Mit Waffe bedroht: Zeuge (36) stellt Einbrecher auf frischer Tat in Oerlinghausen

Detmold/ Oerlinghausen. Mit Pantoffeln an den Füßen und einem Hockeyschläger in der Hand begibt sich ein 36-Jähriger aus Oerlinghausen im August 2023 zielstrebig zu einem benachbarten Ferienhaus zwischen Hellweg und Tunnelstraße. Er hat eine Mission: Am helllichten Tag will er einen Einbruch stoppen. So berichtet es der Zeuge ein halbes Jahr später vor dem Landgericht Detmold, als sich der angeklagte Einbrecher (42) verantworten muss. Das Gericht hält für ihn am Ende eine mehrjährige Gefängnisstrafe für angemessen.

Heute würde der Zeuge genauso handeln wie damals, auch wenn ihn das Erlebte im Nachhinein beeindruckt habe. &bdquo;Ich glaube schon, dass man helfen muss“, sagt er, als Staatsanwalt Stefan Fölling ihm seine Zivilcourage anerkennt. Warum er nicht direkt die Polizei gerufen habe, will Verteidiger Remzi Yalcin aus Detmold dagegen wissen. Der 36-Jährige hat darauf eine direkte Antwort: &bdquo;Die Polizei hätte bei so einem normalen Einbruch sicher länger gebraucht. Ich wollt direkt etwas tun.“

Der für das Verfahren wichtige Zeuge bekommt die Tat am frühen Nachmittag des 13. Augusts durch einen Anruf der sich gerade in Kroatien aufhaltenenden Eigentümerin mit, einer &bdquo;guten Freundin“, die per Smartphone über die Videoüberwachung im Haus informiert wird. Ihr Nachbar zögert nicht lange und macht sich mit dem Schwiegervater im Schlepptau auf den Weg zum mutmaßlichen Tatort, sagt er vor Gericht. Den Einbrecher aufhalten, das sei sein erklärtes Ziel gewesen. Dort angekommen erkennt der Oerlinghauser schnell, dass sich tatsächlich jemand im Haus umschaut.

Zeuge fürchtet für einen Moment selbst um sein Leben Für einige Sekunden muss der langjährige Soldat dann selbst um sein Leben fürchten: Der ertappte Täter zielt mit einer täuschend echt aussehenden Schreckschusspistole auf den ihn offenbar störenden Zeugen. &bdquo;Im ersten Moment dachte ich, das wäre eine echte Knarre“, sagt der 36-Jährige. Er macht sich sofort &bdquo;klein“, beschreibt er, der Einbrecher flüchtet, lässt wohl das meiste Diebesgut zurück. Wenige Tage später nimmt die Polizei den tatverdächtigen 42-Jährigen fest, die ungeladene Schreckschusspistole, die er dort im Ferienhaus gefunden haben soll, steckt noch immer in seinem Rucksack.

Im Sitzungssaal des Landgerichts blickt der Angeklagte am Montag kein einziges Mal hoch, sein Blick ist starr nach unten gerichtet, als wolle er in sich versinken. Mit einer Spitzhacke, die er dort im Gras gefunden habe, habe er die Tür aufgehebelt und sei eingedrungen. Als der Mann mit dem Schlagstock aufgetaucht sei, habe er Angst bekommen, nur deshalb habe er mit der Schreckschusswaffe auf den Zeugen gezielt, trägt sein Verteidiger Remzi Yalcin in einer Erklärung für seinen Mandanten vor. Den Einbruch räume der Angeklagte ein, nur die Waffe abgedrückt habe er nicht. Der 42-Jährige habe in Georgien seiner Aussage nach Zahnmedizin studiert, dann 13 Jahre fürs Militär gearbeitet.

Angeklagter will seine Kinder wiedersehen Er wolle, wenn alles vorbei sei, zurück nach Georgien, um endlich seine Kinder wiederzusehen, sagt der Angeklagte auf Nachfrage des Vorsitzenden Richters Karsten Niemeyer vor Gericht. Der muskulöse Mann im grauen T-Shirt und Goldkettchen muss sich ein paar Tränen wegwischen, als es um seine Familie geht, die Situation scheint ihm nah zu gehen. Offenbar konnte er bisher in der Justizvollzugsanstalt Detmold nicht mit seiner Ehefrau telefonieren, sagt sein Verteidiger. &bdquo;Das ist leider oft nicht so einfach zu organisieren.“

Nach der Beweisaufnahme verurteilt die Kammer den Angeklagten wegen schweren räuberischen Diebstahls zu dreieinhalb Jahren Haft. Zwar habe er das meiste Diebesgut bei seiner Flucht zurückgelassen, doch für die mitgenommene Schreckschusswaffe (PTB-Waffe) habe sich der 42-Jährige im Nachgang sogar Munition besorgt, erklärt Landgerichtssprecher Dr. Wolfram Wormuthnach dem Prozess. Als langjähriger Mitarbeiter des Militärs habe der Angeklagte gewusst, dass die täuschend echt aussehende Waffe rund 800 Euro wert gewesen sei. &bdquo;Wenn die reine Flucht im Vordergrund gestanden hätte, hätte er die Waffe wegschmeißen können.“

Weil der einschlägig vorbestrafte Angeklagte den störenden Zeugen aber offensichtlich mit einem Werkzeug bedroht habe, um sein Diebesgut - also die Waffe selbst - zu behalten, sehe das Gesetz in solchen Fällen eine Strafe von mindestens drei Jahren vor. Staatsanwalt Stefan Fölling plädiert ebenfalls auf dreieinhalb Jahre, sagt Wormuth. Verteidiger Remzi Yalcin habe sich dagegen für eine zweijährige Bewährungsstrafe ausgesprochen.

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