Kommt es zur Brückensprengung im Lemgoer Passadetal?

Lemgo-Voßheide. Für die marode Passadetalbrücke kommt ab Ende 2024 Ersatz. Der allerdings wird dann noch bis zu drei Jahre auf sich warten lassen. Denn der Landesbetrieb Straßenbau wird zunächst eine einspurige Ersatzbrücke übers Passadetal ziehen, um dann das Original abzureißen und neu zu bauen. All das bestätigen Pressesprecher Sven Johanning und eine Kleine Anfrage des Lemgoer Landtagsabgeordneten Alexander Baer (SPD).

In der Tat soll eine Behelfsbrücke, stolze 320 Meter lang, den Verkehr auf der Ostwestfalenstraße während der Bauarbeiten im Fluss halten. Das Provisorium werde zwar etwas tiefer im Tal liegen, sodass man über Rampen ein Stück hoch und runter muss. "Ansonsten wird es mit Stützen, klassischem Beton und so weiter eine richtige Brücke", sagt Sven Johanning. Nur eben einspurig, mit ampelgesteuertem Einrichtungsverkehr so wie seit der Sperrung auch.

Ein Top-10-Projekt der Zwanziger Wenn die Behelfsbrücke steht, wird laut Johanning das marode Original abgerissen. Hierzu laufe gerade eine Machbarkeitsstudie. Variante 1: eine schnelle, spektakuläre Sprengung, die beim Aufräumen der Trümmer aber in der Regel Tempovorteile bietet. Variante 2 wäre, die Brücke Stück für Stück abzutragen. Bei der Untersuchung spiele natürlich die Nähe der Gebäude im Tal mit rein. Auszuschließen sei eine Sprengung aber definitiv nicht, sagt Johanning.

Fest steht, dass der Neubau einer der Top-10-Projekte im Zuständigkeitsgebiet der Bielefelder Niederlassung von Straßen NRW in der zweiten Hälfte des Jahrzehnts wird. Angesichts der zuletzt dynamischen Baukostenentwicklung will sich der Landesbetrieb nicht festlegen. Eine Bausumme irgendwo zwischen 10 und 20 Millionen Euro sei aber durchaus realistisch, rechnet Straßen-NRW-Sprecher Johanning vor.

Lärmschutz: Land bremst weiterhin In der Summe stecken dann auch Bau- und Abrisskosten des Provisoriums. Ohne den Umweg Behelfsbrücke einfach südlich die neue Brücke zu bauen und dann die alte abzureißen, sei aber nicht möglich, sagt Johanning. Dann sei es kein Ersatz-, sondern ein Neubau. Im Naturschutzgebiet Passadetal würde man sich damit ein zeitaufwendiges Planfeststellungsverfahren einhandeln. Mit dem Ergebnis, vor den 30er Jahren realistischerweise nicht anzufangen.

Streit gibt es derweil noch beim Thema Lärmschutz. So schreibt NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer in der Antworts auf Baers Anfrage: "Da es sich bei der geplanten Erneuerung der Passadetalbrücke (...) um einen reinen Ersatzneubau handelt, sind die Voraussetzungen für die Lärmvorsorge nicht erfüllt." Eine Prüfung habe ergeben, dass nur des Nachts, nur bei wenigen Häusern und nur in geringem Maße die Lärmgrenzwerte überschritten würden.

Schutzwände? Flüsterasphalt? Fehlanzeige! Im Klartext: Die wenigen Anwohner, für die auf dem Papier zu viel Nachtlärm steht, könnten ja beim Straßenbau-Betrieb Antrag auf passiven Lärmschutz stellen. Darunter fallen üblicherweise spezielle Fenster. Für SPD-Mann Alexander Baer setzt die neue Landesregierung damit den "bürgerfeindlichen" Kurs der alten fort: "Sie geht nicht auf Sorgen und immense Belastung der Anwohner ein", seien doch weder Schutzwände, Tempolimit noch Flüsterasphalt angedacht.

Und das, obwohl die Thematik für Landtagsmitglied Alexander Baer noch Dynamik hat. Stichworte: Amazon-Logistikcenter und B66-Lückenschluss zwischen Großenmarpe und Barntrup, die den Druck auf die Ostwestfalenstraße verstärken dürften. Baer: "Obwohl die Landesregierung auf meine Anfrage ebenfalls eine zukünftige Veränderung im Verkehrsaufkommen vermutet, soll erst im Nachhinein geprüft werden, anstatt es gleich richtig zu machen."

Schwerverkehr nimmt seit 2015 zu Für weiter zunehmenden Verkehr auf der Ostwestfalenstraße spreche auch, dass inzwischen für sechs und nicht mehr nur für vier Häuser passiver Lärmschutz rechnerisch angeraten sei. Grundlage ist hierbei die aktuellste Verkehrszählung von 2021. Diese ergab im Bereich der nur einspurig befahrbaren Brücke knapp 9400 Fahrzeuge binnen 24 Stunden, davon 840 Lastwagen.

Zuvor stammten die aktuellsten Zahlen aus dem Jahr 2015, wo von knapp 10.000 Kfz etwa 770 Lkw waren. Der Schwerlastanteil hat sich also erhöht, bei insgesamt etwas weniger Belastung als 2015. Das war allerdings noch vor der Einbahn- und Ampellösung, mit der die Autofahrer seit Herbst 2016 leben müssen. Fakt ist: Das nervende Nadelöhr hat dem hohen Stellenwert der Lemgoer Südumgehung kaum geschadet.

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