Kreis Lippe. Er wollte einfach nicht mehr so weiter machen: Unternehmer Carsten Roth hat die Unternehmenskultur im väterlichen IT-Betrieb mit heute 100 Mitarbeitern verändert. Von seinen Erfahrungen berichtet der Coach in der nächsten Folge der Reihe „Zukunftsperspektiven". Herr Roth, Sie waren noch keine 30, als Sie in das väterliche Unternehmen Telroth eingestiegen sind. Warum haben Sie was verändern wollen? Carsten Roth:„Ich habe mich einfach nicht mehr wohlgefühlt mit diesem „wir da oben, die da unten." Diese Hierarchie gibt es ja wohl in den meisten Unternehmen. Roth: Klar, ich habe das ja auch erst mal so übernommen. Aber mir hat da einfach eine richtige Verbindung gefehlt, zu denen, mit denen ich da gearbeitet habe. Was war denn die Initialzündung, damit Sie dann richtig was verändert haben im Betrieb? Roth:2013 war ein richtig schlechtes Jahr, da wäre uns das Ding fast um die Ohren geflogen, und wir saßen weiter in unserer selbstgefälligen Selbstverwaltung. Was stimmte nicht? Roth:Wir hatten das übliche System von Lob und Tadel, uns eingebildet, dass wir mit ein paar Boni zum Erfolg kommen. Aber das hat ja eben nicht funktioniert. Was war die Konsequenz? Roth:Ich habe alle Leute um mich herum auf den Prüfstand gestellt, in einer Krise kommt alles hoch, was man über Jahre unter der Decke gehalten hat. Meine Steuerberaterin zum Beispiel hat mir in einer Gesellschafterversammlung vor den Latz geknallt: „Sie haben Ihre Pflichten nicht erfüllt." Klar, die Kritik kann ja jemand äußern, aber ich hätte einfach Hilfe gebraucht. Ein Jahr später war sie auch nicht mehr unsere Steuerberaterin. Wie haben Sie es geschafft, die eigene Haltung zu verändern? Roth: Ich hab mich erst mal durchgewurschtelt, dann eine Coaching-Ausbildung absolviert und habe zu mir selbst gefunden. Ich bin endlich bei mir angekommen, und damit konnte ich den Veränderungsprozess starten. Sie coachen Mittelständler. Was ist der wichtigste Ratschlag? Roth:Im Mittelstand steigen irgendwann der beste Programmierer oder der beste Ingenieur zum Teamleiter auf. Man meint, der wird auf ein Seminar geschickt, das reicht dann schon. Ein Trugschluss. Was also wäre besser? Roth:Es geht um die Menschlichkeit, um ein Miteinander. Wenn wir schon acht Stunden am Tag miteinander verbringen, dann so, dass wir Spaß haben. Dabei darf die Leistung nicht zu kurz kommen. Wie kriegt man das hin? Roth:Die Haltung muss sich verändern, die Mitarbeiter müssen mehr Verantwortung bekommen. Das ist erst mal nicht leicht. Ich habe neulich in einem Lenkungsausschuss bei Telroth gesessen, und nach einer Weile hat man mir erklärt: Carsten, eigentlich könntest Du jetzt gehen. Das war ein komisches Gefühl. Funktioniert anscheinend aber. Roth: Und ob. Es ist Wahnsinn, wie die Mitarbeiter über sich hinaus wachsen, wenn man ihnen was zutraut. Manche Geschäftsführer reden in einer zwei-Stunden-Konferenz 100 Minuten. Das kann nicht funktionieren. Und mittlerweile müssen wir ja um Mitarbeiter buhlen, nicht umgekehrt. Was tun Sie für Ihr Team? Roth:Wir haben gemeinsam einen großen Raum mit offener Küche gestaltet, drei Mal pro Woche kommt ein Koch. Wir tun was für die Gesundheit der Mitarbeiter, alles ist bunt. Das bringt Energie. Und wenn Du Deine eigene Identität findest, findest Du auch die Leute, die zu Dir passen.