Jugendliche Intensivtäter im Fokus der Behörden

Kreis Lippe. 1432 jugendliche oder heranwachsende Straftäter hat die Polizei Lippe im vergangenen Jahr ermittelt. Die Zahl derer, die innerhalb kürzester Zeit immer wieder Straftaten begehen, ist mit 13 vergleichsweise gering. Dennoch hat die Polizei ein besonderes Augenmerk auf genau diese Tätergruppe. Wer in diese Gruppe eingestuft wird, mit dem befassen sich Polizei, Justiz und Jugendämter in gemeinsamen Runden.

JIT heißt die Abkürzung im Fachjargon. Jugendliche Intensivtäter sind zwischen 14 und 20 Jahre alt und fallen dadurch auf, dass sie innerhalb von zwölf Monaten immer wieder straffällig werden. Die Mehrzahl der Intensivtäter ist männlich, zumeist leben sie in den größeren Städten wie Detmold, Bad Salzuflen und Lemgo, aber auch in Lage oder Blomberg. Und: &bdquo;Häufig sind sie in Gruppen kriminalpolizeilich aktiv“, berichtet der Leiter des Kriminalkommissariats 6, Erster Kriminalhauptkommissar Heiko Wind. Viele Straftaten werden laut Polizei zu mehreren in Gruppen verübt – zum Beispiel Körperverletzungen oder Sachbeschädigungen. Intensivtäter würden jedoch auch als Einzeltäter aktiv, so im Bereich Warenbetrug oder Bedrohungen über Social Media.

Mit individuellen Maßnahmen versucht die Polizei mit Unterstützung des Jugendamtes, der &bdquo;kriminelle Karriere“ der jungen Menschen entgegenzuwirken. &bdquo;Eine landesweite einheitliche Definition von Intensivtätern gibt es nicht“, erklärt Wind. Gleichwohl gebe es Erhebungen zu Mehrfachtatverdächtigen generell.

Jede Behörde lege jedoch aufgrund der behördenspezifischen Umstände ihre zu betreuenden Intensivtäter selbst fest: &bdquo;Für unsere Vorgehensweise ist von erheblicher Relevanz, dass die Anzahl der identifizierten Intensivtäter mit unseren personellen Ressourcen korrespondiert.“ Mit anderen Worten: Viel hilft nicht unbedingt viel.

Jugendsachbearbeiter und Bezirksbeamte

Im vergangenen Jahr betreute die Polizei im Rahmen des Intensivtäterkonzeptes 13 Personen, 2018 waren es sogar nur acht, im Jahre 2013 aber in der Spitze sogar 34 – was jedoch nicht bedeutet, dass die Zahl der Mehrfachtäter stark abgenommen hat. Vielmehr hat die Polizei das Konzept angepasst und den Fokus verändert – auf wenige hochkriminelle Jugendliche: &bdquo;Die Befassung mit bis zu 34 Intensivtätern wurde unserem Anspruch nicht gerecht, sich in der Tiefe mit jedem Einzelnen auseinander zu setzen“, sagt Wind. Und: Die Polizei gehe davon aus, dass die Konzentration auf wenige jugendliche Täter, die für einen Großteil der Straftaten in dieser Altersgruppe verantwortlich sind, deutlich besser geeignet sei, die Fallzahlen perspektivisch zu senken.

Das Konzept beinhaltet laut Wind, dass speziell ausgebildete Jugendsachbearbeiter und Bezirksbeamte einbezogen werden. Neben Jugendlichen und Heranwachsenden treten in Einzelfällen auch schon Kinder strafrechtlich in Erscheinung. Wind: &bdquo;Strafverfolgung ist hier natürlich ausgeschlossen. Umso wichtiger ist die Zusammenarbeit mit dem Jugendamt.“

Hausbesuche und Gefährderansprachen seien bei jungen Intensivtätern festgeschrieben. Außerhalb der Pandemiezeiten fänden zudem Fallkonferenzen unter Beteiligung von Polizei, Justiz und Jugendamt statt. Im Moment nehmen die Beteiligten aus den unterschiedlichen Behörden laut Wind direkt Kontakt miteinander auf. Das Ziel: Bei herausragenden Delikten werden Sofortmaßnahmen getroffen, Sanktionen sollen möglichst schnell folgen. Das funktioniere auch in Corona-Zeiten gut: &bdquo;Nach unseren Information gibt es keine pandemiebedingten Änderungen zum Strafvollzug gegenüber Minderjährigen“, sagt der Leiter des Kriminalkommissariats.

Viele Jugendliche begehen als Erwachsene keine Straftaten mehr

&bdquo;Mit unserem neuen Konzept gehen wir in die Tiefe statt in die Breite und konzentrieren uns in Zukunft auf wenige Intensivtäter. Diese Bedürfnisse wurden auch in eine neue Zusammenarbeitsvereinbarung mit den Jugendämtern in Lippe eingearbeitet“, erläutert der Erste Kriminalhauptkommissar.

Ob der Plan aufgeht? Zumindest gibt es hoffnungsvolle Studien, die Wind zitiert: &bdquo;Sie zeigen, dass sich Jugenddelinquenz in den meisten Fällen auswächst.“ Seltener träten junge Intensivtäter auch als Erwachsene strafrechtlich in Erscheinung – manchmal jedoch bleibe &bdquo;ein zwischenmenschlicher Kontakt“ zwischen dem Intensivtäter und der Sachbearbeitung nach &bdquo;Karriereende“ bestehen – was nach einer guten Begleitung klingt.

1432 junge Straftäter

Die Zahl der jugendlichen Straftäter in Lippe ist im Corona-Jahr 20202 leicht gestiegen. 1432 Tatverdächtige weist die Statistik aus – 0,6 Prozent (absolut: neun) mehr als im Vorjahr. Knapp ein Viertel aller ermittelten Straftäter – 24,1 Prozent – war im vergangenen Jahr unter 21 Jahren. Auf der anderen Seite waren knapp ein Drittel aller 2903 Opfer – insgesamt 822 – unter 21 Jahre.

Die Jugendlichen zwischen 14 und 20 Jahren – erfasst wurden aber auch jüngere Kinder, die noch nicht strafmündig sind – begingen vor allem Diebstahlsdelikte (34 Prozent) und Körperverletzungen (26 Prozent sowie Vermögens- und Fälschungsdelikte (25 Prozent). Zwölf Prozent der Taten waren Sachbeschädigungen in drei Prozent der Fälle ging es um Raub.

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