Sie weiter?

Rüdiger Krentz: Es ist äußerst schwierig, bei dieser Erkrankung einen Therapeuten zu bekommen. Teilweise gibt es Wartezeiten von einem halben Jahr und mehr. Damit es schneller geht - weil ich gerne schneller wieder in den Beruf zurückkommen würde - werde ich wohl einen stationären Aufenthalt in einer Klinik verbringen.

Und wer kümmert sich solange um die Wirtschaftsförderung in Horn-Bad Meinberg?

Rüdiger Krentz: Das darf nicht mein Problem sein.

Das sagt die Staatsanwaltschaft

Laut Auskunft der Staatsanwaltschaft ist das Verfahren eingestellt worden, weil sich kein Täter ermitteln ließ und nicht etwa, weil man die Plakate nicht für strafbar hielt. Es habe in dem konkreten Fall keine Ermittlungsansätze gegeben. Bei der Staatsanwaltschaft sei nur eine Anzeige zum Fall bekannt.

Bei dieser muss es sich um die Anzeige von Krentz selbst handeln. Was bedeutet, dass von Seiten der Stadt keine vorlag.

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