Wilderer wollen Rehe und Wildschweine

Kreis Herford/Kreis Lippe . In Romanen werden ihre Beutezüge im Wald gern mal romantisch verklärt – tatsächlich ist an den Aktivitäten von Wilderern nichts romantisch, sie sind kriminell. Nach zwei Fällen an der Grenze zum Kreis Herford, genauer zu Vlotho und zum lippischen Kalletal, bei denen von einem Wilderer verletzte Wildschweine von einem Jäger erlegt wurden, hat die niedersächsische Kripo ein Ermittlungsverfahren eingeleitet und hofft auf Hilfe und Hinweise aus NRW.

&bdquo;Wir ermitteln wegen versuchter Jagdwilderei und Verstößen gegen das Tierschutzgesetz", erklärt Julia Hase, Sprecherin der Polizeiinspektion Nienburg/Schaumburg. Und auch in Vlotho gibt es Hinweise auf Wilderei – auch wenn der oder die Täter hier offensichtlich anders vorgehen. Grund für die aktuellen Ermittlungen sind zwei Wildschweine, die im September und am 18. November in einem Revier nahe Rinteln erlegt worden waren. Wie sich herausstellte, wiesen beide Tiere schwere Verletzungen auf.

Tiere litten monatelang unter Verletzungen &bdquo;Die Wildschweine hatten in den Hals eingewachsene Schlingen", erläutert der Revierinhaber, der sie erlegt und zur Dokumentation auch Fotos der Verletzungen gemacht hatte. In dem einen Fall habe es sich um eine 60 Kilo schwere Bache – also ein weibliches Tier –, im anderen um eine 30 Kilo schwere jüngere Sau gehandelt. Die Schlingen haben sich weit bis ins Fleisch eingegraben. Das deute darauf hin, dass die Tiere schon seit längerem, wahrscheinlich schon seit sechs bis neun Monaten, unter den Verletzungen gelitten hätten.

Die Jagd mit den Schlingen ist eine überaus grausame Art für Wildtiere, zu sterben. Ihr Todeskampf dauert Stunden. Dabei vermutet der Jäger, dass der oder die Täter es nicht auf Wildschweine, sondern vor allem auf Rehe oder Hasen abgesehen haben. &bdquo;Kein Reh und erst recht kein Hase wären in der Lage, die Schlingen abzureißen. Die hätten sich im wahrsten Sinne des Wortes zu Tode gezappelt."

Jäger schaltet Kriminalpolizei ein Die Schlinge – oft wird auch Draht verwendet – wirkt wie ein Galgenstrick und zieht sich immer weiter zu. Für ein deutlich stärkeres Wildschwein ist es allerdings kein Problem, die an einem Ast befestigte Schlinge abzureißen. Der Jäger, der anonym bleiben möchte, hatte nach dem zweiten Fund die Kriminalpolizei eingeschaltet. Er geht davon aus, dass die Schlingen im weiten Umkreis gelegt worden sein müssten. &bdquo;Wildschweine legen in einer Nacht problemlos 15 Kilometer zurück. Somit kommen sowohl der Kreis Herford, Minden-Lübbecke, aber auch Lippe infrage."

Dirk Richard Reese, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Lippe, hat von solcher Art der Wilderei in Lippe bislang nichts gehört. Der Einsatz von Schlingen scheine eine neue Methode zusein, sagte er auf Nachfrage der LZ. &bdquo;Aber mir ist nicht bekannt, dass es so etwas bei uns gäbe", sagte der oberste Jäger. Generell habe man in Lippe keine Probleme mit Wilderern.

Im Vlothoer Revier fallen nachts Schüsse Bernd Stute, Vorsitzender des Hegerings Vlotho – einem Zusammenschluss der örtlichen Jäger –, hat noch keine Infos über Schlingen. Er berichtet über ein ganz anderes Phänomen in puncto Wilderei. &bdquo;Immer wieder fallen nachts in den Vlothoer Revieren Schüsse, ohne dass ein Jäger draußen ist."

Vor Kurzem sei auch ein totes Reh entdeckt worden, das nach den Spuren am Körper gewildert worden sei. 2016 war in Steinbründorf ein Bock von einem Wilderer geschossen worden. Die Masche der Täter: Rehe oder Rotwild werden nachts mit einer Taschenlampe geblendet, bleiben stehen und werden dann von den Kriminellen geschossen. Einen Nachweis zu erbringen, sei schwierig, so Stute, denn die Beute verschwinde meist sofort im Kofferraum oder verende.

Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren Das Problem wird dadurch verschärft, dass die meisten Kriminellen Kleinkaliber verwenden. Deren Munition führt zwar zu schweren Verletzungen, tötet die Tiere aber nicht schnell, sondern kann zu einem stundenlangen Todeskampf führen – anders als bei Jagdwaffen. Mit den Schlingen haben es die Kriminellen oft auf Hasen oder Kaninchen abgesehen. Leidtragende sind aber auch andere Tiere. In Löhne war 2018 ein Hauskater in so eine Schlinge geraten und verendet. 2013 war auf dem Wittel in Löhne ein Rehbock gefunden worden, der ebenfalls in eine Schlinge geraten und verendet war.

Die Jagdwilderei mit dem Einsatz von Schlingen zählt zu den besonders schweren Fällen und wird mit einer Freiheitsstrafe zwischen drei Monaten und fünf Jahren bestraft.

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