Kreis Lippe. Es gab eine großzügige Regelung, wann Betriebe ihre Insolvenz anmelden müssen. Die Fristen waren ausgeweitet worden. Die Corona-Ausnahmeregelungen in Bezug auf das Insolvenzrecht sind zum 30. April aber ausgelaufen. Die Kreishandwerkerschaft befürchtet, dass es eine Pleitewelle gibt und dies auch Auswirkung auf die Handwerksbetriebe hat.
Die Bundesregierung hatte im vergangenen Frühjahr pandemiegeschädigten Firmen ermöglicht, auf einen Insolvenzantrag zu verzichten. Seit Ende April gilt diese Ausnahmeregelung nicht mehr. „Trotzdem gehen viele Unternehmen aber derzeit davon aus, sie bräuchten keine Insolvenz anzumelden", sagt Andrea Hegerbekermeier, Geschäftsführerin und Juristin der Kreishandwerkerschaft Paderborn-Lippe. Es gebe immer noch zahlreiche Hilfsprogramme und Unterstützungsmaßnahmen wie auch die Kurzarbeit, die viele Unternehmen aktuell noch über Wasser hielten. „Mit einem sprunghaften Anstieg der Insolvenzzahlen ist daher momentan wohl noch nicht zu rechnen", meint Hegerbekermeier.
Fatale Folgen für Geschäftspartner
Das sei allerdings eine trügerische Sicherheit. Denn sobald die Hilfsprogramme ausliefen oder spätestens wenn es um die Rückzahlung gehe, werde sich schwarz auf weiß offenbaren, was eigentlich schon jetzt klar sei. „Die Insolvenzen werden auf diese Weise nur zeitlich verzögert", befürchtet die Juristin. Mit fatalen Folgen für all diejenigen, die in Geschäftsbeziehungen zu den betroffenen Betrieben stehen. Das betreffe unter anderem auch die Handwerksbetriebe, die im Auftrag für diese Firmen Aufträge erledigen und am Ende bei deren Insolvenz trotz erbrachter Arbeit in die Röhre schauen.
„Dann geraten Betriebe in eine Schieflage, die sie selbst nicht verschuldet haben", so die Geschäftsführerin. Solche Szenarien könnten gerade die Bauhandwerke in einer kritischen Phase treffen. „Durch die aktuelle Rohstoffkrise fahren diese Betriebe derzeit ohnehin unverschuldet große Verluste ein. Aufträge können nicht abgearbeitet werden, da Material fehlt. Kunden springen aufgrund der hohen und unkalkulierbaren Preise ab. Mitarbeiter müssen in Kurzarbeit geschickt werden. Kaum vorstellbar, wenn dann auch noch die Aufträge nicht entlohnt werden, die tatsächlich umgesetzt werden konnten", stellt Hegerbekermeier fest.