Aktionsbündnis übergibt 7000 Unterschriften gegen die Schließungen am Klinikumstandort Lemgo

Kreis Lippe. Die Frustration ist ungebrochen. "Es traut sich kaum noch jemand, überhaupt etwas zu sagen", sagt eine Aktive des Aktionsbündnis Klinikum Lippe, das sich für den Erhalt der unfallchirurgischen und der orthopädischen Abteilung am Klinikumstandort in Lemgo einsetzt. Gemeint sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, denen von oben nahegelegt worden sein soll, die Füße still zu halten. Eine Pflegekraft steht am Montagnachmittag dennoch mit einem großen Plakat vor der Tür des Sitzungssaales und wartet auf den Landrat. 7000 Unterschriften hat das Aktionsbündnis gesammelt, Dr. Axel Lehmann bekommt sie in einem dicken Aktenordner überreicht.

"So viele Unterschriften in so kurzer Zeit - das ist ein starkes demokratisches Zeichen", sagt Walter Brinkmann (Die Linke) stellvertretend für das Bündnis mit Nachdruck. "Wir geben nicht auf." Und dennoch gleicht die Aktion einem letzten, fast schon verzweifelten Aufbäumen, denn das nahende Ende der Abteilungen ist schon längst beschlossene Sache. In wenigen Tagen, zum 1. Oktober 2022, schließt die Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Standort Lemgo , ab dann wird sich das gesamte Leistungsspektrum dieser Art laut Klinikum am Standort Detmold konzentrieren. Nachteile soll das nicht geben, betont der Landrat auf dem Flur erneut. "Für mich stellt das keine Verschlechterung dar."

Pflegekräfte bemängeln Arbeitssituation Die Zentrale Notaufnahme sei schließlich in Lemgo weiter rund um die Uhr erreichbar, außerdem gebe es ebenfalls noch eine "unfallchirurgische Basisversorgung" - darunter etwa erste Untersuchungen, Röntgen, Gipsen, Verschreiben von Schmerzmitteln - für Patientinnen und Patienten, die selbstständig das Klinikum in Lemgo aufsuchen. Das aber nur zu festen Zeiten, kritisiert eine Pflegekraft vor dem Sitzungssaal. Die Situation verschlechtere sich also merklich. Laut Klinikum Lippe sollen unfallchirurgische Notfälle von montags bis freitags von 8 bis 20 Uhr sowie an Wochenenden und Feiertagen von 9 bis 21 Uhr durch einen unfallchirurgischen Arzt in Lemgo erstversorgt werden. Der Rettungsdienst fahre mit entsprechenden Notfällen aber ausschließlich nach Detmold. "Wer in Kalletal einen Herzinfarkt hat, kommt ja auch nach Detmold, weil er da am besten versorgt ist", sagt Dr. Axel Lehmann.

Das wiederkehrende Argument kann die Anspannung auf dem Flur nicht abschwächen. Im Gegenteil: Den Pflegekräften gehe es auch um die schlechte Arbeitssituation, sagt eine Mitarbeiterin. "Die kündigen reihenweise, weil sie den Druck nicht mehr ertragen können." Der Landrat will darauf nicht antworten, ohne die Gegenseite zu hören, verspricht aber, die Vorwürfe mitzunehmen.

Im Kreisausschuss gibt es kein Aufbäumen mehr gegen die anstehende Schließung der Abteilungen. Dafür beantragen CDU, Freie Wähler und FDP, das Klinikum Lippe finanziell zu unterstützen, um den Standort Lemgo zukünftig zu stärken. Konkret geht es um Gelder für den Aufbau der beschlossenen Pflegeschule am Standort Lemgo sowie den Ausbau der Geriatrischen Station und der Pneumologie zum Lungenzentrum.

Zur Abstimmung kommt es nicht, zu viele Fragen seien noch ungeklärt. "Wenn es um Gelder geht, habe ich Bauchschmerzen", sagt Henning Welslau (SPD). "So eine Geschichte entwickelt schnell eine Eigendynamik, das kann schwierig werden." Die Fraktionen wollen den Antrag daher noch einmal auf sich wirken lassen und gegebenenfalls Anregungen liefern. Die Thematik wird im nächsten Kreisausschuss wieder eine Rolle spielen. Für das Aktionsbündnis Klinikum Lippe ist dieser Nebenschauplatz aber irrelevant. "Der einzige Erfolg wäre, wenn die Politik den Beschluss ruhen lässt", sagt Walter Brinkmann. Doch dafür interessiere sich wohl keine Fraktion.

IG Metall fordert Rücknahme der Beschlüsse Auch die IG Metall sieht die Aufgabe der beiden Abteilungen am Standort Lemgo kritisch. Aus Sicht der Gewerkschaft würden dadurch die eh schon überlasteten Beschäftigten in Detmold ohne jegliche Not einem noch größeren Arbeitsvolumen ausgesetzt werden, heißt es in einer Pressemitteilung. Am Ende belaste das den Patienten im Krankenhaus. Die größte Sorge mit Blick auf Unfälle hätten die Betriebsräte der Metallbetriebe aus dem Umfeld Lemgo-Nordlippe. Von dort aus sei es illusorisch, dass Menschen wie gesetzlich gefordert innerhalb von 20 Minuten ins Krankenhaus gelangen könnten. Die IG Metal fordere daher von der Politik "die sofortige Rücknahme der gefassten Beschlüsse und ruft ihre Mitglieder auf, sich an den geplanten Demonstrationen, die durch das Aktionsbündnis Klinikum Lippe organisiert werden, am Samstag in Lemgo und Detmold zu beteiligen". Laut Aktionsbündnis sind die Demos um 11 Uhr am Ostertor in Lemgo sowie um 12 Uhr am Klinikum in Detmold geplant.

Die Linke NRW zeigt sich solidarisch mit Aktionsbündnis Auch die Linke NRW unterstützt den Kampf gegen das drohende Aus der Abteilungen. "Die Schließungen sind weder im Interesse der Beschäftigten noch der Patientinnen und Patienten. Denn es sind immer mehr Menschen in NRW auf eine wohnortnahe medizinische Versorgung angewiesen. Dass ausgerechnet in dieser Zeit Stationen oder gar ganze Kliniken geschlossen werden, ist unverantwortlich“, wird Landessprecherin Nina Eumann zitiert.

Jules El-Khatib, Landessprecher der Linken in NRW, ergänzt in der Mitteilung: &bdquo;Die Krankenhausplanung der NRW-Landesregierung schiebt die Verantwortung in die einzelnen Regionen. Das Ergebnis ist unter anderem die geplante Schließung von der Unfallchirurgie und Orthopädie am Klinikum Lippe. Wir appellieren weiter an alle Kreistagsfraktionen im Kreis Lippe, zur kommenden Kreistagssitzung am 26. September das Anliegen des Aktionsbündnis Klinikum Lippe für einen Erhalt der Abteilungen zu unterstützen, sollten die Schließungspläne bis zu diesem Zeitpunkt nicht gestoppt werden.“

Auf Landesebene fordere die Linke daher eine Gesundheitsversorgung, die an den Bedarfen der Patientinnen sowie Patienten und an guter Qualität orientiert werde. Die Gesundheitsversorgung sei eine Aufgabe der Daseinsvorsorge und daher müsse sie durch das Land NRW vollfinanziert werden, schreibt die Partei.

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