Zwei Promille: 22-Jähriger liefert sich in Bad Salzuflen gefährliches Rennen mit Polizei

Lemgo/ Bad Salzuflen. &bdquo;Es gibt zwei Möglichkeiten - entweder wir kriegen ihn, oder er fährt sich tot.“ Der Satz zu seiner Kollegin ist dem erfahrenen Autobahnpolizisten noch genau im Gedächtnis geblieben. Seine Worte wirken vor Gericht nach - auch hinten im Zuschauerraum, wo vorrangig junge Menschen sitzen. Das Urteil zu diesem selbst aus Sicht der Polizei außergewöhnlichen Einsatz fällt mindestens genauso deutlich aus.

Auf der Anklagebank sitzt ein 22-Jähriger aus Bielefeld, der sich in den frühen Morgenstunden des 27. Januars dieses Jahres mit knapp zwei Promille Alkohol im Blut ein gefährliches Rennen mit der Polizei quer durch Lippe geliefert hat. Dass er schließlich an einem Kreisverkehr an der Heeper Straße die Kontrolle verlor und weitestgehend unverletzt auf einem Feld landete, grenzt an ein Wunder. Jetzt muss er eine erhebliche Geldstrafe zahlen und lange auf seinen Führerschein verzichten.

&bdquo;So darf man in Lippe nicht fahren“

Bei seiner Verhandlung vor dem Amtsgericht Lemgo wirkt der junge Mann beeindruckt - fast schon leicht apathisch. Mehrfach gibt der Vorsitzende Richter Dr. Florian Hobbeling ihm die Möglichkeit, sich bei den beteiligten Polizeibeamten zu entschuldigen, der Angeklagte nimmt das erst gar nicht wahr. Ihm fehle es an Empathie, schließt der Richter daraus. &bdquo;Das war hoch risikobehaftet: Für ihr eigenes Leben, aber auch für das der Polizei“, sagt Hobbeling. &bdquo;So ein Verhalten ist inakzeptabel. So darf man in Lippe nicht fahren.“

Der junge Angeklagte will sich nicht rausreden, er gesteht die Tat vollumfänglich. Nur das Warum bleibt schleierhaft. &bdquo;Ich war auf einer Party, da wurde viel Alkohol getrunken“, sagt er. &bdquo;Normalerweise habe ich immer Kissen und Decke mit im Auto oder schlafe sonst bei einem Kumpel.“ Diesmal entschied er sich offenbar anders - und fuhr volltrunken los. An die Fahrt an sich könne er sich nur bruchstückhaft erinnern, sagt der Angeklagte, die ersten Bilder setzten kurz vor dem Unfall ein. &bdquo;Dass man mit zwei Promille überhaupt das Lenkrad und die Tür findet, ist schon erstaunlich“, sagt der Richter.

Auf bis zu 140 Stundenkilometer soll der junge Fahrer in seinem Mercedez B-Klasse mehrfach beschleunigt haben. Erst im Herforder Industriegebiet, dann später auf der Lockhauser Straße in Bad Salzuflen - und weiter auf der Leopoldshöher Straße. Größtenteils sind auf der Strecke nur 50 bis 70 Stundenkilometer erlaubt. &bdquo;Wir haben die Verfolgung irgendwann abgebrochen“, sagt ein Polizeibeamter, dem der Fahrer auf Herforder Gebiet auffiel. &bdquo;Es war zu gefährlich. Für ihn, aber auch für uns. Wenn wir ihn weiter gejagt hätten, hätte er sich zersägt.“

Junger Fahrer will offenbar provozieren

Er habe den Eindruck gehabt, so schildert es der Beamte, dass der junge Fahrer die an der Tankstelle stehende Polizei bewusst habe provozieren wollen. Mehrfach habe er den Auspuff knallen lassen, sei hin- und hergefahren. Verteidiger Falk Held interpretiert das Verhalten seines Mandanten als völlig irrational. Der Vorsitzende Richter bewertet die Situation anders. Besonders anschaulich ist dazu auch das Videomaterial, das ein Streifenwagen aus Lippe später aufgenommen hat.

Immer wieder gibt der Angeklagte in der abgespielten Videosequenz auf gerader Strecke Gas, lässt den Streifenwagen weit hinter sich. Seine Fahrweise wirkt unsortiert, das Auto streift zwischendurch den Mittelstreifen. Einmal schafft er es mutmaßlich wegen der hohen Geschwindigkeit nicht mal mehr, eine Verkehrsinsel zu umfahren, muss nach links ausweichen. Dann kommt der Kreisel und das Auto brettert über die Grünfläche - landet auf einem Feld neben der Straße. Funken fliegen.

Den etwa 800 Euro Schaden am Kreisel hat der Kreis Lippe wohl gar nicht zurückgefordert. Die Konsequenzen seiner Tat soll der junge Mann dennoch spüren, das ist dem Richter bei diesem Verfahren wichtig. Zumal er schon einmal als Jugendlicher wegen eines Straßenverkehrsdeliktes vor Gericht gestanden habe, als er auf dem Hinterrad eines Motorrades einen Zebrastreifen überfuhr und mit einem Fahrradfahrer kollidierte. Das Verfahren wurde eingestellt. &bdquo;Die Verkehrserziehung als Auflage habe offenbar nichts gebracht“, sagt Hobbeling.

Gericht sieht hohe Geldstrafe als angemessen an

Deshalb verurteilt der Richter den 22-Jährigen am Ende wegen fahrlässiger Straßenverkehrsgefährdung in Tateinheit mit einem verbotenen Kraftfahrzeugrennen zu einer Geldstrafe von 7200 Euro (180 Tagessätze á 40 Euro). Die Fahrerlaubnis soll ihm samt Sperrfrist weiterhin für ein Jahr und neun Monate entzogen bleiben. &bdquo;Zweieinhalb Jahre ohne Führerschein halte ich für diese Tat als angemessen.“

Damit liegt das Urteil sogar über der von Staatsanwältin Marie Keuter beantragten Geldstrafe von 4000 Euro (100 Tagessätze á 40 Euro) samt zehn Monaten Führerscheinsperre. Verteidiger Falk Held wäre dagegen am liebsten unter 90 Tagessätzen geblieben, damit sein Mandant nicht als vorbestraft gilt. Außerdem beantragt der Verteidiger in seinem Plädoyer eine Führerscheinsperre von sechs Monaten, schließlich müsse sein Mandant schon seit neun Monaten auf das Auto verzichten.

Dass der 22-Jährige keinen Führerschein mehr hat, wirke sich sehr auf sein Leben aus, sagt Held. Seine Mutter müsse den jungen Tischler jetzt für den Familienbetrieb von Baustelle zu Baustelle fahren, obwohl sie eigentlich im Büro genug zu tun habe. Der zusätzliche Druck sorge für Spannungen innerhalb der Familie. Der Richter kann darauf keine Rücksicht nehmen, sagt er. &bdquo;Diese eine Nacht hat Ihr Leben verändert, es hätte ihr Leben aber auch ganz beenden können.“

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