Wie NRW-Gesundheitsminister Laumann in Barntrup seinen Krankenhausplan verteidigt

Barntrup. Apotheken, Hausärzte, Kliniken, Rettungsdienst und Pflege - NRW-Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann hat zum Rundumschlag in Barntrup ausgeholt. Die CDU Verbände Barntrup, Dörentrup und Extertal hatten unter der Fragestellung &bdquo;Wie gestalten wir die Gesundheitsversorgung im ländlichen Raum zukunftsfähig?“ in den Kulturschuppen eingeladen und mehr als 120 Besucher kamen, um dem Minister zuzuhören.

&bdquo;Wir haben nicht mit so vielen Gästen gerechnet. Das zeigt die Brisanz des Themas“, sagte der Barntruper CDU-Stadtverbandschef Daniel Düwel eingangs. Unter den Teilnehmern waren die Bürgermeister aus Bad Salzuflen, Lemgo, Lügde und Extertal sowie Vertreter des Kreises, der Politik, der Apotheken und Ärzte.

&bdquo;Gesundheit ist wichtigstes Gut“ Bundestagsabgeordnete Kerstin Vieregge sagte in ihrer Begrüßung: &bdquo;Unsere Gesundheit ist das wichtigste Gut, das wir haben.“ Eine gute Gesundheitsversorgung spare langfristig Kosten. Doch das Gesundheitswesen leide unter anderem extrem unter dem Fachkräftemangel, einer langsamen Digitalisierung und hohen Kosten. &bdquo;Der ländliche Raum muss Antworten finden und mit neuen Konzepten und neuen Herangehensweisen die Versorgung sichern.“

Minister Laumann stieg mit den Worten ein: &bdquo;Umso älter man wird, umso mehr kreist sich das Leben um die gesundheitliche Versorgung.“ Deswegen sei sie so essenziell. Kern eines Sozialstaates wie Deutschland sei es daher, dass alle Zugang zu medizinischer Versorgung erhalten. Doch: &bdquo;Die Sache wird teurer“, machte Laumann deutlich.

Mehr Personal Das habe unter anderem mit dem großen Posten Personal zu tun. &bdquo;Aber ohne gutes Personal funktioniert keine Arztpraxis. Viele Jahre waren die Angestellten unterdurchschnittlich bezahlt. Ein Tarif war längst überfällig“, sagte der CDU-Minister. Genauso überfällig aus seiner Sicht: die Abschaffung des Schulgeldes für Gesundheitsfachberufe, die er 2021 umgesetzt hat. Denn es brauche mehr Fachkräfte, besonders auf dem Land.

Darum habe er 2018 die Landarztquote in NRW eingeführt. Diese garantiert einen bestimmten Anteil von Studienplätzen an diejenigen zu vergeben, die nach dem Studium Hausarzt in einer unterversorgten, ländlichen Kommune werden wollen. Und auch die medizinische Fakultät in Bielefeld werde dieser Region helfen, zeigt sich Laumann überzeugt. Aber das werde noch dauern.

Größere Praxen In Richtung der Apotheker sagte der Minister: &bdquo;Wenn man anfängt, inhabergeführte Apotheken infrage zu stellen, ist das der Anfang vom Ende.“ Zusätzliche Beratung werde aus seiner Sicht immer wichtiger. Darüber hinaus arbeite er an einer Novelle für den Rettungsdienst in NRW: &bdquo;Die Hemmschwelle, den Rettungswagen zu rufen, ist in Deutschland stark gesunken. Der fährt dann mit dem großen Besteck raus, was eventuell an anderer Stelle fehlt.“ Das soll sich ändern.

Für Hausärzte sei eine &bdquo;flächendeckende Struktur enorm wichtig“. Doch die Praxen werden künftig anders aussehen: &bdquo;Der Arzt, der über oder neben seiner Praxis wohnt, stirbt aus“, sagte Laumann. Er selbst sei &bdquo;ein großer Freund“ der Freiberuflichkeit, bei der der Arzt keinem unterstellt sei. &bdquo;Angehende Ärzte wollen aber nicht selbstständig sein. Darum werden Praxen billiger, größer und unterschiedliche Gesellschaftsformen haben.“

Auch Ärzte in Teilzeit würden immer mehr. &bdquo;Es gibt Gründe, weniger zu arbeiten, kleine Kinder und die Pflege der eigenen Eltern zählen sicherlich dazu, aber in der Zeit dazwischen könnte man doch anpacken.“

Keine Finanzierung nach Bettenzahl In Bezug auf die Krankenhäuser sagte er: &bdquo;So wie es jetzt ist, kann es nicht bleiben.“ Krankenhäuser, die eng zusammenliegen, würden sich einen Konkurrenzkampf liefern, wenn sie das Gleiche machen, während es auf dem Land einen Mangel an Kliniken gebe.

Darum sollen sie alle laut dem neuen Krankenhausplan die sogenannte Grund- und Regelversorgung anbieten und darüber hinaus Fachgebiete. Deren Verteilung soll sich danach richten, wo bereits spezialisierte Abteilungen vorhanden sind, aber auch regionale Aspekte sollen berücksichtigt werden, sodass eine gleichmäßige Versorgung gewährleistet sei. Damit einhergeht, dass die Kliniken nicht mehr anhand ihrer Bettenzahl geplant und finanziert werden, sondern nach Fällen und vorhandenen Stärken.

&bdquo;Das alles wird dafür sorgen, dass Personal von A nach B muss. Am Ende werden nicht alle glücklich sein, aber die Versorgungsfrage ist die entscheidende. Der normale Bürger muss in 20 Minuten ein Krankenhaus für die Grund- und Regelversorgung erreichen können“, führte Laumann aus.

&bdquo;Pflege bleibt Aufgabe der Familien“ Zum Thema Pflege sagte der Minister: &bdquo;17.000 Pflegepersonen sind in NRW in Ausbildung. Das ist Platz Eins unter den Ausbildungen, und dennoch werden sie nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein.“ Denn die Zahl der Pflegebedürftigen steigt. Darum meint Laumann: &bdquo;Wir werden die Aufgabe nicht nur delegieren können an Menschen, die wir dafür bezahlen. Es bleibt eine Aufgabe in Familien und in Dörfern.“ 87 Prozent der Pflegebedürftigen würden zu Hause versorgt, nur 13 Prozent im Heim. Und weil Menschen immer länger arbeiten, will der Minister auch etwas für die Vereinbarkeit von Beruf und häuslicher Pflege tun.

Nach dem rund einstündigen Vortrag schloss sich eine Diskussion an, einige wollten auch ihren Kummer loswerden, wie Dr. Hans Wiegrebe von der Einhorn-Apotheke in Barntrup: &bdquo;Uns steht das Wasser bis zum Hals.“ Er fragte unter anderem nach einem Versandhandelsverbot. Kreisvertrauensapothekerin Kathrin Bauerrichter aus Dörentrup sagte: &bdquo;Es geht nicht nur um Personal und Verteilung, sondern insbesondere um die Versorgung der Älteren, die nicht so mobil sind.“ 2014 habe es im Kreis noch 90 Apotheken gegeben, jetzt seien es weniger als 70.

&bdquo;Versorgung ist Teil der Kommunalpolitik“ Dr. Rembert Müller, Hausarzt in Barntrup, wies darauf hin, dass die Zahl der Arzt-Patienten-Kontakte auf dem Land deutlich höher sei als in der Stadt. Die Förderung für eine Praxis auf dem Land ist aus seiner Sicht toll, aber man müsse sie später hoch versteuern. Auch er spüre zudem den Mangel an Assistenzpersonal.

Eine Frau äußerte zudem ihre Bedenken gegenüber medizinischen Versorgungszentren (MVZ) in Privathand. Laumann entgegnete: &bdquo;Mit ärztegeführten MVZ habe ich kein Problem. Viele davon sind an Kliniken angeschlossen. Gegen investorengesteuerte MVZ habe ich was. Kaufleute dürfen in medizinischen Belangen nicht den Hut auf haben.“

Bad Salzuflens Bürgermeister Dirk Tolkemitt fragte: &bdquo;Wir haben 13,5 vakante Arztsitze. Die Erwartungshaltung aus der Bevölkerung ist immer: ,Bürgermeister, tu was gegen den Ärztemangel’. Dabei ist das eigentlich Aufgabe der Kassenärztlichen Vereinigung. Wem obliegt denn die Planung?“ Laumann antwortete: &bdquo;Die ärztliche Versorgung ist heute Teil der Kommunalpolitik.“ Dafür brauche es ein Gebäude mit einer modernen Praxis. &bdquo;Denn keiner kauft heute mehr eine Praxis in einer unterversorgten Kommune.“

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